- » 3542
Ferien.
And wieder lönt's wie Siegesruf
Nus hunderttausend Kehlen:
Lurrah! die lehte Stunde schlug,
Run mag, wer will, sich quälen.
Nun Wucher ihr an euren Trt!
Äs gilt jetzt nur das eine Wort:
Ferien!
And Freiheit! — Wie voll Aeßermuth
Die jungen Lemen schlagen!
Den Großen dünkt's ein Aiärchen fast
Aus früher Kindheit Tagen.
Zn ihrer Arbeit stete Dual
Da klingt es wie „Äs war einmal"
Ferien.
Äin Alürchen nur rnrö doch zugleich
Äin Traum von besseren Tagen,
Für alle, die im Kampfe nur,
Dem alten, nicht vertagen.
Db heute nicht, ein neu Geschlecht,
Ärkämpft sich einst auch als fein Recht
Ferien.
Das Aecht auf Ruh' und FeierM
Der Seele, mühbeladen,
Das Recht, in Luft und Sonnenlicht
Den Leib gesund )u baden.
Wen trieb es nicht hinaus ilnd fort,
Ärkläng' auch ihm das Zauberwort:
Ferien!
Doch alles Träumen, noch so schön,
Äs kann uns wenig frommen;
Rach langem Kampf und Wüsten nrlr
Wird einst der Tag uns kommen:
Da selig jauchch von Herzensgrund
Äinmal im Jahr ein jeder Wund:
Ferien!
Inhalt der Unterhaltungs-Beilage.
Der Uebergipfel der Geschmacklosigkeit. Illustration. —
Vier Worte. Gedicht von R. L. — Aus dem Tagebuche des
Freiherrn von Dummerwitz. — Das Glück der Mansarde.
Gedicht von -en. — Die Verschwörung. Skizze von M. K.
(Jllustrirt.) — Sommergluth. Gedicht von Clara Müller. —
Frosch und Minister. Gedicht von P. — Moderne Menschen.
Illustration. — Pithecantropus erectus. Von Fritz. (Jllll-
strirt.) — Die Vorstadt. Gedicht von Max Eitelberg. Mit
Illustration. — Im Arbeiterzug. Illustration. — Nutrimentum
alkohol. — Ein hohes Amt. Illustration. — Von der Wasser-
kante. Jllustrirt. — Reise des Hieronymus Jobsen. Jllustrirt.
Dem rothen Postmeister
zu seiner Heimkehr aus der Verbannung.
viele, viele zogen aus,
wen'ge kehrten wieder,
Mancher wagemuth zerbrach,
Mancher Stern ging nieder.
Aber starke gab es auch.
Unbeugsame Geister,
Liner dieser Starken ist
Unser Reichs-postmeister.
Drum sei Dir ein Gruß geweiht,
Lin gar froher, Heller,
In der kseimath zum Willkomm,
Julius Motteler!
Ans Bädern und Sommerfrischen.
Graf Posadowsky ist nach Heringsdorf ge-
gangen. Vermnthlich wird er dort nach Bueck-
lingen fischen wollen.
Die Agrarier haben das Ländchen Hohen-
zollern als Sommerfrische gewählt; sie doku-
mentiren hierdurch ihre Sehnsucht nach hohem
Zolle.
Die Zentrumsmitglieder haben sich am Gestade
des Schwarzen Meeres niedergelassen mit Aus-
nahnie des Abg. Roeren, der angesichts der vielen
nackten Klippen und der Meerbusen schleunigst
aufs platte Land zuriickgereist ist.
Abg. Stöcker verlebt seine Ferien in Eidt-
kuhnen. g.
Neuestes Ueberbrettl-Lied.
Schau, in Wirn, sagt er,
Sind dir Irut, sagt er,
Sehr gescheidk, sagt er,
G'worden heul'!
Denn, den Adler, sagt er,
Hab'n« gewählt, sagt er,
Aber 'n Rissawrg, sagt er,
Hal's gefehlt!
