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(Lin Drückeberger.
Hohenlohe: Du bist ein weiser Vater, kennst Dein eigen Rind, — ich aber sage mir:
der bessere Theil der Tapferkeit ist Vorsicht. (Ab.) (Nach Shakespeare.)
Zer vergnügte Ztaatsanwalt.
Lr hat sie! Er hält den Zinger darauf,
Als wollt' er erdrücken sie so,
Gleich wie ein sittsam Nägdelein
Rnickt einen gefangenen Klotz.
Wie hat er durchstöbert manchen Tag,
Das tief ihm verhaßte Blatt!
An seinem Schreibtisch ist er oft
Iusammengesunken matt.
Dem Himmel sei tausendmal gedankt!
Aach der er so lange gespäht —
Run hat er sie, die Beleidigung
Der staatlichen Autorität!
„Zwar keine Schmähung des Ränigs ist's".
Lagt er zufrieden still,
„Doch ist beleidigt, das ist klar.
Der Schultheiß von Tripstrill.
„Wohl wäre mir lieber, der König wär's,
Ganz offen gesteh' ich es ein —
Indessen, man muß dem lieben Gott
Kür Alles dankbar fein."
Lin internationaler Äriegskongreß.
Man hat schon oft von internationalen Frie-
denskongressen gehört. Sie sind stets resultat-
los verlaufen und ohne Einfluß auf die Ent-
wicklung der politischen Verhältnisse geblieben.
Das kommt daher, daß eine gute Sache durch
sich selbst wirken muß, und der Friede eben
keine gute Sache ist. Denn der Friede ver-
weichlicht den Menschen, läßt ihn in Humani-
tätsdusel versumpfen und stumpft seine Ehr-
furcht vor den Mordwerkzeugen ab, welche die
heiligsten Güter einer jeden Nation repräsen-
tiren.
Deshalb war es die höchste Zeit, daß edle
Menschenfreunde sich entschlossen, einen inter-
nationalen Kriegskongreß einzuberufen,
auf welchem über die Herbeiführung wirksamer
Kriege in sachkundiger Weise berathen werden
sollte.
Der Kongreß fand dieser Tage in aller Stille
in Konstantinopel statt. Fast alle Nationen
waren vertreten. Aus Frankreich waren mehrere
der bekanntesten Chauvinisten und Revanche-
politiker erschienen, aus England waren Cham-
berlain und der Raubmörder Schmid als Dele«
girte anwesend, von Deutschland der Dresch-
graf Pückler, Redakteur Leipziger und Drei-
vierteldutzend Geschäftsreisende der Firma
Krupp, von Italien Crispi und noch ein anderer
Räuberhauptmann, von Abpssinien der Ober-
hofmenschenschlächter des Königs Menelik und
viele andere angesehene Politiker.
Als Vertreter der Stadt Konstantinopel be-
grüßte Schuftig-Pascha den Kongreß und sprach
seine Freude darüber aus, daß für die er-
habene Sache des Massenmordes endlich ein
entscheidender Schritt geschehe. Die heiligste
Pflicht des Menschen sei die, seine Mitmenschen
todtzuschlagen. Zur Erfüllung dieser Pflicht
geben die Kulturnationen Europas in edler
Aufopferung die Früchte ihres Fleißes her,
um die nöthigen Mordwaffen zu schaffen und
große Heere im Gebrauch dieser Waffen zu
üben und bereit zu stellen. Aber immer ver-
säume man, rechtzeitig loszuschlagen und die
aufgewandten Mittel auch zweckentsprechend
zum Massenmord zu verwerthen. Der Redner
schloß: „Der Mord — hurrah! hurrah! hurrah!"
Als Referent über die politische Lage er-
griff sodann Chamberlaiu das Wort. Er be-
tonte, England habe sich der heiligen Pflicht
des Blutvergießens niemals schnöde entzogen.
Es habe soeben in Südafrika ein ganzes Kultur-
volk niedergemetzelt und trage auch in China
das Seine bei, um die Sache in Fluß zu bringen.
