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Der wahre Jakob: illustrierte Zeitschrift für Satire, Humor und Unterhaltung — 19.1902

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https://doi.org/10.11588/diglit.8186#0064
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3720

@7<ss Oer Reiseprinz. ms>

Ls sass vor grauen Leiten
Lin Ikönig aut dem Thron.

Der sprach zu seinem zweiten
Stammhalter einst: „/Dein Sohn!
Sieb! Gross sind meine Lande,
poch grösser ist die Melt,

And zahllos sind die Lande,
Dran sieb der Frieden hält.

Ach bin nun alt — muss sterben,
And geb' an euch zurück,

Ahr Söhne mein und Lrben,

Ae einen „Friedensstrick".

Den möget nie im Leben
Abr lassen aus der Dand.

An diesen Stricken schweben
Volk, Deer und Vaterland.

Dein Bruder soll erhalten
Als Strick der Väter IlleLcb.

Die Alleisbeit, drin zu walten»
Lrbt er von mir zugleich.

Dir aber binterlass' ich,

Mell du so lieb mir bist,

Den Ikotter, gross und massig,
Den du dort stehen siebst.

Inhalt der Unterhaltungs-Beilage.

Aufsichtsrathssitzung. Illustration. — Wilhelm Liebknecht.
Von Clara Müller. — Zur Einweihung des Grabdenkmals.
Bon E. Nosenow. — Wilhelm Liebknechts Grabdenkmal auf
dem Zentral-Friedhof in Friedrichsfelde bei Berlin. Aus-
geführt von Heinrich May, Bildhauer in Dresden. — Stoß-
seufzer. Illustration.

Inhalt der zweiten Beilage: Die Feldhüter. Illu-
stration. — Die vier Kanzler. Von R. L. — Aus der Ball-
chronik. Von Ri. — Eine Kleinigkeit. Von Uno. — Be-
rechtigte Frage. Illustration.

Die Frauen.

. (§ret nach Schiller).

Lhret die Krauen, die wirken und weben.

Nicht nur im traulichen, häuslichen Leben,
Auch in Versammlungen lebhaft und laut;

Die von Baikonen und von Valerien,

Wenn ihre Männer sich heiser geschrien.
Kreudig hinunter gehorcht und geschaut!

Kreilich nur dem biedern Landwirth
Källt solch Vorzug in den Schoß,

Denn beim vierten, niedern Stand wird
Die Gefahr gleich mächtig groß.

Nimmer darf mit der „Genossin"

Der „Genosse" in den Saal.

Selbst die brave Tante vossin
Sähe darin nur Skandal!

Daher auch frohlockt das Herz des Agrariers —
Richtiger hieß es: des Mastproletariers! —
Nickt eine liebende Gattin ihm zu.

Wenn er energisch und feurig gesprochen.

Daß ihm die Roth zehr' das Mark aus den Rnochen.
Steigt nicht der Zoll um zehn Märker im N»!

Andre Krau'n sind nicht „geeignet".

Nur wenn sich im Zirkus Busch
Lin Protestmeeting ereignet,

Ziehn sie ein mit Gruß und Tusch;

Andre Krauen schickt geschwind heim
Die gerechte Polizei,

Und es bleibt der Herr von Mndheim
Auch in Zukunft stets dabei:

And wenn es deinem weisen
Gebieter so gefällt»

Sollst du damit durchreisen
Die ganze grosse Melt.

/Dusst du den Ikokker packen
— Dies ist mein letzt Gebet —
Dann bett' au deine Dacken
Das Glück sich trüb und spät."

Derlkönig spracb's. Dann schied er,
And eine Leit brach an,

Davon noch terne Lieder
Berichten dann und wann.

Ls trieb den jungen Prinzen
/Pit seinem Ikotter tort,

Durch Länder und Provinzen»
Von Grt und Grt zu Grt.

Lr war mit seinem Ikotter,

Mo man ein Fest nur tand,

Gb auch von Scbweiss ott troff er,
Stets erster Gratulant.
Betreundeter Familien
Mar zart er eingedenk.

Bald bracbt er schlanke Lilien»
Bald perlen zum Geschenk.

Lhret die Krauen —• die Krauen vom Bunde,
Wenn sie sich schaaren in lieblicher Runde
Um die Tribüne des Redners herum;

Aber sozialdemokratische Krauen
Dürfen nicht hören und dürfen nicht schauen!
Ist dieses Motto nicht wahrhaftig klug! M. E.

Aus der Zolltarif-Kommission.

Bei der Position „Mammgrütze" beantragte der
Abgeordnete Stadthagen, den Zollsatz ans der
bisherigen Höhe zu erhalten, da in einem Jahre
nenn Doppelzentner Mannagrütze eingeführt wor-
den sind und nian sich durch eine Zollerhöhung
nur lächerlich machen würde.

Trotzdem wurde der Satz der Vorlage, 1,50 Mk.
statt bisher 1 Mk., angenommen und hierdurch
die Zolleinnahme um 4,50 Mk. jährlich erhöht!