Lueger schimpft, sagt er,
Lueger flucht, sagt er,
Doch e« half nichl», sagt er,
S' haben'« verbucht!
In Favoriten, sagt er,
Aonnt'st halt sehn, sagt er,
Die Genossen, sagt er,
Llvpslesflrhn!
Liebe Wiener, sagt er,
Ihr seid brav, sagt er,
Aber Lueger, sagt er,
Ist ein Schaf!
Der fatalste Streik ist es doch, wenn Bank-
kassicrer ihre Zahlungen einstellen — und ge-
rade in solchem Falle melden sich keine Streik-
brecher.
Die Leiter der Leipziger Bank haben sich so
eifrig mit dem Treberirocknen beschäftigt, daß sie
schließlich ihre eigenen Gläubiger für Treber an-
sahen und sie aufs Trockene setzten.
„Nur einmal blüht im Jahr der Mai", aber
von Bestrafungen in Angelegenheiten der Mai-
feier hört man noch den ganzen Sommer über.
Rathgrber irr schwierigen Fällen
von lwki nnlikiirischen prakNikugen
betitelt sich ein neuer Kommentar zur Militär-
strafgerichtsordnung, dessen Erscheinen für die
nächste Zeit in sichere Aussicht gestellt ist. Dank
der Liebenswürdigkeit des Verlegers sind wir be-
reits heute in der Lage, unfern Lesern eine Probe
aus dem angekündigten Werke zu geben, das durch
eine Menge völlig neuer Gesichtspunkte wie durch
die militärische Schneidigkeit und Leichtigkeit, mit
der die beiden Verfasser sich mit den einzelnen
Gesetzesparagraphcn abzufinden wissen, beträcht-
liches Aufsehen erregen dürfte.
Wir theilen aus der Fülle des Gebotenen Eini-
ges über die sogenannte Gesetzcsintcrpretation mit.
Da heißt es: „Unter Gesetzesinterpretation ver-
steht man die Auslegung eines Gesetzes. Dieselbe
zerfällt in a) die grammatische, b) die logische,
und wird letztere wiederum cingetheilt in 1. die
restriktive, 2. die extensive Auslegung.
Was die zuletztgenannte Interpretation betrifft,
so bedeutet diese die Kunst, aus dem Gesetz das
herauszulesen, was zwar nicht im Gesetz steht,
aber doch darin stehen sollte. Da nun besonders
in der Militärstrafgerichtsordnung — einem neuen
verbesserungsbedürftigen Gesetz — sehr vieles nicht
gesagt ist, was eigentlich darin hätte gesagt werden
müssen, so ist es klar, daß die extensive Inter-
pretation für den Militärprozeßpraktiker die wich-
tigste ist. — Sie bedeutet also um es kurz
auszndrücken — die freie logische Ergänzung eines
verbesserungsbedürftigen Gesetzes im Geiste des
Militarismus."
Unter den beiden „militärischen Praktikussen"
sollen sich, wie wir hören, zwei in letzter Zeit
vielgenannte hohe Militärs verbergen. i>.
Kameraden.
Handwerksburschc: Bitte um eine Kleinig-
keit zum Nachtquartier.
Bank d irektor: Bedaure; bin selbst aufH il fs-
aktionen angewiesen. k.
3543
S;rne im Jahre 1928.
Lord Roberts und Ritchener feiern das Jubelfest der sünfnnd-
zwanzigjährigen Kriegführung zwischen Lngland und den südafri-
kanischen Republiken. Nach „Kikeriki", Wien.
Hovelfpähne.
Wird denn mein Leipzig nun gescheidt,
Enipfindet es im Stillen Neue?
Ach, hält' cs doch mehr Ehrlichkeit
Und weniger „Patriotentreue".
Denn Helle ivar es sicher nicht,
Als es sich ließ von Gründern plündern;
Nun hängt Gewicht sich an Geivicht
Und Zuchthaus blüht den Hurrah-Sündcrn!
