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Der wahre Jakob: illustrierte Zeitschrift für Satire, Humor und Unterhaltung — 18.1901

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https://doi.org/10.11588/diglit.6609#0253
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3657

die Händler schließen ihre Buden. Auch der
kleine Knabe, der den ganzen Abend an einer
Ecke am Marktplatz stand, drollige Pflaumen-
männchen feilbietend, hat seine Waare verkauft und
ist mit dem Erlös zufrieden. Aber er friert und
hungert, und der Heimweg ist noch so weit.

Aha — da kommt der Mann mit dem gelben
Blechkasten; der verkauft heiße Würstchen. Schnell
hat der Knabe ein Paar erstanden. Dort, an
der Promenade, ragt über die weiß bereiften Ge-

büsche eine Riesengestalt enipor — das Stand-
bild Goethes. Auf der breiten Marmorstufe des
Sockels nimmt der kleine Händler Platz. Er ißt
mit Heißhunger. Dunkle Schatten gleiten über
ihn hin — der Wind bewegt die schneebelasteten
Baummipfel; er trägt auch von der nahen Kirche
die Musik der Christmette herüber . . . leise,
melancholische Klänge. Der Kleine entschlummert,
und er verschläft in dieser Christnacht ein ganzes
mühevolles Proletarierlcben mit Sorgen, Kampf

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und Leiden. Ein Strahl des Mondes bricht
durch die düstern Wolken und beleuchtet voll das
Antlitz Goethes, des unsterblichen Dichters und
Weisen.

Ernst und gleichmüthig schaut er hernieder, als
wolle er die Lehre wiederholen, die er einstens
seinen Zeitgenossen gegeben:

„Sehe Jeder, wie er's treibe.

Sehe Jeder, wo er bleibe.

Und wer steht, daß er nicht falle."

Bonn Kurszettel.

Zeichnung von Edmund Edel.

„Donnerwetter, die Kurse werden immer schlechter! Da müssen wir anfangen, eleganter und flotter zu leben,

um unser» Kredit zu erhalten."
 
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