<s^ Zweite Beilage zum wahren Jacob Nr. izz. LT
In Lachsen wurde eine Versammlung aufgelöst, weil es den überwachenden Gendarmen an den Beinen fror. Um solche, die Sicherheit
des Staates erheblich gefährdende Vorkommnisse für die Zukunft zu verhüten, werden im kommenden Winter in den dortigen Versammlungen
die geeigneten Vorsichtsmaßregeln getroffen werden.
Äer Kleine Boö in der Westentasche.
Ein Anstands- und Sittenbüchlein für das deutsche Volk.
Die Verlagsbuchhandlung Kurt vom Mist-
haufen & Co. übersendet uns die folgende Buch-
händlernotiz zur redaktionellen Verwerthung:
Die strebsame Verlagsbuchhandlung Kurt vom
Misthaufen & Co. hat nach vielen glänzenden
Erfolgen auf dem Gebiet der Kunstdüngring rnrd
Müllvermerthung sich auch der Sittenverfeinerung
des Volkes in wohlwollender Weise angenommen.
Vergeblich haben seit Jahrzehnten die Stellver-
treter Gottes in den Wachtstuben und auf den
Kasernenhöfen, sich bemüht, dem Volke in Waffen
durch Beispiel und Lehre den wahren Anstand
und den richtigen Ton beizubringen. Viel zu
selten drangen diese Herzensergüsse seingcstimmter
Seelen über die Kasernenmauern hinaus.
Ein Anstands- und Sittenkodex des Volkes
war in Deutschland somit ein dringendes Be-
dürfniß geworden.
Es ist dem Verlag gelungen, eine Anzahl der
geeignetsten Federn für die Bearbeitung dieses
Werkes zu gewinnen. Wir nennen nur von den
Edelsten der Nation die Namen Podbielski und
Nheinbabcn.
Lange hat der Verlag geschwankt, ob er den
einen oder den anderen dieser leuchtenden Namen
wählen sollte, um seinem Anstandsbüchlcin einen
würdigen Taufpathen mit auf den Büchermarkt
zu geben, ob er es „den kleinen Pod" oder „das
kleine Rheinbäbelchen in der Westentasche" be-
titeln sollte. Schließlich gab für den „kleinen
Pod" den Ausschlag, daß die Rheinbabenschen
Anstandslchren, so mustergiltig sie in ihrer glatten
Gelecktheit sind, sich bisher doch nur auf eine
beschränkte Auswahl von einigen der wichtigsten
Anstandsbethütigungen, wie die richtige Oelung
und Scheitelung des Haupthaars und die standes-
gemäße Auswahl der Ehegattin beschränken,
während Podbielskis Reden wie eine unablässig
sprudelnde Quelle Musterleistungen des feinsten
Hoftons in allen Lebenslagen liefern. Das ent-
schied für den „kleinen Pod".
Nur einige Perlen dieses Hausschatzes mögen
hier Platz finden:
„Umgangston. Alles kommt dabei darauf
an, mit wem du redest. Fragt dich ein Vor-
gesetzter, ob bu einen Posten annehmen würdest,
von dein du aus irgend einem Grunde Nach-
theile für deine Carriere befürchtest, so erwiderst
du mit freudiger Ueberraschung: .Euer Hoch-
wohlgeboren, oder Ew. Exzellenz, oder Euer
Durchlaucht oder dergleichen, machen mich zum
Glücklichsten der Sterblichen, daß Sie die Gnade
haben, mir die Qualifikation für dieses wichtige
Amt zuzutrauen, aber gestatten Eure rc>, daß
ich es wage, Eure re. auf meinen Mangel an
Fähigkeit zur Uebernahnie gerade dieses Amtes
ergebenst aufmerksam zu machen. Besäße ich die
überwältigende Fülle von Talenten für alle Be-
rufe, durch deren unablässige Bethätigung Eure re.
die Mitwelt iu freudiges Erstaunen zu versetzen
die Gnade habe», so würde ich auch diesen Posten,
wie die verschiedenen, die ich schon ausgefüllt
habe, mit innigstem Danke zu übernchnien mir
getrauen, so aber muß ich unterthänigst bitten,
im Interesse unseres Vaterlandes eine für diesen
Posten besser qualifizirte Kraft auszusuchen, was
ja Eure re. bei Eurer rc. bewährtem Adlerblick,
der Eure re. vor allen Mitmenschen auszeichnet,
ein Leichtes sein wird?