Die Bankdirektoren machen jetzt den Bar-
bieren Konkurrenz, nur mit dem Unterschied,
daß sie ihre Kunden „über den Löffel bar-
bieren." » .
Erneuert werden alte Dielen,
Warum denn nicht auch Herr von Thielen?
„Frisch auf,. Kameraden, aufs Pferd, aufs Pferd!" sagte der selige
Rittmeister Krosigk, da ließ er seine Gattin aufs Pferd binden, um sie
gegen ihren Willen für den edlen Reitsport auszubilden.
Es ist das Loos der Alexander,
Vom Storche stets enttäuscht zu bleiben.
Den Einen ließ die Draga ganz in: Stich,
Der Andre kann 'ne Töchterschul' betreiben.
Stolz mit gepanzerter Faust zog in den Krieg der Weltinarschall,
Sämmtliche Finger verbrannt, kehrt er jetzt wieder zurück.
Deutschlands Zukunft liegt auf dein Wasser und die Gegenwart auf
dein Rücken — vor lauter Verwunderung.
Ihr getreuer Säge, Schreiner.
Exner-Genhsch.
Jerusalem und Winkelmann,
Deckt halb erst des Vergehens Schleier.
Wer ihrer sich entsinnen kann,
Der weiß, sie waren Pleitegeier.
Wer irgend baares Moos besaß.
Bekam von ihnen Nasenstüber.
Doch dies Mal ist's ein schlimm'rer Spaß,
Das neue Paar ist ihnen über.
Ls nannte Jene Arm und Reich
Gewissenlose, freche Schinder,
Doch mit den Reuen im vergleich
Sind sie die reinen Waisenkinder. l.
Moderne Liebesprobe.
Kunigunde.
(Und zu Herrn Ritter von Knaxenstein fpottenderweis
Wendet sich Fräulein Kunigund:)
Herr Ritter, ist Euere Lieb' so heiß,
Wie dem Papa Ihr thatet kund,
Ei, so nehmt Ihr die Mitgift in Papieren wohl?
knaxenstein.
In Staatsanleihe oder Consol?
Aunigunde.
In „Trebertrockner!"
Knaxenstein.
(Mit tief erschrock'ncr
Miene klemmt Knaxenstein das Glas
Fester ins linke Auge.) Wa—as?
Die sankeil seit gestern um hlindcrt Prozent,
Und da inuthen Sie mir
So 'n faules Papier
Statt „Kassa" zu? Potz Element,
Das ist ein schlechter Spaß, Kunigunde!
(Und er wirst ihr den Kurszettel ins Gesicht:)
Die Mitgift, Frätilci», begehr' ich nicht!
(Und verläßt sie zur selbigen Stunde.) m. e.
Die neue Hansa.
U
„Sonderbar!" so sprach Graf Ranitz,
„Mas man alles muß erleben!
In der alten Hansa Seifte
Soll der Handel sich erheben?
Statt die Häfen zu verschließen
Kegen Früchte fremder Saaten,
Soll der Rausmann frei sich rühren.
Wie zur Zeit der Hanseaten?"
And ein gar vernehmlich Murren
Geht durch der Agrarier Runde,
Und sie schütteln ihre Röpfe
Vb der wunderlichen Runde.
„Zagt, was war denn diese Hansa
Linst in ihrer Blüthe Tagen?
War ihr Zweck nicht, die Tribute
Unfern Ahnen zu versagen?
„Mancher Ahn, der an der Straße
Lauerte mit scharfem Schwerte,
Mancher Ahn, der auf dem Meere
Sich von Seeraub redlich nährte,
Kiel der Hansa in die Hände
lind da war sein Loos entschieden -
Mittels eines hanf'nen Seiles
!Sing er ein zum ew'gen Frieden."
Rlinkowström greift unwillkürlich
An den Hals, an die Rravatte.
„Freilich und sogar vor Fürsten
Minderen Respekt sie hatte.
