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Der wahre Jakob: illustrierte Zeitschrift für Satire, Humor und Unterhaltung — 19.1902

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https://doi.org/10.11588/diglit.8186#0034
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Prinzessin Karneval.

Da bin ich wieder, keck und froh bereit
Su Mummenschanz und Scher; und Heiterkeit.

Allüberall und Jedermann bekannt
Durch Schrllenlani und närrisches Gewand.

Im Hofkalender zwar stand nie ich drin,
Und weiß es doch, daß ich Prinzessin bin.

Ich bin geliebt und nicht geduldet nur,

Und Inst und Frohsinn folgen meiner Spur.

Schon manches Thrönlein sank in Schutt und

Staub,

Mein lust'ger Thron fallt keiner Zeit zum

Raub.

Drum nehmt auch heute mich wie sonst stets

auf,

Wenn auch geändert sich der Zeiten Lauf.

Kein zartes Klinglingling euch heute schellt,
Nur rauh und scharf euch'» in die Ohren gellt!

Und statt der milden Pritsche Narrentand
Schwingt eine Geißel zürnend meine Hand.

Statt leichter Klapse, sanft, unschuldiglich,
Theil' heute aus nur Ruthenstreiche ich.

Und fei's darum. Zu viel ergrimmte mich.
Wer mich erzürnt, wohlan, er hüte sich!

Dem Wahn, der Eitelkeit, der Dummheit auch,
Ein Pritschenfchlag, wie es bisher der Brauch.

Doch wo der Hochmuth sich, die Faulheit dehnt,
Wo man v on andrerSchweiß und Elend fröhnt,

Wo frech man selbst der Arinuih spotten mag.
Da sause nieder, Geißel — Schlag um Schlag.

Und nun wohlan! Die Pforten aufgethan.
Zn Mummenschanz und Scherzen kommt

heran!

Trompeten auf! Ertönt mit lautem Schall!
Eröffnet seist du wieder, Karneval! d. r.

Wie die Zeitungen berichten, hat ein gewisser
vr. Honig entdeckt, daß man bei Kranken durch
Anwendung von Kälte auf die Magengegend
Hunger Hervorrufen kann. Diese Entdeckung
scheint mir keineswegs neu. Daß Kälte den
Appetit schärft, kann jetzt z. B. jeder Arbeitslose
bestätigen. Sie alle haben kein Scheit Holz im
Ofen, stets aber einen prächtigen Hunger im
Leibe. k. d.

Lichtstrahlen aus den Werken Stumms.

Wie Schweinburg ankiindigt, werden deinnächst
die gesamnrelten Reden des verewigten Königs
von Saarabien in acht Bänden erscheinen. Dank
der Liebenswürdigkeit des Herausgebers Alexander
Tille sind wir in der Lage, schon jetzt einige
bcmerkenswerthe Zitate aus diesem Monumental-
werk bringen zu können:

„Die Geheimrüthc sind die wahren Triebfedern
der Kultur. Bei den Eingeborenen Zentralafrikas
finden wir keine Geheimräthe, und ohne dieselben
ständen auch mir noch auf der niedrigsten Stufe
der Affenmenschen." (Bd.VII, S. 386, Z. 10 v. o.)

„Das Zuchthaus ist zweifellos die berufene
Stätte, um die Keime von Ordnung, Sitte und
Zucht in die Herzen zu pflanzen — sonst hieße
cs nicht so." (Bd. IV, S. 134, Z. 24 von oben.)

„Die einzig vollmertbige Arbeit leistet der Unter-
nehmer. Letzterer sollte daher anch allein be-
rechtigt sein, den Arbeitslohn einzustecken. Den
Handlangern gebührten bloß einige Nahrungs-
inittel." (Bd. Il, S. 587, Z. 19 von unten.)

„Gegenüber den Sozialdemokraten haben Aus-
nahmegesetze die Regel zu sein." (Bd.VIII,'S. 386.)

„Das ideale Verhältniß zwischen Unternehmer
und Arbeiter ist das patriarchalische — im Sinne
der alten Römer, bei denen der Hausvater die
Macht über Leben und Tod seiner Untergebenen
hatte." (Bd. I, S. 732, Z. 44 von oben.) m. e.

Kunstgeschichte.

Die Künstler des alten Griechenlandes und der
italienischen Renaissance zeichnen sich vor den
Anhängern der sogenannten modernen Richtung
hauptsächlich dadurch aus, daß sie nie zu der
Reklame, wie sie jetzt durch die Presse vielfach
geübt wird, gegriffen haben. Von Raffael ist es
z. B. bekannt, daß er jeden journalistischen Inter-
viewer, der ihn zu besuchen wagte, eigenhändig
hinauswarf, und Phidias hat sich stets geärgert,
wenn Reklamenotizcn über seine Schöpfungen im
athenischen Lokalanzeiger erschienen waren, j. s.

Der Abgeordnete Müller-Sagan hat sich über
die mangelhafte Beköstigung in der Reichstags-
restauration beschwert, wo das Mittagessen nur
eine Mark kostet. Mich wundert, daß in dieser
wichtigen Frage von Seiten der Negierung nicht
längst etwas geschehen ist. Sie könnte z. B.
durch Gewährung von Diäten dazu beitragen,
daß jeder Abgeordnete sein gutgebratenes Huhn
auf dem Tische hat und nicht auf die kümmerliche
Nahrung im Reichstagsrestaurant angewiesen ist.
Ein schlecht genährter Volksvertreter wird stets
auch schlecht gelaunt sein und der Regierung
seinen Groll fühlen lassen. Der Gang der Welt-
geschichte wird in der Hauptsache durch materielle
Interessen bedingt; wie kann ein Abgeordneter
gute Weltgeschichte machen, wenn er schlechtes
Essen bekommt? k. d.

Lrlebnitz eines Arbeitslosen.

Ich ging auf der Straße
So für mich hin.

Und nichts zu suchen,

Das war mein Sinn.

Auf einmal faßt mich Liner am Uragen
Und giebt mir einen Stotz in den Magen,

Ich denke, der Uerl will mich ermorden,

And schreie: ,,Sie sind wohl verrückt geworden?
So etwas ist ja noch bunter wie bunter!"

— Ulatsch! Da haut er mir eine 'runter.

Na, ich bin aufs Gericht gegangen

Und habe einen Prozeß angefangen.

Nach einem Jahre war schon der Termin,

Zu dem auch mein Gegner pünktlich erschien.

Gb er gehörig bestraft worden ist?

— Unsinn!! — er war ja ein Polizist! K. E.

Nus dem Reichstag.

Da Graf Bülow „diesen Kerls" die Diäten
nunmehr rundweg verweigert hat und der Be-
trag von 0,00 Pfennig pro Tag zum Unterhalt
in dem theuren Berlin absolut nicht reicht, soll
der partielle Streik, in welchem sich der Reichstag
seit Jahren befindet, zu einem Generalstreik
erweitert werden. Vor Zuzug wird gewarnt!
Unterstützungen sind an den Seniorenkonvent zu
senden, der dafür einen Freitisch im Reichstags-
restaurant eiurichten will. m. k.

Türkisches.

„Jetzt macht' ich nur wissen, warum mein Volk lacht."
 
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