3519 —
* Die kenliarmennase.
Er war Gendarm. Holl lllutb und schneid'
Ucrtrat er die Gesetzlichkeit.
Hern liess er fiinfe grade gehn,
Nur konnte er nichts Rothes sehn.
Das Umsturz-Rotb bracht' ihn in Auch:
Es kochte sein Beamtenblut,
ganz gleich ob Schleife, Banner, Schlips,
Er nahm den Sünder gleich beim Krips!
Schon trugen Alle ringsumher
Dicht einmal röche Strümpfe mehr,
Und selbst kein Unterrock war roch,
Uleil solches der Gendarm verbot.
Die Dächer deckt’ kein Ziegelstein,
Denn roch dürft' nichts im Dorfe sein, —
Jort bracht' man Buhn und Kikriki,
Uleil röche Kämme tragen sie.
So ging's ganz gut, bis, Gott erbarm'!
Ulas Rothes zeigt sich am Gendarm,
Ulas Purpurrothes! Ulisst ihr was?
Es war des Berrn Gendarmen Das’!
Ulober das kam? Man weiss es nicht!
Doch mitten drin im Angesicht
Erglänzt die Das' in rother Glutb,
Ganz wie das „Roth“ der Umsturzbrut!
Er rieb sie ein mit tOyrrbolin,
Allein das wollte nicht recht zieh»,
Jort musste sie, die rotbe Spur,
Und sei's durch innerliche Kur.
Dun soff er Schnaps in vollen Litern,
Auch Wampe und Pomeranzenbittern,
Bis dass, getrieben innerlich,
Die blaue Jarbe zeigte sich.
Jetzt trägt er stolz, wie s seine Pflicht,
Die blaue Dasc im Gesicht!
]hn schmückt ein Ordenszeichen sehr,
Uleil das Dekorum wahrte er. -en.
Völker-Psychvlvgie.
Der Genius des Mars war alt geworden und
regierungsmüde und gedachte zu Gunsten seines
Sohnes zurückzutreten. Er ließ ihn daher die
übliche Reise im Sonnensystem machen. Denn
das mußte vorher geschehen; nach dem Regierungs-
antritt wäre eS nicht gut thunlich gewesen. Die
Marsbewohner, die ja ganz anders geartet sind
als wir Erdenbürger, hätten ans der Möglichkeit,
daß der Träger der obersten Gewalt monatelang
sich den Geschäften entziehen kann, entweder auf
die Geringfügigkeit der letzteren oder auf die
Ueberflüssigkeit des ersteren geschlossen.
Der junge Weltreisende wurde vom Erden-
genins aufs Herzlichste bewillkommt und zuerst
nach Spanien geführt. Dem Frenrden gefiel es
dort ausnehmend gut und als er eilte große
Versammlung begeistert singen hörte, daß kein
anderes Land der Erde so blauen Himmel, so
hellen Sonnenschein, so feurige Weine, so helden-
hafte Männer und so schöne Weiber habe, machte
er seinem Gastfreund Vorwürfe, daß er ihm das
Allerherrlichste zuerst gezeigt, wodurch sein Inter-
esse für das Uebrige natürlich geschwächt sei. Der
Erdengenius lächelte und überflog mit seinem
Gaste die Pyrenäen. Und siehe, in Frankreich
verherrlichten sich die Leute mit ganz denselben
Worten. Das machte dein Marsgenius riesigen
Spaß. Aber als er dann in anderen Ländern
ganz dasselbe singen und sagen hörte, ward ihm
die Sache langiveilig und er verlangte nach Ab-
wechslung.
Da führte ihn sein Gastfreund nach Deutsch-
land. Dort sangen sie zwar ganz ähnliche Lieder,
aber es war doch etwas Neues dabei. Außer
deutschem Himmel, Wald, Wiese, Wein, Weib,
Mann und Brandung wurde die deutsche Treue
als etwas ganz Besonderes gepriesen und gefeiert.