Mancher Rönig mußte weichen ^
Bon dem Throne ohne Gnade —
Wird Ballin, der llngetäufte
Wohl beschreiten solche Pfade?"
Sieh', da weicht die düst're Spannung,
Ls ertönt ein trotzig Lachen.
„Rein, die .Ldelstew und ,Besten'
Lasten sich nicht bange machen.
Sind die Junker nicht die Herren
Unumschränkt im Deutschen Reiche?
Ghne uns die neue Hansa
Ist nur eine Wasserleiche."
Zirnstlerischcs.
Hinz: Haben unsere Minister bei ihren ivelt-
politischen Bestrebungen wirklich noch Zeit, ctivaS
zur Hebung des Handiverks zu thuir?
Kunz: O ja; zun: Beispiel das Hai:dwerk der
Gerichtsvollzieher haben sie niüchtig gehoben.
, K.
An den Rrossberzog von Ressen.
Roheit,-o durchlauchtigster grossberzog,
Ciefbekümmert und voll bitterm Schmerz ooch
Ror’ ich, was schon wieder ist geschehe!
Rassen Sie sich unterthänigst warnen
Uor den Rothen, die Durchlaucht umgarnen
(Dollen, wie Durchlaucht bald werden sehn!
3ede Unterthanenbrust, — verzweifeln
IDuss sie, siebt sie, wie den rothen Ceufeln
wird bofirt dahier in letzter Zeit!
Bei der Sahnenweibe — nur in Ressen
Kann man sich fürwahr so weit vergessen,
Sunktionirte gar die Obrigkeit!!
Roheit sind ja wohl von Rottes gnaden;
Dennoch könnten Roheit einmal laden
Auf Ihr Allerhöchstes Raupt den groll
Eines Ihrer Brüder, Onkel, Dettern.
Sind Durchlaucht gefeit denn vorm Zerschmettern?
fleh, das wünscht Ihr c ,
Raus Cutze von Rosenvoll.
Aedaktionsfchlutz 3. Juli.
Ferien.
And wieder lönt's wie Siegesruf
Nus hunderttausend Kehlen:
Lurrah! die lehte Stunde schlug,
Run mag, wer will, sich quälen.
Nun Wucher ihr an euren Trt!
Äs gilt jetzt nur das eine Wort:
Ferien!
And Freiheit! — Wie voll Aeßermuth
Die jungen Lemen schlagen!
Den Großen dünkt's ein Aiärchen fast
Aus früher Kindheit Tagen.
Zn ihrer Arbeit stete Dual
Da klingt es wie „Äs war einmal"
Ferien.
Äin Alürchen nur rnrö doch zugleich
Äin Traum von besseren Tagen,
Für alle, die im Kampfe nur,
Dem alten, nicht vertagen.
Db heute nicht, ein neu Geschlecht,
Ärkämpft sich einst auch als fein Recht
Ferien.
Das Aecht auf Ruh' und FeierM
Der Seele, mühbeladen,
Das Recht, in Luft und Sonnenlicht
Den Leib gesund )u baden.
Wen trieb es nicht hinaus ilnd fort,
Ärkläng' auch ihm das Zauberwort:
Ferien!
Doch alles Träumen, noch so schön,
Äs kann uns wenig frommen;
Rach langem Kampf und Wüsten nrlr
Wird einst der Tag uns kommen:
Da selig jauchch von Herzensgrund
Äinmal im Jahr ein jeder Wund:
Ferien!
Inhalt der Unterhaltungs-Beilage.
Der Uebergipfel der Geschmacklosigkeit. Illustration. —
Vier Worte. Gedicht von R. L. — Aus dem Tagebuche des
Freiherrn von Dummerwitz. — Das Glück der Mansarde.
Gedicht von -en. — Die Verschwörung. Skizze von M. K.
(Jllustrirt.) — Sommergluth. Gedicht von Clara Müller. —
Frosch und Minister. Gedicht von P. — Moderne Menschen.
