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Wie Bimbotown deutsch wurde.
Dem soeben erschienenen hochbedeutsamen
Werke des berühmten Afrikaforschers Di'.
Schwafler: „Teneo te, Africam!“ entnehmen
wir die fotzende Skizze, die auch dem hart-
näckigsten Zweifler die Augen darüber öffnen
muß, wie bitter noch uns eine starke Flotte thut.
Lassen wir den Versasser selbst erzählen.
Seit vierzehn Tagen schon befand ich mich
mit meinen Leuten, darunter sechs Kameele,
vierzig Ochsen und zweihundert eingeborene
Träger, in Bimbotown. Meine Absicht war,
den König Bimbi zum Abschluß eines Vertrags
zu bewegen, durch welchen er sich und sein
Land (es liegt mitten im Herzen von Afrika)
unter den Schutz und die Oberhoheit des
Deutschen Reiches stellen sollte. Bereits hatte
ich ihn durch reichliche Spenden von Rum
(Marke Woermann) meinen Wünschen geneigt
gemacht, als plötzlich ein Kommissar der eng-
lischen Regierung, Sir Swindlemaker, auf der
Bildfläche erschien und dem König Bimbi als
Geschenk Ihrer Majestät zwei Fässer Whiskey
überbrachte. Dies und die Vorstellungen des
Engländers, daß die deutsche Flotte im Ver-
gleich zur englischen niemals im Stande sein
werde, Bimbotown wirksam vor Ueberfall und
Plünderung durch die umliegenden Raubstaaten
zu schützen, vernichtete in einer Stunde alle
meine Hoffnungen. Vergebens suchte ich bei
Bimbi, als er halbwegs wieder nüchtern ge-
worden war, um eine Audienz nach. Ich wollte
ihn mit der neuesten Flottenvorlage bekannt
machen, er ließ mir aber durch den dienst-
thuenden Scharfrichter mittheilen, daß Deutsch-
land niemals zur See stark genug sein werde,
um die Grenzen von Bimbotown gegen aus-
wärtige Feinde zu vertheidigen.
Was wollte ich machend Ich packte meinen
Koffer und gab Befehl, daß Jeder am nächsten
Morgen den Staub von Bimbotown von seinen
Füßen zu schütteln habe.
Kaum graute die Sonne, als ich mich von
meinem Lager erhob und vor dem Zelte das
Eintreffen meiner Leute erwartete. Wer be-
schreibt mein Erstaunen, als ich plötzlich den
König Bimbi in höchsteigener Person gewahrte.
Er schien übernächtig und sein marmorschwarzes
Antlitz war von Sorgen durchfurcht. Ich
näherte mich ihm und fragte nach dem Grunde
seiner allerhöchsten Mißstimmung. Er schwieg.
Dann donnerte er los:
„Zwei Jahre lang spiele ich nun schon Skat
mit meinem Küchenchef und dem Herrn Missio-
nar. Bon dem haben wir's Beide gelernt.
Immer habe ich die Zeche rausgeschunden und
jetzt? Jetzt bezahle ich meinen Dattelschnaps
selber, weil mir der Eicheln-Wenzel fehlt. Wenn
ich nur wüßte, wer mir das Blatt aus der
Karte gemaust hat. Den Schurken ließe ich
einen Tag um den andern hinrichten. Denkst
$
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es
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Wi
7 cp,
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Du vielleicht, es macht Spaß, wenn ich täglich
zwei Mark von meiner Zivilliste zusetzen muß?"
Wie ein Blitz kam mir da der Gedanke:
Hier ist der Punkt, wo du den Hebel ansetzen
mußt. Noch ist Deutschland nicht verloren!
„Majestät", sagte ich, „wenn Sie weiter
keine Schmerzen haben, dann kann Ihnen ge-
holfen werden. Unterschreiben Sie huldvollst
diesen Vertrag und binnen zehn Minuten haben
Sie — nicht Ihren Eicheln-Wenzel, nein, mehr
als das, drei komplete Skatkarten in Händen."
Ich führe nämlich immer einen Vorrath
dieser nützlichen, echt deutschen Jndustrieerzeug-
nisse bei mir.
„Schwafler", sagte Bimbi, „nimm Dich zu-
sammen. Ich unterschreibe! Aber Gnade Dir
Gott, wenn's nicht wahr ist. Ich lasse Dich.
bei lebendigem Leibe frikassiren!"
