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Der wahre Jakob: illustrierte Zeitschrift für Satire, Humor und Unterhaltung — 17.1900

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https://doi.org/10.11588/diglit.8185#0190
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3334

kjauxtmann (vor der Krönt): . .. Wer nicht mit nach Lhina wich der trete zwei Schritte zurück!
Feldwebel (hinter der Krönt): Na, det Aas mechte ick sehn, der zurücktreten thut!

Deutschland in China.

von Rrnwutschke, Semeiner im 4- ostastatischsnRegiment.

Wir hrimell mich st an dirs Volk,

Das langbrzoxfte, grlbrl
Ich Mir fast mich wir |u Haus,

Im Land östlich drr Elbe.

Nrgirrungsstrm, Vrrwallungsarl,

Dir Rasten und dir Llaffrn:

Wohl merk' ich einen Unterschied,

Doch wahrlich krinrn krassen.

Ob Sonnentochter, Himmrlssthn,

Ob Fürst von Gokkrs Gnaden:

Vrrfchirdnr Numinern sind rszwar,
Jedoch drr gleiche Faden.

Der Ordnung Wächter hohen Rangs
Wir niedre Mandarinen
Der Polizei, wir find sie mir
So wohlbrkannl erschienen.

Fluch die Justiz rrinnerk ofk
Mn die des Valerlandrs,

Bezüglich der GerechiigKeik,

Nicht minder des Verstandes.

Mn Vrdensstern und Kreuz und Band,

Mn Uniform, am Fracke,

Gemahnt dir Pfauenfeder mich,

Sowie die gelbe Jacke.

Mit Drachen schreckt man dort das Volk,
Mil Teufel hier und Hölle;

Der Pfassentrug dient gleichem Zweck
And stammt aus gleicher Lurlle.

Recht nah verwandt erscheint mir drum

Die weiße und dir gelbe

Kultur; ja manchmal kommt mir« vor,

Ts fei eins und dasselbe.

Abgestumpft..

von von cpuixote.

Wie laut es auch hergeht, wie sehr es auch
lärmt und klappert, der Müller schläft in seiner
Mühle einen ruhigen Schlaf. Tritt aber Je-
mand in die Mühle, der diesen Lärm nicht
gewöhnt ist, dem wird's im Kopfe bald schwirren
und brummen. In wenigen Tagen wird er
vor Schlaflosigkeit krank sein.

Aber allmälig gewöhnt sich des Menschen
Ohr und Seele an alles. Wir hören auf zu
hören und zu fühlen, wenn sich etwas fort-
während, gleichmäßig wiederholt.

An der Straßenecke, an eine Mauer gelehnt,
bettelt ein Mann. Ein Mann, in Fetzen ge-
hüllt, mit zerzaustem Haar und ausdruckslosem
Gesicht. Wenn ihn das Geräusch nahender
Schritte einen Passanten vermuthen läßt,
streckt er zitternd die Hand um ein Almosen
aus. Der Mann ist blind. Millionen hat
das Palais gekostet, an dessen Mauer er sich
lehnt. Es ist mit blendend weißem, glattem
Marmor getäfelt und vergoldete Guirlanden
schlingen sich von Fenster zu Fenster. Und
prächtige Karrossen rollen vorüber, mit bunt
gekleidete» Herren und Damen auf seidenen,
weich gepolsterten Sitzen.

Aug' in Aug' starren sich hier Elend und
Reichthum an.

In diesem reichen Lande giebt es zwei-
undsechzigtausend polizeilich bekannte Bettler!
Die Gesellschaft hat sich die Schande an-
gethan, über sich selbst zweiundsechzigtausend
Zeugnisse der Armuth auszustellen. — Lärmt
diese Zahl nicht lauter und verrückter als
das Geklapper der Mühlen und das Getöse
und Rollen der Maschinen? Und wie gut haben

wir uns daran gewöhnt! Wie wenig ficht es
uns an, wenn wir sehen, daß der Greis und
der Schwache gehalten sind, ihren Lebensunter-
halt mit der bettelnd ausgestreckten Hand von
Minute zu Minute zu fristen!

'

Ein Mann geht mit ruhigen, gemessenen
Schritten die Straße entlang; er hält ein
langes, spitziges, scharfes Messer in der Hand,
ein Messer, mit welchem man blos Menschen
anschneiden darf. Es heißt: Der Säbel.

Es folgen ihm noch andere Männer, alle in
gleicher Kleidung, und auch sie sind Alle be-
waffnet. — Auf den Schultern trägt Jeder
einen langen, Schießpulver und Stahlkugeln
bergenden Apparat, der nur zum Verwunden
und Tödten von Menschen bestimmt ist. Er
heißt: Das Gewehr.

Das Publikum der Straße gafft diesen Zug
an, aber kein Mensch findet etwas Staunens-
werthes daran.

Und dennoch ist es wunderlich und sonder-
bar, wenn in einer mit Kunst und Wissenschaft
erfüllten Welt, in der sechstausendjährigen
zivilisirten, gebildeten, stolzen Gesellschaft, Tag
für Tag Männer ins Freie ziehen mit Messern
und Mordwerkzeugen, um es zu lernen, wie
man andere Menschen rasch tödten kann.

In der Hauptstadt giebt es zwanzigtausend
solcher Männer, und Jedermann hält es für
ganz natürlich, daß ^allein in diesem einen
Lande fünfhunderttausend kräftige Menschen,
fortwährend zum Schießen und Stechen bereit,
in Waffen stehen.

' . *

Einen Selbstmörder mag nur ein anderer
Selbstmörder so recht verstehen.

Umsonst klügeln wir, vergebens suchen wir
den seelischen Zustand der Selbstmörder zu
 
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