Illustration. — Pithecantropus erectus. Von Fritz. (Jllll-
strirt.) — Die Vorstadt. Gedicht von Max Eitelberg. Mit
Illustration. — Im Arbeiterzug. Illustration. — Nutrimentum
alkohol. — Ein hohes Amt. Illustration. — Von der Wasser-
kante. Jllustrirt. — Reise des Hieronymus Jobsen. Jllustrirt.
Dem rothen Postmeister
zu seiner Heimkehr aus der Verbannung.
viele, viele zogen aus,
wen'ge kehrten wieder,
Mancher wagemuth zerbrach,
Mancher Stern ging nieder.
Aber starke gab es auch.
Unbeugsame Geister,
Liner dieser Starken ist
Unser Reichs-postmeister.
Drum sei Dir ein Gruß geweiht,
Lin gar froher, Heller,
In der kseimath zum Willkomm,
Julius Motteler!
Ans Bädern und Sommerfrischen.
Graf Posadowsky ist nach Heringsdorf ge-
gangen. Vermnthlich wird er dort nach Bueck-
lingen fischen wollen.
Die Agrarier haben das Ländchen Hohen-
zollern als Sommerfrische gewählt; sie doku-
mentiren hierdurch ihre Sehnsucht nach hohem
Zolle.
Die Zentrumsmitglieder haben sich am Gestade
des Schwarzen Meeres niedergelassen mit Aus-
nahnie des Abg. Roeren, der angesichts der vielen
nackten Klippen und der Meerbusen schleunigst
aufs platte Land zuriickgereist ist.
Abg. Stöcker verlebt seine Ferien in Eidt-
kuhnen. g.
Neuestes Ueberbrettl-Lied.
Schau, in Wirn, sagt er,
Sind dir Irut, sagt er,
Sehr gescheidk, sagt er,
G'worden heul'!
Denn, den Adler, sagt er,
Hab'n« gewählt, sagt er,
Aber 'n Rissawrg, sagt er,
Hal's gefehlt!
Lueger schimpft, sagt er,
Lueger flucht, sagt er,
Doch e« half nichl», sagt er,
S' haben'« verbucht!
In Favoriten, sagt er,
Aonnt'st halt sehn, sagt er,
Die Genossen, sagt er,
Llvpslesflrhn!
Liebe Wiener, sagt er,
Ihr seid brav, sagt er,
Aber Lueger, sagt er,
Ist ein Schaf!
Der fatalste Streik ist es doch, wenn Bank-
kassicrer ihre Zahlungen einstellen — und ge-
rade in solchem Falle melden sich keine Streik-
brecher.
Die Leiter der Leipziger Bank haben sich so
eifrig mit dem Treberirocknen beschäftigt, daß sie
schließlich ihre eigenen Gläubiger für Treber an-
sahen und sie aufs Trockene setzten.
„Nur einmal blüht im Jahr der Mai", aber
von Bestrafungen in Angelegenheiten der Mai-
feier hört man noch den ganzen Sommer über.
Rathgrber irr schwierigen Fällen
von lwki nnlikiirischen prakNikugen
betitelt sich ein neuer Kommentar zur Militär-
strafgerichtsordnung, dessen Erscheinen für die
nächste Zeit in sichere Aussicht gestellt ist. Dank
der Liebenswürdigkeit des Verlegers sind wir be-
reits heute in der Lage, unfern Lesern eine Probe
aus dem angekündigten Werke zu geben, das durch
eine Menge völlig neuer Gesichtspunkte wie durch
die militärische Schneidigkeit und Leichtigkeit, mit
der die beiden Verfasser sich mit den einzelnen
Gesetzesparagraphcn abzufinden wissen, beträcht-
liches Aufsehen erregen dürfte.
Wir theilen aus der Fülle des Gebotenen Eini-
ges über die sogenannte Gesetzcsintcrpretation mit.