Was soll ich weiter sagen? Mein Diener
brachte die Karten. Bimbi unterschrieb und
hinfort weht die deutsche Flagge über Bimbo-
town. Ja, ich mußte sogar alle meine Energie
aufbieten, daß mir Bimbi nicht auch noch ei-
nige seiner ausrangirten Frauen als Geschenk
aufhalste. Der Engländer zog mit langer Nase
ab, aber trotzdem hing der Erfolg, den ich
über das perfide Albion davontrug, nur an
einem Haare. Hätten wir eine starke Flotte
gehabt, ich wäre schneller zum Ziele gekommen.
__ K. D.
Lex Heinze im Iudenthum.
Der junge und fromme Jsak Tulpenthal kommt
zum Rabbiner und bittet, ihm eine Buße auf-
zuerlcgen, denn er habe eine große Sünde be-
gangen.
„Was hast Du gethan, mein Sohn?" fragte
der Rabbiner.
„Ich habe eine nackte Venus, ich glaube von
einem Maler Tizian, die uns aus einer Konkurs-
masse zufiel, stundenlang mit Wohlgefallen be-
trachtet."
„Willst Du mir das Bild zeigen?"
„Ich kann nicht mehr, ich hab's zerrissen und
verbrannt."
Der Rabbiner dachte eine Weile nach und schrieb
dann etwas auf einen Zettel, den er zusammen-
faltete und dem jungen Mann überreichte.
„Hier habe ich dir die Buße ausgeschrieben.
Geh' nach Hause und vollziehe sie."
Nach einigen Stunden kam der alte Tulpen-
thal zum Rabbiner in großer Erregung. „Herr
Rabbiner, wie können Sie meinem Sohn so etwas
zumuthen: ein Pfund Heu soll er essen! Gott
der Gerechte! hat man jemals so etwas gehört?"
„Mein lieber Herr Tulpenthal", erwiderte der
Rabbiner lächelnd, „wenn ein junger Mann die
Betrachtung eines Kunstwerks wie die Venus von
Tizian für eine Sünde hält und sie noch dazu
zerreißt und verbrennt, so ist er, so gewiß sollen
Sie leben und gesund bleiben, ein großes Rind-
vieh und deshalb gehört sich's, daß er ein Pfund
Heu ißt." *
Wie Bimbotown deutsch wurde.
Dem soeben erschienenen hochbedeutsamen
Werke des berühmten Afrikaforschers Di'.
Schwafler: „Teneo te, Africam!“ entnehmen
wir die fotzende Skizze, die auch dem hart-
näckigsten Zweifler die Augen darüber öffnen
muß, wie bitter noch uns eine starke Flotte thut.
Lassen wir den Versasser selbst erzählen.
Seit vierzehn Tagen schon befand ich mich
mit meinen Leuten, darunter sechs Kameele,
vierzig Ochsen und zweihundert eingeborene
Träger, in Bimbotown. Meine Absicht war,
den König Bimbi zum Abschluß eines Vertrags
zu bewegen, durch welchen er sich und sein
Land (es liegt mitten im Herzen von Afrika)
unter den Schutz und die Oberhoheit des
Deutschen Reiches stellen sollte. Bereits hatte
ich ihn durch reichliche Spenden von Rum
(Marke Woermann) meinen Wünschen geneigt
gemacht, als plötzlich ein Kommissar der eng-
lischen Regierung, Sir Swindlemaker, auf der
Bildfläche erschien und dem König Bimbi als
Geschenk Ihrer Majestät zwei Fässer Whiskey
überbrachte. Dies und die Vorstellungen des
Engländers, daß die deutsche Flotte im Ver-
gleich zur englischen niemals im Stande sein
werde, Bimbotown wirksam vor Ueberfall und
Plünderung durch die umliegenden Raubstaaten
zu schützen, vernichtete in einer Stunde alle
meine Hoffnungen. Vergebens suchte ich bei
Bimbi, als er halbwegs wieder nüchtern ge-
worden war, um eine Audienz nach. Ich wollte
ihn mit der neuesten Flottenvorlage bekannt
machen, er ließ mir aber durch den dienst-
thuenden Scharfrichter mittheilen, daß Deutsch-
land niemals zur See stark genug sein werde,
um die Grenzen von Bimbotown gegen aus-
wärtige Feinde zu vertheidigen.
Was wollte ich machend Ich packte meinen
Koffer und gab Befehl, daß Jeder am nächsten
Morgen den Staub von Bimbotown von seinen
Füßen zu schütteln habe.
