Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Der wahre Jakob: illustrierte Zeitschrift für Satire, Humor und Unterhaltung — 18.1901

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.6609#0040
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
B438

3439

Der Byzantiner.

Bäuchlings nah’ ich mich dem throne,
meines Dichtsgefiihls bewusst,

Uon Begeist’rung hoch erhoben
Schlägt das Rerz mir in der Brust.

Deines Geistes Strahlensonne,

Lass auf mich auch gnädig scheinen;
Deines Hauptes Sprühgedanken
Sind selbstredend auch die meinen!

(Das Du denkst, ist Alles edel,

(Das Du thust, ist hehr und gross,

(Das Du redest, das ist weise,

(Das Du schreibst, das ist famos. —

Die will ich mich unterfangen,

Gig’nc Meinung auszudenken,

Sondern will devot, wie’s ziemend,
mich auf Deinen Geist beschränken.

Glenn es Dir beliebt, im Scherze
Mich zu treten mit den Süssen,

Lass mich, Gdler, jubelnd rufen:

All' Dein tbun, es sei gepriesen!

(Denn Du zürnest, Unnahbarer,

(Dill ich bis ins Mark erzittern,

Sprang ein (Ditz aus Deinem Raupte,

Soll mein Zwerchfell er erschüttern.

Glenn Du huldvollst ruhst im Schlummer,
Lass mich eine Bitte wagen:

Darf von Deinem hohen Körper
Ich die Stiegen Dir verjagen?

Glenn mein Leben Du begehrest,

Du allein nur darfst es wollen,

Soll mein Unterthanenscbafskopf
Dir gerührt zu Süssen rollen. j. w.

Neues von Serenissimus.

Als Serenissimus nach einer Jagd in einem
Waldwirihshaus einkehrte, um ein Glas Bier
zu trinken, bemerkte er zu seinem Adjutanten:

„Aeh, sehen Sie 'mal, in dem Glas sind Luft-
blasen; macht wissen, wie die hineingekommen
sind?"

„WahrscheinlichdurchdieGlasbläser, Durch-
laucht."

„Hm-sonderbar. Glasbläser müssen

fabelhaft gute Lungen haben — durch das
harte Glas hindurch zu blasen!"

Fein ausgedrückk.

Aus einer Rezension über Schillers
„Kabale und Liebe": „....Unser neuer
Charakterdarsteller hat es verstanden, seinen
Wurm vorzüglich herauszuarbeiten."

Druckfehler.

Aus einem Bericht über eine Reichs-
tagssitzung: „Auf die wüthenden Angriffe des
sozialistischen Führers fand leider keiner der Re-
gierungsvertreter die gebührende Antwort. Sie
schienen alle wie bebebelt."

Eine unabsehbare Reihe zog an ihm vorüber.
Aber ganz andere, als er der Stannntafel nach
erwartet hatte. Männer aller Ränge und
Stände — selbst der niedersten — auch einzelne
Fürsten, aber dann gewöhnlich solche, von
denen er aus der Familienchronik wußte, daß
sie bei seinen Ahnen zu Gast gewesen waren.
Und nicht nur die Heldengestalten der letzten
Vorfahren, sondern auch die des aller-aller-
höchsten Urahnen — weiland Alexander des
Makedoniers — fehlten.

Schmerzvoll stöhnte er auf. Schnell küßte
ihn die besorgte Fee wieder auf die Augen
und erweckte ihn.

„Weh' mir!" rief der Prinz. „Weh' mir! —
Ich bin nicht der Nachkomme Alexanders! Nicht
mir gebührt dereinst die Herrschaft. Sage mir,
o Fee, lebt denn noch irgendwo ein berechtigter
Thronerbe dieses Landes, ein Nachkomme
Alexanders des Großen?"

Die Fee trocknete theilnahmsvoll seine Thrä-
nen und sprach: „Laß Dich das nicht bekümmern,
Geliebtester! In dieser Beziehung lebt kein
Berechtigterer mehr. Einen einzigen wirklichen
Nachkommen Alexanders gab es noch. Wie ich
im Vorbeischweben gesehen habe, wurde er vor
etwa einer Stunde geviertheilt." Fritz.

Wenn der Baker mit dem Sohne.

Wenn dem Busenfreunde Richter
Liebrrmann, der große Dichter,

Seine Verse dedizirt —

Und der fromme Zenkrums-Rorren
Schon im Mutterleib dir Goren
Dieses Bunds kanonistrt —

Dann ade, ade, ade!