Da heißt es: „Unter Gesetzesinterpretation ver-
steht man die Auslegung eines Gesetzes. Dieselbe
zerfällt in a) die grammatische, b) die logische,
und wird letztere wiederum cingetheilt in 1. die
restriktive, 2. die extensive Auslegung.
Was die zuletztgenannte Interpretation betrifft,
so bedeutet diese die Kunst, aus dem Gesetz das
herauszulesen, was zwar nicht im Gesetz steht,
aber doch darin stehen sollte. Da nun besonders
in der Militärstrafgerichtsordnung — einem neuen
verbesserungsbedürftigen Gesetz — sehr vieles nicht
gesagt ist, was eigentlich darin hätte gesagt werden
müssen, so ist es klar, daß die extensive Inter-
pretation für den Militärprozeßpraktiker die wich-
tigste ist. — Sie bedeutet also um es kurz
auszndrücken — die freie logische Ergänzung eines
verbesserungsbedürftigen Gesetzes im Geiste des
Militarismus."
Unter den beiden „militärischen Praktikussen"
sollen sich, wie wir hören, zwei in letzter Zeit
vielgenannte hohe Militärs verbergen. i>.
Kameraden.
Handwerksburschc: Bitte um eine Kleinig-
keit zum Nachtquartier.
Bank d irektor: Bedaure; bin selbst aufH il fs-
aktionen angewiesen. k.
3543
S;rne im Jahre 1928.
Lord Roberts und Ritchener feiern das Jubelfest der sünfnnd-
zwanzigjährigen Kriegführung zwischen Lngland und den südafri-
kanischen Republiken. Nach „Kikeriki", Wien.
Hovelfpähne.
Wird denn mein Leipzig nun gescheidt,
Enipfindet es im Stillen Neue?
Ach, hält' cs doch mehr Ehrlichkeit
Und weniger „Patriotentreue".
Denn Helle ivar es sicher nicht,
Als es sich ließ von Gründern plündern;
Nun hängt Gewicht sich an Geivicht
Und Zuchthaus blüht den Hurrah-Sündcrn!
Die Bankdirektoren machen jetzt den Bar-
bieren Konkurrenz, nur mit dem Unterschied,
daß sie ihre Kunden „über den Löffel bar-
bieren." » .
Erneuert werden alte Dielen,
Warum denn nicht auch Herr von Thielen?
„Frisch auf,. Kameraden, aufs Pferd, aufs Pferd!" sagte der selige
Rittmeister Krosigk, da ließ er seine Gattin aufs Pferd binden, um sie
gegen ihren Willen für den edlen Reitsport auszubilden.
Es ist das Loos der Alexander,
Vom Storche stets enttäuscht zu bleiben.
Den Einen ließ die Draga ganz in: Stich,
Der Andre kann 'ne Töchterschul' betreiben.
Stolz mit gepanzerter Faust zog in den Krieg der Weltinarschall,
Sämmtliche Finger verbrannt, kehrt er jetzt wieder zurück.
Deutschlands Zukunft liegt auf dein Wasser und die Gegenwart auf
dein Rücken — vor lauter Verwunderung.
Ihr getreuer Säge, Schreiner.
Exner-Genhsch.
Jerusalem und Winkelmann,
Deckt halb erst des Vergehens Schleier.
Wer ihrer sich entsinnen kann,
Der weiß, sie waren Pleitegeier.
Wer irgend baares Moos besaß.
Bekam von ihnen Nasenstüber.
Doch dies Mal ist's ein schlimm'rer Spaß,
Das neue Paar ist ihnen über.
Ls nannte Jene Arm und Reich
Gewissenlose, freche Schinder,
Doch mit den Reuen im vergleich
Sind sie die reinen Waisenkinder. l.
Moderne Liebesprobe.
Kunigunde.
(Und zu Herrn Ritter von Knaxenstein fpottenderweis
Wendet sich Fräulein Kunigund:)
Herr Ritter, ist Euere Lieb' so heiß,
Wie dem Papa Ihr thatet kund,
Ei, so nehmt Ihr die Mitgift in Papieren wohl?
knaxenstein.