Stellt dir aber Jemand, von dessen Gunst
oder Ungunst du weder etwas zu hoffen noch
zu fürchten hast, die nämliche Frage, so weisest
du jovial den Gedanken zurück mit den Worten:
,Jck werr' mir doch nich mit dem Lauseding vor
den Bauch stoßen lassen?
Versteigt sich gar ein Untergebener dir gegen-
über zu der nämlichen Andeutung, so kannst du
so etwas wie ,Schweineviech' einfließen lassen,
denn ans Unterthanenseelcn wirkt eine derartige
herablassende Vertraulichkeit wohlthuend und
wird dir als Leutseligkeit und Bonhonnuie
rühmend angerechnet.
Auswahl der'Lebensgefährtin. Latz dich
nicht von sogenannter ,Liebe' verleiten. Das ist
eine alberne Erfindung der Romanschreiber. Vor
Allem spüre dem Stande und den Familien-
beziehungen deiner Schwiegereltern nach. Nur
wenn sie mehrfache Millionäre sind, ist das nicht
nöthig. Die schwiegerväterliche Hand, die dir
eine Mitgift von Millionen verschreibt, kann das
Zuchthaus gestreift haben. Sonst aber darf der
Schwiegervater erst mit dem Leutnant oder dem
Rathe vierter Klasse anfangen. Feldwebel oder
Subalternbeamter giebt ein unsittliches Ver-
wandtschaftsverhältniß. Sollten Seitenverwandte
der Auserkorenen ins Kaninchenhafte ansarten,
so muß auch das ein Ehehinderungsgrund für
dich sein. Nur Vettern und Basen mit unver-
fälschtem alldeutschem Hasenherzen in der Brust
sichern dich vor Benachteiligung deiner Carriere.
Befolgst du diese Rathschläge bei Wahl deiner
Ehegattin, so wird es dir wohlgehen und du
wirst Carriere machen auf Erden."
Diese Beispiele genügen schon, um zu zeigen,
was für eine vortreffliche, bei der Erziehung der
Heranwachsenden Generation geradezu unentbehr-
liche Gabe den deutschen Familien in dem „kleinen
Pod" geboten wird.
Zweite Beilage zum „wahren Iacob" Nr. \22 20. 1902.
In Lachsen wurde eine Versammlung aufgelöst, weil es den überwachenden Gendarmen an den Beinen fror. Um solche, die Sicherheit
des Staates erheblich gefährdende Vorkommnisse für die Zukunft zu verhüten, werden im kommenden Winter in den dortigen Versammlungen
die geeigneten Vorsichtsmaßregeln getroffen werden.
Äer Kleine Boö in der Westentasche.
Ein Anstands- und Sittenbüchlein für das deutsche Volk.
Die Verlagsbuchhandlung Kurt vom Mist-
haufen & Co. übersendet uns die folgende Buch-
händlernotiz zur redaktionellen Verwerthung:
Die strebsame Verlagsbuchhandlung Kurt vom
Misthaufen & Co. hat nach vielen glänzenden
Erfolgen auf dem Gebiet der Kunstdüngring rnrd
Müllvermerthung sich auch der Sittenverfeinerung
des Volkes in wohlwollender Weise angenommen.
Vergeblich haben seit Jahrzehnten die Stellver-
treter Gottes in den Wachtstuben und auf den
Kasernenhöfen, sich bemüht, dem Volke in Waffen
durch Beispiel und Lehre den wahren Anstand
und den richtigen Ton beizubringen. Viel zu
selten drangen diese Herzensergüsse seingcstimmter
Seelen über die Kasernenmauern hinaus.
Ein Anstands- und Sittenkodex des Volkes
war in Deutschland somit ein dringendes Be-
dürfniß geworden.
Es ist dem Verlag gelungen, eine Anzahl der
geeignetsten Federn für die Bearbeitung dieses
Werkes zu gewinnen. Wir nennen nur von den
Edelsten der Nation die Namen Podbielski und
Nheinbabcn.
