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Der wahre Jakob: illustrierte Zeitschrift für Satire, Humor und Unterhaltung — 19.1902

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https://doi.org/10.11588/diglit.8186#0084
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3740

-NW Durch Nacht zum Ucht.

Docb liegt die Melt in ttetem Traum,
lNocb liegt die Oacbt aut Werg und Kaum;
Tdauscbvver aut Gras und Wüschen liegt's,
Docb sieb! Zm Osten leuchtend tliegt's!
Die Nacht vergebt, der Schatten vvetcbt,
And immer heller. klarer steigt
Der Tag berank! Mie ein Fanal
Sebiesst ank zum Firmament ein Strahl»
Tind tausend andre folgen draut:

Die Sonn' gebt aut!

Tlnd wie sie steigt in Lbrer Pracht,

Sind Scball und Farben rings erwacbt!

Der Wlumen Glanz, der Mieseil Grün,

Tind bocb am Dimmel Molken ziebn
Gleicb Segeln vveiss aut blauer See;

Ans Maldesschatten tritt das Neh;

Süss lockend tönt vom Wlütbenzweig
Der Amsel Nut so sebnsucbtswetcb,

Tind jubelnd grüsst der Lerche Seblag
Den /Datentag!

O /Daientag! O iDorgenglutb!

Du weckst im Derzen troben tDntb!

Deut' ist der Arbeit Freudentest,

Mozn sie Alle laden lässt!

Die Arbeit, die sonst trüb und spät
Verkannt von Tbür zu Tbüre gebt,

Mie glänzt ibr Auge beut' so klar!

Mie blitzt die Ikron' im goldnen Daar
Der stolzen Königin der Melt,

Die Alles bält!

Sie winkt — und trendig drängt's beran;
Ahr Volk, das stellt sieb /Dann tür /Dann!
Zbr Volk bat wundertrtscben /Dutb,

Den Mumenstrauss an Brust und Dut,

Das Derz voll Lust — die Faust voll Ilrratt
Schwingt bocb empor des Banners Scbatt!
So drängt beran sicb's mit Gesang,

Tind jubelnd braust's den Maid entlang
Tind strablt ans jedem Angesicht:

Durch Nacht zum Liebt! Kan 3i

Inhalt der Unterhaltung;; -Beilage.

Das Lied vom Mai. Von Clara Müller. — Aus hohen
Befehl. Von D. R. — In die weite Welt. Illustration. —
Der Zukunft entgegen. Von Heinrich Berg. — Briefe moderner
Dunkelmänner. — Das Auge des Gesetzes. Illustration. —
Furcht. Illustration. — Gedanken über einen Fünfmarkschein.
Von K. D. — Die Pilgerfahrt. Illustration. — Frühlings-
abend. Von v. d. Pleiße. — Blaues Blut. Illustration. —
Vision eines Philosophen. Illustration. — Der Kriegerverein.
Illustration. — Schlimme Zeiten. Von Quidam. — Die rothe
Fahne. Illustration. — Nachahmensmerth. Von J. S. — Vier
Bilder aus dem Leben des spanischen Königs. Illustration. —
Der deutsche Michel und sein Beschützer. Illustration.

Inhalt der zweiten Beilage. Lieber f. Von Uno.—
Aus der „interessanten" Gegenwart. Illustration. — Aus der
„langweiligen" Zukunft. Illustration. — Der unbequeme
Leibesumfang. Illustration.

Crril Nljvdes f

Herr Rhodos starb und mit großem Gepränge
Barg man drn Leib in des Grabes Enge.
Dir Seele aber stieg empor
Und flog dirrk! zum Himmrlslhor.

Nun halle grad am Abend vorher
Der heilige Petrus rin Näufchlrin schwer
Und drob in seinem Dusel vergessen
Fein abznschlirßrn, wir angemessen.

Sv fand Wister Rhodes zu seinem Plästr
Sperrangelweit offen dir himmlische Thür,
Cr trat hinein ganz ungrnirl
And hal sich bald bequem plaxirt.
Inzwischen war Sankt Peter erwacht
Und sah alsbald, was er gemacht.

„Heda!" sing laut er an zu schrein,

„Was willst Du hier, wie kamst Du herein:
Wer sich hier einschleicht, ist des Todes!"
Dvch Jener spricht floh: „Ich heiße Rhodes!
Der König.von Südafrika,

Der ungekrönte, der bin ich ja,

Der Stolz meines edlen Vaterlands —
Weil leuchtet meines Ruhmes Glan;!