„Treue! Was ist das?" fragte der Fremde.
Der Erdengenius wurde etwas verlegen und
erwiderte: „Ich weiß es selber nicht; ich habe
mich seit einiger Zeit nicht um die Deutschen ge-
kümmert und sie haben sich ohne Genius behelfen
müssen. Aber wir wollen fragen."
Er frug ein junges Mädchen. „Treue", flötete
sie, „ist die Beständigkeit in der Liebe."
„Diese Treue kann nicht gemeint sein", sagte
der Marsgenius, „denn so kurze Zeit ich hier
bin, habe ich doch schon gesehen, daß es hier in
dieser Beziehung nicht anders ist als anderswo."
Sie trugen einen gravitätisch aussehenden preu-
ßischen Geheimrath. Dieser sagte salbungsvoll:
„Treue ist das Festhalten an: Hergebrachte::."
„Diese Treue kann ebensowenig gemeint sein",
rief der Marsgenius, „denn die Geschichte der
Deutschen ist von Armin an bis weit über den
Rheinbund hinaus eine Kette von Verrath und
Vertragsbruch."
Da kam ein Förster des Weges. Den frugen
sie: „Was ist Treue?"
„Treue ist etwas Köstliches", sagte der Waid-
mann. „Mein Hund ist treu. Ich :uag den
Köter halb todt prügeln oder hungern lassen,
mißhandeln bis aufs Blut — er wird seinem
Herrn doch schweifwedelnd die Hand lecken."
Nun wußten die Genien endlich, auf welche
Eigenschaft die Deutschen so stolz waren. Fritz.
Gewissenhafte Ausführung.
Zu einer Trauerfeierlichkeit bestellte ein Leid-
tragender einen Kranz mit der Bemerkung, auf
die Schleife solle: „Ruhe sanft" ans beiden Seiten
gedruckt werden. Der Auftrag wurde buchstäblich
in nachstehender Weise ausgeführt:
* Die kenliarmennase.
Er war Gendarm. Holl lllutb und schneid'
Ucrtrat er die Gesetzlichkeit.
Hern liess er fiinfe grade gehn,
Nur konnte er nichts Rothes sehn.
Das Umsturz-Rotb bracht' ihn in Auch:
Es kochte sein Beamtenblut,
ganz gleich ob Schleife, Banner, Schlips,
Er nahm den Sünder gleich beim Krips!
Schon trugen Alle ringsumher
Dicht einmal röche Strümpfe mehr,
Und selbst kein Unterrock war roch,
Uleil solches der Gendarm verbot.
Die Dächer deckt’ kein Ziegelstein,
Denn roch dürft' nichts im Dorfe sein, —
Jort bracht' man Buhn und Kikriki,
Uleil röche Kämme tragen sie.
So ging's ganz gut, bis, Gott erbarm'!
Ulas Rothes zeigt sich am Gendarm,
Ulas Purpurrothes! Ulisst ihr was?
Es war des Berrn Gendarmen Das’!
Ulober das kam? Man weiss es nicht!
Doch mitten drin im Angesicht
Erglänzt die Das' in rother Glutb,
Ganz wie das „Roth“ der Umsturzbrut!
Er rieb sie ein mit tOyrrbolin,
Allein das wollte nicht recht zieh»,
Jort musste sie, die rotbe Spur,
Und sei's durch innerliche Kur.
Dun soff er Schnaps in vollen Litern,
Auch Wampe und Pomeranzenbittern,
Bis dass, getrieben innerlich,
Die blaue Jarbe zeigte sich.
Jetzt trägt er stolz, wie s seine Pflicht,
Die blaue Dasc im Gesicht!
]hn schmückt ein Ordenszeichen sehr,
Uleil das Dekorum wahrte er. -en.
Völker-Psychvlvgie.