Lange hat der Verlag geschwankt, ob er den
einen oder den anderen dieser leuchtenden Namen
wählen sollte, um seinem Anstandsbüchlcin einen
würdigen Taufpathen mit auf den Büchermarkt
zu geben, ob er es „den kleinen Pod" oder „das
kleine Rheinbäbelchen in der Westentasche" be-
titeln sollte. Schließlich gab für den „kleinen
Pod" den Ausschlag, daß die Rheinbabenschen
Anstandslchren, so mustergiltig sie in ihrer glatten
Gelecktheit sind, sich bisher doch nur auf eine
beschränkte Auswahl von einigen der wichtigsten
Anstandsbethütigungen, wie die richtige Oelung
und Scheitelung des Haupthaars und die standes-
gemäße Auswahl der Ehegattin beschränken,
während Podbielskis Reden wie eine unablässig
sprudelnde Quelle Musterleistungen des feinsten
Hoftons in allen Lebenslagen liefern. Das ent-
schied für den „kleinen Pod".
Nur einige Perlen dieses Hausschatzes mögen
hier Platz finden:
„Umgangston. Alles kommt dabei darauf
an, mit wem du redest. Fragt dich ein Vor-
gesetzter, ob bu einen Posten annehmen würdest,
von dein du aus irgend einem Grunde Nach-
theile für deine Carriere befürchtest, so erwiderst
du mit freudiger Ueberraschung: .Euer Hoch-
wohlgeboren, oder Ew. Exzellenz, oder Euer
Durchlaucht oder dergleichen, machen mich zum
Glücklichsten der Sterblichen, daß Sie die Gnade
haben, mir die Qualifikation für dieses wichtige
Amt zuzutrauen, aber gestatten Eure rc>, daß
ich es wage, Eure re. auf meinen Mangel an
Fähigkeit zur Uebernahnie gerade dieses Amtes
ergebenst aufmerksam zu machen. Besäße ich die
überwältigende Fülle von Talenten für alle Be-
rufe, durch deren unablässige Bethätigung Eure re.
die Mitwelt iu freudiges Erstaunen zu versetzen
die Gnade habe», so würde ich auch diesen Posten,
wie die verschiedenen, die ich schon ausgefüllt
habe, mit innigstem Danke zu übernchnien mir
getrauen, so aber muß ich unterthänigst bitten,
im Interesse unseres Vaterlandes eine für diesen
Posten besser qualifizirte Kraft auszusuchen, was
ja Eure re. bei Eurer rc. bewährtem Adlerblick,
der Eure re. vor allen Mitmenschen auszeichnet,
ein Leichtes sein wird?
Stellt dir aber Jemand, von dessen Gunst
oder Ungunst du weder etwas zu hoffen noch
zu fürchten hast, die nämliche Frage, so weisest
du jovial den Gedanken zurück mit den Worten:
,Jck werr' mir doch nich mit dem Lauseding vor
den Bauch stoßen lassen?
Versteigt sich gar ein Untergebener dir gegen-
über zu der nämlichen Andeutung, so kannst du
so etwas wie ,Schweineviech' einfließen lassen,
denn ans Unterthanenseelcn wirkt eine derartige
herablassende Vertraulichkeit wohlthuend und
wird dir als Leutseligkeit und Bonhonnuie
rühmend angerechnet.
Auswahl der'Lebensgefährtin. Latz dich
nicht von sogenannter ,Liebe' verleiten. Das ist
eine alberne Erfindung der Romanschreiber. Vor
Allem spüre dem Stande und den Familien-
beziehungen deiner Schwiegereltern nach. Nur
wenn sie mehrfache Millionäre sind, ist das nicht
nöthig. Die schwiegerväterliche Hand, die dir
eine Mitgift von Millionen verschreibt, kann das
Zuchthaus gestreift haben. Sonst aber darf der
Schwiegervater erst mit dem Leutnant oder dem
Rathe vierter Klasse anfangen. Feldwebel oder
Subalternbeamter giebt ein unsittliches Ver-
wandtschaftsverhältniß. Sollten Seitenverwandte
der Auserkorenen ins Kaninchenhafte ansarten,
so muß auch das ein Ehehinderungsgrund für
dich sein. Nur Vettern und Basen mit unver-
fälschtem alldeutschem Hasenherzen in der Brust
sichern dich vor Benachteiligung deiner Carriere.
Befolgst du diese Rathschläge bei Wahl deiner
Ehegattin, so wird es dir wohlgehen und du
wirst Carriere machen auf Erden."
Diese Beispiele genügen schon, um zu zeigen,
was für eine vortreffliche, bei der Erziehung der
Heranwachsenden Generation geradezu unentbehr-
liche Gabe den deutschen Familien in dem „kleinen
Pod" geboten wird.
Zweite Beilage zum „wahren Iacob" Nr. \22 20. 1902.