Kaum graute die Sonne, als ich mich von
meinem Lager erhob und vor dem Zelte das
Eintreffen meiner Leute erwartete. Wer be-
schreibt mein Erstaunen, als ich plötzlich den
König Bimbi in höchsteigener Person gewahrte.
Er schien übernächtig und sein marmorschwarzes
Antlitz war von Sorgen durchfurcht. Ich
näherte mich ihm und fragte nach dem Grunde
seiner allerhöchsten Mißstimmung. Er schwieg.
Dann donnerte er los:
„Zwei Jahre lang spiele ich nun schon Skat
mit meinem Küchenchef und dem Herrn Missio-
nar. Bon dem haben wir's Beide gelernt.
Immer habe ich die Zeche rausgeschunden und
jetzt? Jetzt bezahle ich meinen Dattelschnaps
selber, weil mir der Eicheln-Wenzel fehlt. Wenn
ich nur wüßte, wer mir das Blatt aus der
Karte gemaust hat. Den Schurken ließe ich
einen Tag um den andern hinrichten. Denkst
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Du vielleicht, es macht Spaß, wenn ich täglich
zwei Mark von meiner Zivilliste zusetzen muß?"
Wie ein Blitz kam mir da der Gedanke:
Hier ist der Punkt, wo du den Hebel ansetzen
mußt. Noch ist Deutschland nicht verloren!
„Majestät", sagte ich, „wenn Sie weiter
keine Schmerzen haben, dann kann Ihnen ge-
holfen werden. Unterschreiben Sie huldvollst
diesen Vertrag und binnen zehn Minuten haben
Sie — nicht Ihren Eicheln-Wenzel, nein, mehr
als das, drei komplete Skatkarten in Händen."
Ich führe nämlich immer einen Vorrath
dieser nützlichen, echt deutschen Jndustrieerzeug-
nisse bei mir.
„Schwafler", sagte Bimbi, „nimm Dich zu-
sammen. Ich unterschreibe! Aber Gnade Dir
Gott, wenn's nicht wahr ist. Ich lasse Dich.
bei lebendigem Leibe frikassiren!"
Was soll ich weiter sagen? Mein Diener
brachte die Karten. Bimbi unterschrieb und
hinfort weht die deutsche Flagge über Bimbo-
town. Ja, ich mußte sogar alle meine Energie
aufbieten, daß mir Bimbi nicht auch noch ei-
nige seiner ausrangirten Frauen als Geschenk
aufhalste. Der Engländer zog mit langer Nase
ab, aber trotzdem hing der Erfolg, den ich
über das perfide Albion davontrug, nur an
einem Haare. Hätten wir eine starke Flotte
gehabt, ich wäre schneller zum Ziele gekommen.
__ K. D.
Lex Heinze im Iudenthum.
Der junge und fromme Jsak Tulpenthal kommt
zum Rabbiner und bittet, ihm eine Buße auf-
zuerlcgen, denn er habe eine große Sünde be-
gangen.
„Was hast Du gethan, mein Sohn?" fragte
der Rabbiner.
„Ich habe eine nackte Venus, ich glaube von
einem Maler Tizian, die uns aus einer Konkurs-
masse zufiel, stundenlang mit Wohlgefallen be-
trachtet."
„Willst Du mir das Bild zeigen?"
„Ich kann nicht mehr, ich hab's zerrissen und
verbrannt."
Der Rabbiner dachte eine Weile nach und schrieb
dann etwas auf einen Zettel, den er zusammen-
faltete und dem jungen Mann überreichte.
„Hier habe ich dir die Buße ausgeschrieben.
Geh' nach Hause und vollziehe sie."
Nach einigen Stunden kam der alte Tulpen-
thal zum Rabbiner in großer Erregung. „Herr
Rabbiner, wie können Sie meinem Sohn so etwas
zumuthen: ein Pfund Heu soll er essen! Gott
der Gerechte! hat man jemals so etwas gehört?"
„Mein lieber Herr Tulpenthal", erwiderte der
Rabbiner lächelnd, „wenn ein junger Mann die
Betrachtung eines Kunstwerks wie die Venus von
Tizian für eine Sünde hält und sie noch dazu
zerreißt und verbrennt, so ist er, so gewiß sollen
Sie leben und gesund bleiben, ein großes Rind-
vieh und deshalb gehört sich's, daß er ein Pfund
Heu ißt." *