Der Genius des Mars war alt geworden und
regierungsmüde und gedachte zu Gunsten seines
Sohnes zurückzutreten. Er ließ ihn daher die
übliche Reise im Sonnensystem machen. Denn
das mußte vorher geschehen; nach dem Regierungs-
antritt wäre eS nicht gut thunlich gewesen. Die
Marsbewohner, die ja ganz anders geartet sind
als wir Erdenbürger, hätten ans der Möglichkeit,
daß der Träger der obersten Gewalt monatelang
sich den Geschäften entziehen kann, entweder auf
die Geringfügigkeit der letzteren oder auf die
Ueberflüssigkeit des ersteren geschlossen.
Der junge Weltreisende wurde vom Erden-
genins aufs Herzlichste bewillkommt und zuerst
nach Spanien geführt. Dem Frenrden gefiel es
dort ausnehmend gut und als er eilte große
Versammlung begeistert singen hörte, daß kein
anderes Land der Erde so blauen Himmel, so
hellen Sonnenschein, so feurige Weine, so helden-
hafte Männer und so schöne Weiber habe, machte
er seinem Gastfreund Vorwürfe, daß er ihm das
Allerherrlichste zuerst gezeigt, wodurch sein Inter-
esse für das Uebrige natürlich geschwächt sei. Der
Erdengenius lächelte und überflog mit seinem
Gaste die Pyrenäen. Und siehe, in Frankreich
verherrlichten sich die Leute mit ganz denselben
Worten. Das machte dein Marsgenius riesigen
Spaß. Aber als er dann in anderen Ländern
ganz dasselbe singen und sagen hörte, ward ihm
die Sache langiveilig und er verlangte nach Ab-
wechslung.
Da führte ihn sein Gastfreund nach Deutsch-
land. Dort sangen sie zwar ganz ähnliche Lieder,
aber es war doch etwas Neues dabei. Außer
deutschem Himmel, Wald, Wiese, Wein, Weib,
Mann und Brandung wurde die deutsche Treue
als etwas ganz Besonderes gepriesen und gefeiert.
„Treue! Was ist das?" fragte der Fremde.
Der Erdengenius wurde etwas verlegen und
erwiderte: „Ich weiß es selber nicht; ich habe
mich seit einiger Zeit nicht um die Deutschen ge-
kümmert und sie haben sich ohne Genius behelfen
müssen. Aber wir wollen fragen."
Er frug ein junges Mädchen. „Treue", flötete
sie, „ist die Beständigkeit in der Liebe."
„Diese Treue kann nicht gemeint sein", sagte
der Marsgenius, „denn so kurze Zeit ich hier
bin, habe ich doch schon gesehen, daß es hier in
dieser Beziehung nicht anders ist als anderswo."
Sie trugen einen gravitätisch aussehenden preu-
ßischen Geheimrath. Dieser sagte salbungsvoll:
„Treue ist das Festhalten an: Hergebrachte::."
„Diese Treue kann ebensowenig gemeint sein",
rief der Marsgenius, „denn die Geschichte der
Deutschen ist von Armin an bis weit über den
Rheinbund hinaus eine Kette von Verrath und
Vertragsbruch."
Da kam ein Förster des Weges. Den frugen
sie: „Was ist Treue?"
„Treue ist etwas Köstliches", sagte der Waid-
mann. „Mein Hund ist treu. Ich :uag den
Köter halb todt prügeln oder hungern lassen,
mißhandeln bis aufs Blut — er wird seinem
Herrn doch schweifwedelnd die Hand lecken."
Nun wußten die Genien endlich, auf welche
Eigenschaft die Deutschen so stolz waren. Fritz.
Gewissenhafte Ausführung.
Zu einer Trauerfeierlichkeit bestellte ein Leid-
tragender einen Kranz mit der Bemerkung, auf
die Schleife solle: „Ruhe sanft" ans beiden Seiten
gedruckt werden. Der Auftrag wurde buchstäblich
in nachstehender Weise ausgeführt: