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Ein gefährlicher Don Juan.
X-: Wie ist das zu verstehen, wenn Bebel
sagt, daß v. Kardorff einer der Väter der
Sozialdemokratie sei?
A.: v. Kardorff hat sich vor, während und
nach dem Sozialistengesetz ununterbrochen mit
der Vergewaltigung der öffentlichen
Meinung beschäftigt. . . .
3£.: Ach so, und dann ist sie mit unzähligen
kleinen Sozialdemokraten niedergekommen.
Weltpolitische Menteuer linIagremo.
von unserem eigenen Münchhausen.
Wegen meiner Verdienste um die Eroberung
Englands war ich zum Kommandanten eines
Kriegsgeschwaders ernannt worden. In dieser
Eigenschaft erhielt ich eines Tages vom Reichs-
seeamt den Befehl, am Nordpol die deutsche
Flagge zu hissen.
„Zu Befehl!" telegraphirte ich nach Berlin
und dampfte mit acht Panzerschiffen von Ham-
merfest (preußische Provinz Norwegen) in ge-
rader Linie nach Norden. Die schwimmenden
Eisberge, die unseren Weg dann und wann
kreuzten, wurden tzurch Artilleriefeuer gründ-
lich zerstört.
Bald lag das Eismeer vor uns. Nun
wurden mehrere Abtheilungen Seepioniere
dazu kommandirt, den Weg nach dem Nordpol
für meine Schiffe freizulegen. Sie bestiegen
ihre Schlitten, die von dressirten Eisbären
aus dem zoologischen Garten in Berlin ge-
zogen wurden. Ein Zug von Frachtschlitten,
mit großen Dynamitpatronen beladen, folgte.
Die Dynamitpatronen wurden in Abständen
von Va Kilometer in das Eis eingelassen und
mit elektrischen Drähten verbunden. Als der
ganze Weg bis zum Nordpol mit Patronen
belegt war, erklang das Kommando:
„Achtung! Fertig! — Krach!"
In der Maskengarderobe des Teufels.
Die gesammte Ladung wurde entzündet; sie
zerschmetterte das Eis auf der ganzen Linie
in Atome und auf der dadurch gewonnenen
Wasserstraße fuhren wir „Volldampf voraus"
nach dem Nordpol, der mit „Hurrah" begrüßt
wurde.
Beinahe wäre das schöne Unternehmen im
letzten Augenblick noch fehlgeschlagen. Unsere
Kompasse wurden verwirrt und zeigten das
Bestreben, die Schiffe abzulenken, weil der
magnetische Pol sich nicht ganz mit dem geo-
graphischen deckt. Podbielsky wußte natürlich
mit den widerspenstigen Kompassen genau so
energisch umzuspringen, wie ehemals mit dem
Verkehrsbeamtenverein. Er ließ sämmtliche
Magnetnadeln auf den Buchstaben X (Norden)
festschrauben. Das Abweichen hatte damit ein
Ende genommen.
Am Nordpol entdeckten wir das gut ein-
gerichtete Hotel „Zum Luftballon" von Andree.
Der kühne Luftschiffer erklärte uns, daß er im
Begriff stehe, eine Wasserheilanstalt für Tropen-
kollerleidende zu errichten.
Ich ließ mit allen militärischen Zeremonien
die schwarz-weiß-rothe Flagge hissen und er-
nannte Andree zum Oberpräsidenten der preußi-
schen Provinz Nordpol. Den Abend beschloß
eine solenne Feier, bei welcher meine dressirten
Eisbären den Parademarsch tanzten.
Die Beschlagnahme des Nordpols hatte
begreiflicherweise den Neid der Vereinigten
Staaten von Nordamerika erregt, die sich ohne-
dies der deutschen Weltherrschaft noch zu wider-
setzen wagten. Es blieb also dem Deutschen
Reiche nichts übrig, als den Aankees den Krieg
zu erklären.