Auch bin ich rin frommer Christ nebenher
Und hundertfacher Millionär!"

„So!" ruft da Petrus voller Wuth,

„Der Rhodes bist Du? Das ist gut!

Du also bist der Kerl, der mir
So viel Geschäst macht an der Thür!

Muß Tag und Dacht nur springen und lausen,
Um rin;ulassen in gan;eu Hausen,

Die armen Seelen, die Du geschlachtet,

Die Einlaß erbitten hier verschmachtet.

Du kommst mir recht, Du Er;kujon,

Pack Dich ;um Teufel und ;irh davon!"
Herr Rhvdrs leistet Widerstand,

Da packt ihn Sankt Peter mit fester Hand
Und wirft ihn hinaus; in weitem Vogen
Ist grad er vor'« Höllenthor geflogen.

Der Satan empfing ihn mit grinsendrnZügrn:
„Mit wem, mein Herr, Hab ich das Vergnügen?"
„Ich bin hier nicht an der richtigen Stelle,
Mein Name ist Rhodes, ich will nicht;ur Hölle;
Drin, nach dem Himmel steht mein Sinn,
Wo ich unter meines Gleichen bin."

Da ist der Satan mit glühenden Krallen
Sogleich um den Hals Herrn Rhodes gefallen:
„Du bist'«, mein Freund, v das ist schön!
Mich freut'« unendlich, Dich hier ;u sehn.
Dun kann ich endlich nirinen heißen
Aufrichtigen Dank Dir, Verehrter, beweisen.
Von tiefster Dankbarkeit bin ich entbrannt,
Du hast mir so viele Seelen gesandt.

Nun bleibst Du bei mir, hier ist's grnüilhlich,
Ich thnr Dir gan; besonders gütlich.

Du findest hier rin behagliches Nest
Mit allem Kvmfvrt und tausend Reizen;
Kriegst einen Ofen aus Asbest,

Ich werde selber ihn täglich Heizen.

Auch triffst Du hier, mein lieber Mann,
Die allerbeste Gesellschast an:

Alle Arten von Potentaten,

Generäle und Diplomaten,

Aufsichtsräthe und Präsidenten,

Päpste und Superinlrndentrn,

Protzen von allen erdenklichen Sorten,
Ritter von allen möglichen Orden.

Kurzum, Du bist hier aufgehoben
Viel besser, als im Himmel droben,

Und wirst — drauf geh' eine Wette ich rin —
Bald eine Zierde der Hölle sein." Fiiucms.

Demonstration.

Das Haager Schiedsgericht hat beschlossen, am
ersten Mai, mie an allen anderen Tagen, seine
Arbeiten fortzuführcn.

Die Hauptsache.

Ein hoher Schulbeamter kommt in ein ost-
preußisches Dorf und wohnt einer Unterrichts-
stunde bei. Mehrere Fragen, die er selbst stellt,
werden in höchst mangelhafter Weise beantwortet,
weshalb sich der Inspektor ungehalten an den
Lehrer wendet:

„Herr Meier, das sind ja geradezu elende Er-
folge ... was haben Sie denn zum Kuckuck für
Ihr Geld geleistet?!"

Herr Meier: „Q bitte, ich war nicht müßig;
ich habe im letzten Monat zwanzig Abonnenten
für das Kreisblatt gesammelt, auch habe ich drei
Mark an die konservative Partcikasse abgcliefert!"

Der Herr Inspektor: „Pardon, dann ist's
schon recht, ich bin sehr zufrieden mit Ihnen xmb
werde Sie in meinem Bericht lobend erwähnen!"

M. E.

Wer satt geworden ist, schimpft am meisten
über, den Hungrigen.

Wer die Schönheit nicht vertragen kann, schlägt
sie mit der Moral tobt.

Gar mancher Künstler war nur so lange reich,
als er in den Hütten der Armen einkehrte.

Den meisten Schutz genießen Diejenigen, die
eigentlich gar keines Schutzes bedürften.

Das Wesen der Diplomatie: auf der Zunge
haben sie die Liebe, im Herzen haben sie den Haß!

Es ist doch sehr bezeichnend, daß gerade die
selbstsüchtigsten Menschen am meisten für die
Nächstenliebe schwärmen: nämlich für die Nächsten-
liebe der Anderen!

Gefürchtet sein wollen und doch geliebt: das
ist ei» thörichtes Verlangen. Scotus.
 
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