In Staatsanleihe oder Consol?
Aunigunde.
In „Trebertrockner!"
Knaxenstein.
(Mit tief erschrock'ncr
Miene klemmt Knaxenstein das Glas
Fester ins linke Auge.) Wa—as?
Die sankeil seit gestern um hlindcrt Prozent,
Und da inuthen Sie mir
So 'n faules Papier
Statt „Kassa" zu? Potz Element,
Das ist ein schlechter Spaß, Kunigunde!
(Und er wirst ihr den Kurszettel ins Gesicht:)
Die Mitgift, Frätilci», begehr' ich nicht!
(Und verläßt sie zur selbigen Stunde.) m. e.
Die neue Hansa.
U
„Sonderbar!" so sprach Graf Ranitz,
„Mas man alles muß erleben!
In der alten Hansa Seifte
Soll der Handel sich erheben?
Statt die Häfen zu verschließen
Kegen Früchte fremder Saaten,
Soll der Rausmann frei sich rühren.
Wie zur Zeit der Hanseaten?"
And ein gar vernehmlich Murren
Geht durch der Agrarier Runde,
Und sie schütteln ihre Röpfe
Vb der wunderlichen Runde.
„Zagt, was war denn diese Hansa
Linst in ihrer Blüthe Tagen?
War ihr Zweck nicht, die Tribute
Unfern Ahnen zu versagen?
„Mancher Ahn, der an der Straße
Lauerte mit scharfem Schwerte,
Mancher Ahn, der auf dem Meere
Sich von Seeraub redlich nährte,
Kiel der Hansa in die Hände
lind da war sein Loos entschieden -
Mittels eines hanf'nen Seiles
!Sing er ein zum ew'gen Frieden."
Rlinkowström greift unwillkürlich
An den Hals, an die Rravatte.
„Freilich und sogar vor Fürsten
Minderen Respekt sie hatte.
Mancher Rönig mußte weichen ^
Bon dem Throne ohne Gnade —
Wird Ballin, der llngetäufte
Wohl beschreiten solche Pfade?"
Sieh', da weicht die düst're Spannung,
Ls ertönt ein trotzig Lachen.
„Rein, die .Ldelstew und ,Besten'
Lasten sich nicht bange machen.
Sind die Junker nicht die Herren
Unumschränkt im Deutschen Reiche?
Ghne uns die neue Hansa
Ist nur eine Wasserleiche."
Zirnstlerischcs.
Hinz: Haben unsere Minister bei ihren ivelt-
politischen Bestrebungen wirklich noch Zeit, ctivaS
zur Hebung des Handiverks zu thuir?
Kunz: O ja; zun: Beispiel das Hai:dwerk der
Gerichtsvollzieher haben sie niüchtig gehoben.
, K.
An den Rrossberzog von Ressen.
Roheit,-o durchlauchtigster grossberzog,
Ciefbekümmert und voll bitterm Schmerz ooch
Ror’ ich, was schon wieder ist geschehe!
Rassen Sie sich unterthänigst warnen
Uor den Rothen, die Durchlaucht umgarnen
(Dollen, wie Durchlaucht bald werden sehn!
3ede Unterthanenbrust, — verzweifeln
IDuss sie, siebt sie, wie den rothen Ceufeln
wird bofirt dahier in letzter Zeit!
Bei der Sahnenweibe — nur in Ressen
Kann man sich fürwahr so weit vergessen,
Sunktionirte gar die Obrigkeit!!
Roheit sind ja wohl von Rottes gnaden;
Dennoch könnten Roheit einmal laden
Auf Ihr Allerhöchstes Raupt den groll
Eines Ihrer Brüder, Onkel, Dettern.
Sind Durchlaucht gefeit denn vorm Zerschmettern?
fleh, das wünscht Ihr c ,
Raus Cutze von Rosenvoll.
Aedaktionsfchlutz 3. Juli.