Es genüge nicht, chinesische Dörfer zu ver-
brennen, auf Boxer Jagd zu machen und das
offizielle China zum Kriege zu reizen; die
günstige Situation müsse auch zu einem Kon-
flikt unter den Mächten ausgenützt werden.
Die schneidige Haltung des Grafen Bülow be-
rechtige hierin zu den schönsten Hoffnungen;
auch England werde es nicht fehlen lassen an
dem Bemühen, wenigstens den russischen Bären,
seinen alten Erbfeind, zum Kampfe heraus-
zulocken.
Die Agenten Krupps klaffchten rasend Beifall.
Ein pommerischer Junker legte dar, wie noth-
wendig der Krieg für die Avancementsverhält-
nisse der Offiziere sei und wie die Verwüstung
fruchtbarer Ländereien auf die Hebung der Ge-
treidepreise günstig wirke. Feldprediger Heuchel-
mann betonte den sittlichen Werth des Krieges,
der die Menschen von Wissenschaft, Kunst,
Literatur und ähnlichen gottlosen Dingen ab-
wende. Graf Pückler beantragte, es solle das
Todffchlagen der Juden in ganz Europa organi-
sirt werden, in ähnlicher Weise, wie vor einigen
Jahren in Konstantinopel die Armenier er-
schlagen wurden. Der Vorschlag wurde einer
Kommission zur Borberathung überwiesen.
Der Kongreß faßte eine Resolution, welche
forderte, daß die Völkerverhetzung durch die
Presse und andere Mittel wirksamer wie bis-
her betrieben werden möge, und sandte ein
Huldigungstelegramm anGrafWaldersee. Man
trennte sich in der frohen Hoffnung auf eine
baldige schöne Menschenschlächterei.
Das fünfte Gebot lautet: „Du sollst nicht
tobten" — natürlich gelbe und schwarze Rasse
ausgenommen.
Man darf nicht jeder Zeitungsnachricht glauben.
Erst wenn sie dementirt wird, kann man von
ihrer Richtigkeit überzeugt sein.
(Lin Drückeberger.
Hohenlohe: Du bist ein weiser Vater, kennst Dein eigen Rind, — ich aber sage mir:
der bessere Theil der Tapferkeit ist Vorsicht. (Ab.) (Nach Shakespeare.)
Zer vergnügte Ztaatsanwalt.
Lr hat sie! Er hält den Zinger darauf,
Als wollt' er erdrücken sie so,
Gleich wie ein sittsam Nägdelein
Rnickt einen gefangenen Klotz.
Wie hat er durchstöbert manchen Tag,
Das tief ihm verhaßte Blatt!
An seinem Schreibtisch ist er oft
Iusammengesunken matt.
Dem Himmel sei tausendmal gedankt!
Aach der er so lange gespäht —
Run hat er sie, die Beleidigung
Der staatlichen Autorität!
„Zwar keine Schmähung des Ränigs ist's".
Lagt er zufrieden still,
„Doch ist beleidigt, das ist klar.
Der Schultheiß von Tripstrill.
„Wohl wäre mir lieber, der König wär's,
Ganz offen gesteh' ich es ein —
Indessen, man muß dem lieben Gott
Kür Alles dankbar fein."
Lin internationaler Äriegskongreß.
Man hat schon oft von internationalen Frie-
denskongressen gehört. Sie sind stets resultat-
los verlaufen und ohne Einfluß auf die Ent-
wicklung der politischen Verhältnisse geblieben.
Das kommt daher, daß eine gute Sache durch
sich selbst wirken muß, und der Friede eben
keine gute Sache ist. Denn der Friede ver-
weichlicht den Menschen, läßt ihn in Humani-
tätsdusel versumpfen und stumpft seine Ehr-
furcht vor den Mordwerkzeugen ab, welche die
heiligsten Güter einer jeden Nation repräsen-
tiren.
Deshalb war es die höchste Zeit, daß edle
Menschenfreunde sich entschlossen, einen inter-
nationalen Kriegskongreß einzuberufen,
auf welchem über die Herbeiführung wirksamer
Kriege in sachkundiger Weise berathen werden
sollte.
