Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Der wahre Jakob: illustrierte Zeitschrift für Satire, Humor und Unterhaltung — 18.1901

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.6609#0171
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
3574

Rrieg auf s Messer!

So ist es recht, ihr Herrn auf — itz uttö — rvitz!
Nehmt vom Gesicht die Larve, die es deckte,

Und zeigt der Welt die Fratze, die sie barg,

Denn Tausenden war noch der Staar zu stechen
Und wer ihr wirklich seid, ward von Millionen
Nur halb geahnt, wir danken euch dafür,

Daß ihr uns helft, -er ehrlichen Verbohrtheit
Zu zeigen euch im grellen Tageslicht,
wer unsre edle Junkerkaste kannte,
wer auf den Grund der Seele ihr gesehn
Und nichts als Gier nach Gold auf ihr gefunden,
wie w ir's gethan, der durfte ernstlich glauben,
Lr sei vor Ueberraschungen geschützt
Von eurer Seite. In der Unverschämtheit
war- ihr naiv von je; auf ziemlich Alles
ward man von euch gefaßt seit Langem schon.
Ihr aber wuchst mit euren höhern Zwecken
Und euer Ehrgeiz war's, uns zu beweisen,

Daß wir sogar euch kläglich unterschätzt.

Und es gelang euch! In dem Zolltarif,

Den von dem Volke ihr zu fordern wagt,

Reckt zu phantastisch ungeheurer Größe
Der Dünkel eurer Aaste sich empor
Und offnen Mundes staunen die Millionen
Das Denkmal an, das ihr euch selber setzt,

Und greifen sich betroffen an die Stirn.

's ist ein Stück Arbeit, das die tollsten Träume

In Schatten stellt, ein Stück Delirium
Der Junkerhabsucht und des Junkerwahns,

Der ernstlich glaubt, der Staat sei nur für ihn,
Nur seinetwegen sei das Volk vorhanden.

Sie wollen sehn, was unsres biedern Michels
Lsels- — nicht Lamms- — Geduld sich bieten läßt
Und darum gehen dreist und gottesfürchtig
Sie auf das Ganze! Aber so ist's recht,

Denn aus der Unverschämtheit des Verlangens
wird eine Wucht des Gcgenschlags erwachsen,
Von der sogar der Junkerschädel brummt.

Und ist ein Theil der Massen so entnervt,

Daß er auch jetzt noch nicht zu mucksen wagt
Und in der leeren Tasche nur die Faust
Lin wenig ballt und halblaut Flüche murmelt,
Die — hoffentlich! — der Herr Gendarm nicht hört,
So wird dafür der Arbeit wohlgeschnltes,
Aampffrohes Heer die gier'gen Raubzugspläne
Der Innkersippe bald und scharf befehden
Und gegen sie entfalten seine ganze Araft.

Schon läuft durch unsre eisernen Brigaden
Das Feldgeschrei, und unsre Hceresmacht,

Die den Varziner hat zu Fall gebracht,

Schlägt auch die Unverschämtheit unsrer Junker
Zu Schimpf und Schand, trotz ihrer Alotzigkeit.
Alt ist die Rechnung, die mit euch wir haben
Und diesmal soll's ein Rrieg auf's Messer sein! R. l.

Inhalt der Unterhaltung« -Beilage.

Die Vorbereitung der Handelsverträge. Illustration. —
Die Halme fallen. Gedicht von Clara Müller. — Neue Les-
art. — Frommer, aber aktueller Wunsch. Von M. E. —

Wenn-1 Von Gr. — Puttis Abschied. — Herrgotts

Heustadel. Illustration. — Briefkasten. — Des Götzen Segen.
Illustration.

's Kehsuldad.

Frohes Wiedersehen.

Graf: „Herr Kommerzienrath, wie lange ist's
eigentlich her, daß wir uns die biedere Rechte
geschüttelt haben?"

Kommerzienrath (rechnet still filr sich: viorJahre
in Berlin, drei Jahre an der Bank, sechs Jahre Zuchthaus,
vier Jahre AussichtSrath): „Ja, Herr Graf, das sind
schon an die dreizehn Jahre her."

Derouledes Dankeslied.

UJas seid ibr für Benies doch in Berlin:

Seid heiss bedankt! Nun bab’ ich wieder Crümpfc!
Statt euren Karren aus dem Dreck zu ziebn,

Sabrt ibr ihn immer tiefer in die Sümpfe.

