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Der wahre Jakob: illustrierte Zeitschrift für Satire, Humor und Unterhaltung — 19.1902

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https://doi.org/10.11588/diglit.8186#0184
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3841

Des Zentrums Frrgrnblstk.

„Und als sic sahen, daß sie nackt waren, da nahmen sie ein Feigen-
blatt vor ihre Blöße, denn sie schämten sich."

HudelspAhne. DB-v-

Schon zeigt in der Ferne sich die Wahl,

Das macht den großen Herren Qnal.

Dein armen Mann, den sie sonst bütteln
Müssen sie freundlich die Hände schütteln.

Sie sprechen, ivird's ihnen auch noch so sauer,
Vom „Bruder Arbeiter", „Bruder Bauer".
Doch diese Zeit verstreicht sehr schnell,

Dann — gerbt man wieder beiden das Fell.

Die Theilnchnier des Düsseldorfer Schmimm-
Paradcmarschcs sind mit Hofämtern betraut
worden, da sie gezeigt haben, daß sic sich tadel-
los auf den« Bauche fortbeivegen können.

Im Deutschen Reiche läßt es sich Und will man uns dazu auch noch
Wohl ganz gemüthlich wohnen! Das Brot und Fleisch verthenern.
Wir haben nur ein Defizit So machen mir das ivicder wett

Von fünfzig Millionen. Und zahlen neue Steuern.

Im Bremer Gefängniß wurde das Flechten von Papierkörbcn als
angemessene Beschäftigung für sozialdemokratische Redakteure betrachtet.

Wem'— ob lebendig, ob von Stein —

Ein nackter Bub' nicht rein ist.

Der stellt sich nur das Zeugniß aus
Damit, daß er ein Schwein ist.

Die Erde soll ein Vorgeschmack des Himmels sein. Daher mag cs
kommen, daß schon so Viele hier unten nichts zu essen haben.

Ihr getreuer Säge, Schreiner.

Bayerische Ministerg'stanzeln.

A Fahl dös voll is

Zrvoa Kreind, dö net san schmollis,

A Minister, der von selber geht.

Dös alles giebt's in Bayern net.

Holdrio!

A Kellnerin, die koa Bier net mag.

An Metzger, der giebt koa Zuwag,

An Minister, der net tanzt nach der Pfeifa von

Preiß'n,

Dös thät ma in Bayern a Wunder heiß'n.
Holdrio!

An Pfaffen, der koane Knödl ißt.

An Demokraten, der koane Prinzen grüßt.

An Minister, der net von Wohlwoll'n r d't.
Dös find't ma in Bayern a g'wiß net.

Holdrio! mir.

Nicolaus: Professor Schenk ist nun todt und kann Dir
nicht mehr selbst helfen. Aber hier ist sein Buch. B-folg-
seine Vorschriften gut, — sonst müssen wir gleich wieder von
Neuem beginnen!

Zeitgemäße Liebrswerbung.

Assessor: Mein Fräulein, ich liebe Sie un-
aussprechlich! Darf ich Sie fragen, in welchein
Militärverhältniß Ihr Herr Vater gestanden hat?

Lieber Jacob!

Ick habe in meine Fainilie villen Aerjer schabt,
'n Schutzmann hat doch neilich eene feine Dame
verhaften wollen, weil er ihr for 'ne steckbrieflich
verfolgte Dirne schalten hätte. In beit Steckbrief
stand nämlich drin, det det Frauenzimmer „unauf-
fällig jekleidct" singe un sich „anständig" zu be-
nehmen pflege. Det paßte ooch uff die Dame. Ick
war ittt in Sorge, det meine Tochter Rieke 'n ähn-
lichet Maleer znstoßen kenne, un um mir nachher
kcene väterliche Vorwirfe nich machen zu missen,
sab ick det Mächen den jroßen rothen Rejenschirm,
den ick von meine selije Jroßmutter jeerbt habe,
un eenen ollen injetriebenen Cylinder ans meine
joldene Jugendzeit, un sagte zu ihr: „Mit diese
Jejenstände jeschmickt bejibbst De Dir von nn an
uff de Straße, damit De for det Auge der Pollezci
uffällig jcnug bekleidet erscheinst. Im Jbrijen is
nischt nich zu bcfirchten, denn unanständig benimmst
De Dir so wie so." Jloobst Du, det die Jöhrc mir
jehorcht hat? Se fing vielmehr an zu heulen un
schrie nach Muttern, un die jab ihr naticrlich
recht, nn ick mußte mit meine väterliche Fiersorge
beschämt von dannen zieh». So'n Dank erntet
man von seine Kinder. Un de Pollezei is schließ-
lich daran schuld.

Jberhaupt de Pollezei! In Lüneburg hat se
wejeu die unjinstige wirthschaftliche Verhältnisse
det Arbeetersängerfest verboten. In Berlin haben
wir et nn ooch nich sehr dicke, un de reichste Leite sin
jetzt außerdein jrade fast alle in't Kittchen jespund't
— oberst trotz diese unjinstige wirthschaftliche
Verhältnisse erlaubte de Pollezei bei uns den kost-
spielijen Jnzug von den italienschen Keenig mit
allen Fchz un Klimbim drumrum. Ick war
neilich unner de Linden un sah mir de Aus-

schmickungen an. Et war wirklich jroßartig, jc-
schmackvoll un jediejen. De Viktoria oben ufs't
Brandeuburjer Thor haben se det Hemde jewascheu
nn de Seilen drunter feinstens mit Joldbronze
bepinselt. De Verjoldung is joldecht, wie die dazu
jeheerije patriotische Bejeisternng, un hält länger
wie acht Dage uff Jarantie, wenn't inzivischen
nicht rejent.

Ick ivar nn von die Besichtijnng 'n biskcn
miede jeworden, nn wollte mir uff eeue von die
nei uffjestellte Ruhebänke niederlassen — bums,
jibbt det Aas nach, un ick kisse mit mein Hinter-
theil det Erdreich. Wie ick mir eben uffrappeln
un anfangen will zu schimpfen, kommt ooch schonst
een Schutzjeist aujeschwebt un kriegt mir bei'n
Kragen. Die Bänke wären nich fier't Sitzen
injericht't, un ick hätte wissen missen, det de Becne
bloß von verjold'ten Jips sin, un so. Wie ick
nu in't Jefiehl von meine Unschuld uff de Rcvier-
wache jeschleppt werde, ieberleje ick mir, for
wem woll diese Ruhebänke uffjestellt sind, die
unter solide kerperliche Jesäßtheile Weichlings zu-
sammenbrechen. Da fiel mir uff eenmal in, det
wir ja in't Zeitalter van Spiritismus, leibliche
Himmelfahrten, Jeisterbcschwernnge» un Uff-
erstehungen leben. Die ieberirdische Bänke mit die
joldene Jipsbeene — sagte ick mir — werden
wahrscheinlich fier die Jespenster von de abjc-
schiedene Berliner Honoratioren bestimmt sind.
De verstorbene Oberbonzcn von de olle birjcrlichc
Demokratie sollten hier Platz nehmen un die jroß-
artigen Empfangsfeierlichkeiten bewundern. Da
konnten se sich denn jleich perseenlich überzeijen,
wat ihre liberale Nachkommen heile for 'ne jlauz-
volle Stellung innehmen. Un wenn se Lnngcr-
hansen mit Jacoüi'n Arm in Arm jcseheu haben,
nn Kirschner'n mit 'n janz krummen Buckel un
'n jroßen Ordensstern vor'n Bauch, deun is bei
die olle Achtunvierzijer sicher keen Ooge nich
brocken jeblieben.

Womit ick verbleibe mit ville Jrieße Dein je-
treicr Jotthilf Rauke,

an'n Jörlitzer Bahnhof, jleich links.

wir ersuchen die 1'arlcigenossen, eine recht Uräfttge Hgitalion für den wahren Jacob zu entfalten. J/'Syr’
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