Es fragt sich nun, auf welche Weise man den
neuen Verinögenszuwachs des Deutschen Reiches
am besten anlegen könnte. Wie verlautet, ist die
Regierung noch unschlüssig darüber, ob sie die Ge-
sammteinnahme aus dieser Position dem preußi-
schen Volksschullehrerstande oder dem Jnvaliden-
fonds zumcnden solle. Wahrscheinlich wird eine
Auftheilung zu gleichen Hälften erfolgen, m. e.

Deutsches Ostereier-Suchen 1902.

„Kinder", sprach mit lautem Munde, — Daß es
jedes hören kunnte, — Froh Mama Germania, —
„Ostern ist mal wieder da, — Ostern, jenes schöne
Fest, — Da Mama euch die bekannten — Bunten
und nach ihm benannten — Ostereier suchen läßt. —
Diesmal auch in allen Ecken — That sie solche
euch verstecken. — Wie an Farbe und Gestalt —
Auch an Herkunft mannigfalt. — Eier, die ge-
zwungen legt, — Aber lächelnd, unentwegt — Der
bekannte ,Vogel Bülow', — Alias »Weihrauch',
»Schulz von Milo'. — Doch daß ich ein Ende
finde, — Sucht mir Kinder nun geschwinde, —
Und entdecket ihr ein Ei, — Bringt es schleunigst
mir herbei, — Daß Mama euch auch belehre, —

Mle fern auch wellen mocbt’ er,
Abin war kein Meg zu wett,
Menn eine Ikönigstocbter
Getauft ward oder freit!

Dnreb alle /ponarcbleen,

Durcb jede Illepublik
Tbat er den Ikotter zieben,

Des Vaters „Frtedensstrick".

So war er auf des Landes
Moblfabrt und Deil bedacbt,
And mancher /Dann empfand es
Als Beispiel, wie er's macht!
And batte wer Geschäfte
Da draussen in der Melt»

Der engagirte Ikräfte,

Gab ihnen Illeisegeld.

Die Illeiseonkels zieben
pocb beute her, zurück,

Durch alle /ponarcbleen,

Durch jede Illepnblik.

And manche Spur bezeichnet
Die /pär vom Meiseprinz.

Doch, - wann sie sieb ereignet?
G! alte Leiten sind's! *tkf, «m.

Sinn und Ursprung euch erkläre." — Kaum noch
war Verhallt ihr Wort, — Waren schon die Kinder
fort; — Und nach der Minuten drei — Brachten
sie das erste Ei. — Frau Germania dachte nach —
Und bedeutsam dann sie sprach: — „Seh' in Lettern
stramm und grade — »Ostasiatische Brigade' — Ich
hier stehn, so sag' ich frei, — Dieses ist ein Drachen-
ei, — Aus dem Lande unsrer Wonne, — Unserm
Plätzchen an der Sonne, — Das, damit ihr alles
wißt, — Halb schon ausgebrütet ist. — Ich be-
weis cs." Knacks. O je! — Tausend Helme,
Arme, Beine — Und herausspazieret eine — Ganze
Kolonialarmce. — Und nach der Minuten drei —
Brachten sie das zweite Ei. — Frau Germania
dachte nach — Und bedeutsam dann sie sprach: —
„Ah, grün-weiß ein Kuckucksei, — Und geschrieben
ist dabei, — Wie ihr klar und deutlich lest, —
»Aus dem sächsischen Landtagsnest. — Erst zum
Glück euch, nun zur Qual, — Bin ich die Drei-
klasscnwahl.' — Dieses dritte, Kinder, wißt, —
Bon 'ner Friedenstaube ist, — Die in ihrem Nest
im Haag — Lange drüber brütend lag. — Trotz
Gegurre und Geschrei, — Blieb cs nur ein
»wind'ges' Ei. — Nun ein Viertes? »Goethebund' —
Lesi ich auf dem weißen Grund. — Da auch nicht
ein Schimmer Lichts — Dringt hindurch, so taugt
es nichts. — Hier ein fünftes, draus steht »Lieber'. —
Dieses scheint mir fast noch trüber. — Einer fried-
lich-frommen Taube — Auch entstammt es, wie ich
glaube. — Krach! und weh, schon füllt die Luft
Fauler Schwefclwasserduft. — Fort! Bei solcher
Penetranz — (Siebt es keine Toleranz." — Doch
inzwischen balgen Zwei — Wild sich um ein
Gummi-Ei. — »Zolltarif' benennt es sich — Und
der böse Diederich — Bläst es auf, da! krach,
entzwei — Platzt das schöne Gummi-Ei. —
„Schluß!" in großem Aerger da, — Sprach Mama
Germania. — „Für solch ungezogne Schreier —
Sind zu kostbar meine Eier; — Ob sich auch noch
manches fände, — Das ich euch erklären könnte, —
Wie zum Beispiel das bekannte — Ei, wie solches
oft verwandte — Schon das Zentrum voller Glanz —■
Zum berühmten Eiertanz, — Oder die mit viel
Hurrah — Drüben in Amerika — Jüngst bei der
Verbrüd'rungsfeier — Frisch gelegten Freundschafts-
Eier. — Doch zur Strafe ist nach diesen, —
Falls zerknaxt sie aus nicht fließen, — Nun erst
große Sncherei — Ostern 1903!" d. r.
 
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