Knallt, ibr Bbampagnerpropfen, kracht, ihr Böller,
Nach Strassburg schicken sie den Herrn v. Koller!

Nur aus ßewobnbeit war man mir noch treu,

Da müsst ihr just den Bock zum Gärtner setzen!
INan kehrt zu mir zurück in Groll und Reu
Und heisst mich den Revanche-Sarras wetzen.

Tn ein paar Monden wird es toll und toller,

Und Blies das verdank' ich Herrn v. Koller!

JTn guten Köpfen ward ihr immer arm,

Da herrschte immer Ueberfluss an Mangel;

Doch grade diesen Mann — dass Bott erbarm! —
Der zeitgemäss wie einst der alte Mangel?

Nim, macht das Blass nur voll und immer voller,
Tel) grüsse Sie im Reichsland, Herr v. Koller!

Crisgi f

Es starb der alte Revolutionär —

Doch keine THränen sließeir aus des Volkes Augen.
Es zuckt die Achseln theilnahmlos und meint:
Ja, einst war er zu brauchen —

Doch wenn er sich nur treu geblieben wär'!

Stirtenrron.

Da sie ihn laufen ließen —

Wann wird er wieder schießen?

All irntr'n mer also Dein Chinesen, den ruDßgctt Gohr,

Die da nach oh in von unde» lesen - so was gonnnd vor!
DerJuwelanfangs schdieg u ffBeeme, wie war'» nier iieckt!
Nu sein wer glicküch Widder heeme un Hann» an Dreck.
Mir ynd es balde schon gedämmert: 's is Alles Rooch!

Die ganze Sache is belämmert — das wor se ooch!
Wenn ich mich uffs Dedalg besinne:

Zoi Schbinne!

Graf waldersec, der alde Gnawe, is fchecne 'raus;

Er gähn, mit seinen Marschallsschdaivc gesund nach Haus.
Doch de Milljohn, die mer verbuffden uff eenen Audsch
von wegen diesen gelben Ichnsden, die sein nn sudsch!
Der Misserfolg uff diblomad'schen Gebiedc groß,

Derbei de Industrie uff Lndfchen, egal was los!

Geen ziveedcn Chinazug, tuet Bruder!

Soi Luder!

Und 's Nehsuldad von den Gebnlchc sreid uns nich sehr:

's gibd eenfach Widder ne Mchdalche sors deidsche Heer.
Der Lorbeer, den mer uns erschdridden, is welk un budd —
Goch dabei Hammer uns geschnidden; der Finger bludd!
wie meroochschdrambeiden un wärchden milhieb unvchdich,
Gb se sich ginfdigvorunsfärchden-dasweeßmernich.
Derbei von Schulden anne hucke!

5oi Ich bucke!

Der Hehler ist fo schlecht wie der Stehler.

Die Direktoren mit schwindelnder Rede —
Das waren die Stehler;

Aber die nickenden Aufsichtsräthe —

Das waren die Hehler!

Der Hakatistenverein hat im Kampfe gegen die
Polengefahr einen erfreulichen Erfolg zu ver-
zeichnen. Es verlautet aus der bekannten sicheren
Quelle, daß das Kgl. Staatsministerium mit dem
Entwurf einer Verordnung beschäftigt ist, wonach
bei öffentlichen und privaten Tanzvergnügen in
den östlichen Provinzen die „Polonaise" verboten
werden soll. Die Herstellung, das Feilhalten
und der Konsum von „Karpfen polnisch" wird
als grober Unfug unter Strafe gestellt und der
im ganzen Reiche bekannten „Polnischen Wirth-
schaft" soll die Konzession entzogen werden.
Hoffentlich geht die Negierung noch einen Schritt
weiter und schafft auch die Ulanen ab, die ja
ebenfalls polnischen Ursprungs sind. Zum min-
desten müssen Czapka, Ulanka und Litewka ver-
schwinden, um einer wahrhaft germanischen
Kriegertracht Platz zu machen. Nur durch ziel-
bewußtes, planmäßiges Vorgehen kann die Ge-
fahr abgewendet werden, daß 57 Millionen
Deutsche durch 2 Millionen Polen erwürgt werden.
Heil, Heil», Wacker!

Zollsrriheit der Leichen.

Sei froh, Staatsbürger, denn es zahlt
Nur Zoll, wer lebt und sich rührt;
Doch zollfrei bleibt, wer steif und tobt
Im Sarge wird transportirt.
 
Annotationen