Das war ein immerhin nicht ganz leichtes
Unternehmen; unsere Flotte war dank der
Freigebigkeit des Reichstags der amerikanischen
zwar überlegen, aber zur Eroberung und Be-
setzung des recht weitläufigen amerikanischen
Kontinents reichten unsere Seesoldaten doch
nicht aus.
Ich meldete mich daher beim Kriegsminister
und erbot mich, die Eroberung Amerikas mit
einer Luftflottille zu versuchen.
Die Verwendung des Luftschiffs im Kriegs-
dienst war schon vielfach probirt worden, aber
immer daran gescheitert, daß die mangelhafte
Lenkbarkeit des Fahrzeugs kein korrektes parade-
mäßiges Manöveriren gestattete. Nach den
detaillirten Vorschlägen aber, die ich dem
Kriegsminister zu machen hatte, beschloß er,
auf die Sache einzugehen. Eine Flottille von
tausend Luftschiffen, jedes mit zwanzig Artille-
risten bemannt, wurde ins Leben gerufen.
Dann wurden an der Westküste Europas große
Windmaschinen aufgestellt und aus Berlin
kamen unter Schweinburgs Oberbefehl die be-
währtesten Windmacher, über die das Mini-
sterium verfügte. Nun ordneten sich die Luft-
schiffe in Reih und Glied, die Musik spielte
die „Wacht am Amazonenstrom", dann ein
Kommando, Schweinburg ließ den Wind los
und die Flottille schwebte über dem Hafen
von New-Aork.
Hier stiegen wir so hoch, daß die Amerikaner
uns mit bloßem Auge kaum erkennen konnten.
Es begann sofort das Bombardement auf die
im Hafen liegenden Kriegsschiffe. Unsere Ar-
tilleristen brauchten nicht zu schießen, sondern
die Kugeln nur über Bord zu werfen; ihre
Schwerkraft beim Falle aus so ungeheurer Höhe
war so stark, daß sie jedes Schiff glatt durch-
schlugen und alsbald zum Sinken brachten.
Auf dieselbe Weise wurden die Hafenbefesti-
gungen zerstört und das Lager der Landarmee
bei Brooklyn mit Vernichtung bedroht. Dabei
konnte uns der Feind absolut nichts anhaben,
denn seine Kugeln vermochten uns nicht zu
erreichen. Kein Wunder, daß bald weiße
Flaggen erschienen und Amerika kapitulirte.
Um einen ehrenvollen Frieden zu er-
langen, bot der Präsident der Vereinigten
Staaten, der unsere Vorliebe für Inseln kannte,
seinen ganzen Jnselvorrath an, aber Alles
wurde abgewiesen.
Ich hatte nämlich inzwischen einen alten
Indianer entdeckt und von ihm erfahren, daß
er der letzte Mohikaner sei, also der einzige
Ueberlebende der Ureinwohner Amerikas. Da-
rauf erklärte ich ihn für den legitimen Inhaber
des Landes und kaufte ihm die Vereinigten
Staaten von Nordamerika für zwei Füßchen
echten Nordhäuser ab.
Der Kongreß der Vereinigten Staaten war
über diesen Handel sehr erzürnt und der Prä-
sident erließ ein protestirendes Rundschreiben
an die Völker Europas. Aber da es keine
europäischen Mächte mehr giebt, sondern über-
all nur preußische Oberpräsidenten sitzen, so
war dieser Schritt ganz wirkungslos. Denn
die Oberpräsidenten sind so gut legitiniistisch
geimpft, daß sie das Recht des letzten Mohi-
kaners unbedingt anerkannten, und so wurde
auch Amerika der deutschen Weltherrschaft
untergeordnet.
Am Faschingsdienstag kehrten wir siegreich
nach Berlin zurück, wurden festlich empfangen
und entleerten den Gasinhalt unserer Luft-
ballons, wodurch die ganze Reichshauptstadt
in blauen Dunst gehüllt wurde.