Wenn Graf Pofa unter Aechxrn
liii die künft'grn Zuchlhaus-Lexrn
Sich das Geld von Bebel schnorrt,

Und für seine neuen Bühne
Tirpitz sich als SchiffskaMnr
Wurm und jSrus nimmt an Bord —
Dann ade, ade, ade!

Wenn des Nachts um halber Zwölfe
Lieber 'ne Lex-Hein;r-Elfe
Mn den keuschen Busen drückt,

Und mit Stöckerschrn Traktätchen
Seines schlechten Strohdachs Schadchen
Wohlgrmuth der Kunitz flickt —

Dann ade, ade, ade!

Wenn, verkleidet als Hebräer,

Bönig Stumm, der Schlrifsteindrehrr,
Marxens Manifest vertreibt,

And der Herr von Zedlitz heiler
Sentiments und scharfe Leiter
Gratis für den „Vorwärts" schreibt —
Dann ade, ade, ade! e. Gr.

Legitimität.

Es war einmal ein morgenländischer Prinz
mit einem Namen von mindestens fünfzig Silben,
welche — soweit sich ihr Sinn überhaupt be-
stimmen läßt — ungefähr so viel bedeuteten,
wie „in Huldgestalt konzentrirter Inbegriff aller
Vollkommenheiten". Gelenkt von den Weisesten
und Besten des Reiches, war er in einem Kreise
erlesener adeliger Jünglinge ausgewachsen, mit
denen er sich an Jagd und Speerwurf ergötzte.
Schön, klug, beliebt bei Jung und Alt, machte
er — übereinstimmenden zeitgenössischen Be-
richten nach — seinem Namen alle Ehre.

So viele hervorragende Eigenschaften er aber
besaß, auf keine war er stolzer, als auf seine

Abkunft. Kein Geringerer als Alexander der
Große stand an der Spitze der mit Edelgestein
in die Querwand des Thronsaales eingelegten
Stammtafel. Der göttergleiche Welteroberer
hatte den Ahnherrn des Herrschergeschlechtes
gezeugt, durch welches das von ihm seinerzeit
unterjochte Reich Jahrhunderte später wieder
zu Größe und Macht gelangen sollte.

Diesen herrlichen Prinzen nun hatte ein
kleines Mißgeschick betroffen. Jener Stall-
bursche, über dessen Rücken er sein Leibroß zum
Frühritte zu besteigen pflegte, hatte heute im
Augenblicke, als er ihm den Fuß auf den
Nacken gesetzt, aus irgend welchem Grunde
gewankt, so daß der Prinz gefallen war und
sich das Knie etwas aufgeschürft hatte. Der
Frevler war gleich vom Schloßhofe weg zum
Richtplatze geführt worden, um geviertheilt zu
werden. Das half aber dem wunden Knie
nichts und so mußte sich der Prinz bequemen,
still zu liegen und Umschläge von gekühltem
Rosenwaffer zu machen. Da dachte er nach,
wie Laune oder Ungeschick eines so tiefstehenden
Wesens hinreichte, einem so erlauchten Prinzen
Unannehmlichkeiten zu bereiten und hierdurch
gerieth er auf oft und mit Vorliebe begangene
Gedankenwege, auf den Adel seiner Abkunft.
Wie herrlich müßte es sein, all' die Gepriesenen,
Gewaltigen zu sehen, den leibhaftigen Anblick
derer zn haben, deren Namen schon hinreichten,
Unterwürfigkeit und Furcht zu erregen.

Plötzlich füllte eine Wolke süßen Narzissen-
duftes das Gemach und die wohlwollende schöne
Hausfee stand vor ihm, deren Liebling er war.
Sie hatte von seinem Unfall vernommen und
war herbeigeeilt, ihn zu trösten und zu zer-
streuen. Wie glücklich sich das traf. Er flehte
die Fee an, seine Ahnen erscheinen zu lassen.

Die Fee machte ein seltsames Gesicht. „Sähest
Du nicht lieber irgend etwas anderes, theurer
Prinz?" frug sie. „Ich will Dich von den
schönsten Huris umschweben lassen."

Er schüttelte das Haupt. „Nein — nur nach
dem Anblick meiner Vorfahren dürstet mein
Herz. Nichts — nichts sonst kann mich erfreuen!"

„So geschehe es nach Deinem Willen",
flüsterte die Fee und küßte ihn auf die Augen,
wodurch er in hellseherischen Traum verfiel.

^ Gute Aussichten.

94eErut: „Du, Sepp, i glaub, i werd's a mal weit bringa beim Militär, gestern hat mi der Herr Unteroffizier schon a General-
Rindvieh g'nannt."
 
Annotationen