Der Kongreß fand dieser Tage in aller Stille
in Konstantinopel statt. Fast alle Nationen
waren vertreten. Aus Frankreich waren mehrere
der bekanntesten Chauvinisten und Revanche-
politiker erschienen, aus England waren Cham-
berlain und der Raubmörder Schmid als Dele«
girte anwesend, von Deutschland der Dresch-
graf Pückler, Redakteur Leipziger und Drei-
vierteldutzend Geschäftsreisende der Firma
Krupp, von Italien Crispi und noch ein anderer
Räuberhauptmann, von Abpssinien der Ober-
hofmenschenschlächter des Königs Menelik und
viele andere angesehene Politiker.
Als Vertreter der Stadt Konstantinopel be-
grüßte Schuftig-Pascha den Kongreß und sprach
seine Freude darüber aus, daß für die er-
habene Sache des Massenmordes endlich ein
entscheidender Schritt geschehe. Die heiligste
Pflicht des Menschen sei die, seine Mitmenschen
todtzuschlagen. Zur Erfüllung dieser Pflicht
geben die Kulturnationen Europas in edler
Aufopferung die Früchte ihres Fleißes her,
um die nöthigen Mordwaffen zu schaffen und
große Heere im Gebrauch dieser Waffen zu
üben und bereit zu stellen. Aber immer ver-
säume man, rechtzeitig loszuschlagen und die
aufgewandten Mittel auch zweckentsprechend
zum Massenmord zu verwerthen. Der Redner
schloß: „Der Mord — hurrah! hurrah! hurrah!"
Als Referent über die politische Lage er-
griff sodann Chamberlaiu das Wort. Er be-
tonte, England habe sich der heiligen Pflicht
des Blutvergießens niemals schnöde entzogen.
Es habe soeben in Südafrika ein ganzes Kultur-
volk niedergemetzelt und trage auch in China
das Seine bei, um die Sache in Fluß zu bringen.
Es genüge nicht, chinesische Dörfer zu ver-
brennen, auf Boxer Jagd zu machen und das
offizielle China zum Kriege zu reizen; die
günstige Situation müsse auch zu einem Kon-
flikt unter den Mächten ausgenützt werden.
Die schneidige Haltung des Grafen Bülow be-
rechtige hierin zu den schönsten Hoffnungen;
auch England werde es nicht fehlen lassen an
dem Bemühen, wenigstens den russischen Bären,
seinen alten Erbfeind, zum Kampfe heraus-
zulocken.
Die Agenten Krupps klaffchten rasend Beifall.
Ein pommerischer Junker legte dar, wie noth-
wendig der Krieg für die Avancementsverhält-
nisse der Offiziere sei und wie die Verwüstung
fruchtbarer Ländereien auf die Hebung der Ge-
treidepreise günstig wirke. Feldprediger Heuchel-
mann betonte den sittlichen Werth des Krieges,
der die Menschen von Wissenschaft, Kunst,
Literatur und ähnlichen gottlosen Dingen ab-
wende. Graf Pückler beantragte, es solle das
Todffchlagen der Juden in ganz Europa organi-
sirt werden, in ähnlicher Weise, wie vor einigen
Jahren in Konstantinopel die Armenier er-
schlagen wurden. Der Vorschlag wurde einer
Kommission zur Borberathung überwiesen.
Der Kongreß faßte eine Resolution, welche
forderte, daß die Völkerverhetzung durch die
Presse und andere Mittel wirksamer wie bis-
her betrieben werden möge, und sandte ein
Huldigungstelegramm anGrafWaldersee. Man
trennte sich in der frohen Hoffnung auf eine
baldige schöne Menschenschlächterei.
Das fünfte Gebot lautet: „Du sollst nicht
tobten" — natürlich gelbe und schwarze Rasse
ausgenommen.
Man darf nicht jeder Zeitungsnachricht glauben.
Erst wenn sie dementirt wird, kann man von
ihrer Richtigkeit überzeugt sein.