Ein gefährlicher Don Juan.
X-: Wie ist das zu verstehen, wenn Bebel
sagt, daß v. Kardorff einer der Väter der
Sozialdemokratie sei?
A.: v. Kardorff hat sich vor, während und
nach dem Sozialistengesetz ununterbrochen mit
der Vergewaltigung der öffentlichen
Meinung beschäftigt. . . .
3£.: Ach so, und dann ist sie mit unzähligen
kleinen Sozialdemokraten niedergekommen.
Weltpolitische Menteuer linIagremo.
von unserem eigenen Münchhausen.
Wegen meiner Verdienste um die Eroberung
Englands war ich zum Kommandanten eines
Kriegsgeschwaders ernannt worden. In dieser
Eigenschaft erhielt ich eines Tages vom Reichs-
seeamt den Befehl, am Nordpol die deutsche
Flagge zu hissen.
„Zu Befehl!" telegraphirte ich nach Berlin
und dampfte mit acht Panzerschiffen von Ham-
merfest (preußische Provinz Norwegen) in ge-
rader Linie nach Norden. Die schwimmenden
Eisberge, die unseren Weg dann und wann
kreuzten, wurden tzurch Artilleriefeuer gründ-
lich zerstört.
Bald lag das Eismeer vor uns. Nun
wurden mehrere Abtheilungen Seepioniere
dazu kommandirt, den Weg nach dem Nordpol
für meine Schiffe freizulegen. Sie bestiegen
ihre Schlitten, die von dressirten Eisbären
aus dem zoologischen Garten in Berlin ge-
zogen wurden. Ein Zug von Frachtschlitten,
mit großen Dynamitpatronen beladen, folgte.
Die Dynamitpatronen wurden in Abständen
von Va Kilometer in das Eis eingelassen und
mit elektrischen Drähten verbunden. Als der
ganze Weg bis zum Nordpol mit Patronen
belegt war, erklang das Kommando:
„Achtung! Fertig! — Krach!"
In der Maskengarderobe des Teufels.
Die gesammte Ladung wurde entzündet; sie
zerschmetterte das Eis auf der ganzen Linie
in Atome und auf der dadurch gewonnenen
Wasserstraße fuhren wir „Volldampf voraus"
nach dem Nordpol, der mit „Hurrah" begrüßt
wurde.
Beinahe wäre das schöne Unternehmen im
letzten Augenblick noch fehlgeschlagen. Unsere
Kompasse wurden verwirrt und zeigten das
Bestreben, die Schiffe abzulenken, weil der
magnetische Pol sich nicht ganz mit dem geo-
graphischen deckt. Podbielsky wußte natürlich
mit den widerspenstigen Kompassen genau so
energisch umzuspringen, wie ehemals mit dem
Verkehrsbeamtenverein. Er ließ sämmtliche
Magnetnadeln auf den Buchstaben X (Norden)
festschrauben. Das Abweichen hatte damit ein
Ende genommen.
Am Nordpol entdeckten wir das gut ein-
gerichtete Hotel „Zum Luftballon" von Andree.
Der kühne Luftschiffer erklärte uns, daß er im
Begriff stehe, eine Wasserheilanstalt für Tropen-
kollerleidende zu errichten.
Ich ließ mit allen militärischen Zeremonien
die schwarz-weiß-rothe Flagge hissen und er-
nannte Andree zum Oberpräsidenten der preußi-
schen Provinz Nordpol. Den Abend beschloß
eine solenne Feier, bei welcher meine dressirten
Eisbären den Parademarsch tanzten.
Die Beschlagnahme des Nordpols hatte
begreiflicherweise den Neid der Vereinigten
Staaten von Nordamerika erregt, die sich ohne-
dies der deutschen Weltherrschaft noch zu wider-
setzen wagten. Es blieb also dem Deutschen
Reiche nichts übrig, als den Aankees den Krieg
zu erklären.
Das war ein immerhin nicht ganz leichtes
Unternehmen; unsere Flotte war dank der
Freigebigkeit des Reichstags der amerikanischen
zwar überlegen, aber zur Eroberung und Be-
setzung des recht weitläufigen amerikanischen
Kontinents reichten unsere Seesoldaten doch
nicht aus.
Ich meldete mich daher beim Kriegsminister
und erbot mich, die Eroberung Amerikas mit
einer Luftflottille zu versuchen.
Die Verwendung des Luftschiffs im Kriegs-
dienst war schon vielfach probirt worden, aber
immer daran gescheitert, daß die mangelhafte
Lenkbarkeit des Fahrzeugs kein korrektes parade-
mäßiges Manöveriren gestattete. Nach den
detaillirten Vorschlägen aber, die ich dem
Kriegsminister zu machen hatte, beschloß er,
auf die Sache einzugehen. Eine Flottille von
tausend Luftschiffen, jedes mit zwanzig Artille-
risten bemannt, wurde ins Leben gerufen.
Dann wurden an der Westküste Europas große
Windmaschinen aufgestellt und aus Berlin
kamen unter Schweinburgs Oberbefehl die be-
währtesten Windmacher, über die das Mini-
sterium verfügte. Nun ordneten sich die Luft-
schiffe in Reih und Glied, die Musik spielte
die „Wacht am Amazonenstrom", dann ein
Kommando, Schweinburg ließ den Wind los
und die Flottille schwebte über dem Hafen
von New-Aork.
Hier stiegen wir so hoch, daß die Amerikaner
uns mit bloßem Auge kaum erkennen konnten.
Es begann sofort das Bombardement auf die
im Hafen liegenden Kriegsschiffe. Unsere Ar-
tilleristen brauchten nicht zu schießen, sondern
die Kugeln nur über Bord zu werfen; ihre
Schwerkraft beim Falle aus so ungeheurer Höhe
war so stark, daß sie jedes Schiff glatt durch-
schlugen und alsbald zum Sinken brachten.
Auf dieselbe Weise wurden die Hafenbefesti-
gungen zerstört und das Lager der Landarmee
bei Brooklyn mit Vernichtung bedroht. Dabei
konnte uns der Feind absolut nichts anhaben,
denn seine Kugeln vermochten uns nicht zu
erreichen. Kein Wunder, daß bald weiße
Flaggen erschienen und Amerika kapitulirte.
Um einen ehrenvollen Frieden zu er-
langen, bot der Präsident der Vereinigten
Staaten, der unsere Vorliebe für Inseln kannte,
seinen ganzen Jnselvorrath an, aber Alles
wurde abgewiesen.
Ich hatte nämlich inzwischen einen alten
Indianer entdeckt und von ihm erfahren, daß
er der letzte Mohikaner sei, also der einzige
Ueberlebende der Ureinwohner Amerikas. Da-
rauf erklärte ich ihn für den legitimen Inhaber
des Landes und kaufte ihm die Vereinigten
Staaten von Nordamerika für zwei Füßchen
echten Nordhäuser ab.
Der Kongreß der Vereinigten Staaten war
über diesen Handel sehr erzürnt und der Prä-
sident erließ ein protestirendes Rundschreiben
an die Völker Europas. Aber da es keine
europäischen Mächte mehr giebt, sondern über-
all nur preußische Oberpräsidenten sitzen, so
war dieser Schritt ganz wirkungslos. Denn
die Oberpräsidenten sind so gut legitiniistisch
geimpft, daß sie das Recht des letzten Mohi-
kaners unbedingt anerkannten, und so wurde
auch Amerika der deutschen Weltherrschaft
untergeordnet.
Am Faschingsdienstag kehrten wir siegreich
nach Berlin zurück, wurden festlich empfangen
und entleerten den Gasinhalt unserer Luft-
ballons, wodurch die ganze Reichshauptstadt
in blauen Dunst gehüllt wurde.