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Der wahre Jakob: illustrierte Zeitschrift für Satire, Humor und Unterhaltung — 19.1902

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https://doi.org/10.11588/diglit.8186#0225
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3882 •-

Der kluge Ejevv Professor.

Ia ja, Herr Professor Adolf Wagner,

Das ist ein Geriebener und Verschlagner!

Das Aebel, so groß und doch versteckt,

Das hat er in tiefster Wurzel entdeckt.

was Kerner vermochte zu erkunden,

Der Herr Professor hat es gefunden,

In seiner Weisheit hat er's erschaut
And allem Volke verkündet laut.

Vergeblich bisher war alles Gegrübel
Aach jenem großen verborgenen Aebel,

Nun aber weiß es die ganze Welt:

wir Deutsche leiden an allzuviel Geld!

wir schwimmen in Wohlstand! Die Taschen erklingen
Von güldenen Kronen und Silberlingen!
Besonders aber die unteren Klaffen,

Die wissen vor Mammon sich kaum noch zu lassen!

Von Arbeitsmangel und Fleischnoth und Theurung,
Von schlechtem Verdienste und hoher Besteurung
Zu sprechen, ist Thorheit und Phantasie:
wir Deutsche haben Moneten, und wie!

Kommt Abends der Arbeitsmann nach Bause,

So sitzt er nachdenklich in seiner Klause
And sinnt, bis fast der Kopf ihm zerspringt,
wie er all seine Goldfüchse unterbringt.

Denn wie er verschlemme, vergeude, verprasse,
Stets bleibt doch gefüllt die strotzende Kasse;

And welchen Luxus er auch sich vergönnt —

Mit seinem Geld kommt er niemals zu Lud'.

Das kommt davon, weil die größten Genüsse
Und Herrlichkeiten sind billig wie Aüsse
Und für ein paar Pfennige Jedermann,
wie ein Kommerzienrath leben kann.

Hochnötbig ist es -rum, wie ich glaube,

Daß der Staat anziehe die Steuerschraube,

Damit das deutsche Volk nicht muß
Zuletzt ersaufen im Aeberfluß.

Dann können neue Schiffe wir bauen

Und künftig noch fester um uns hauen

Zu Deutschlands Ruhm und Deutschlands Ehr'!

O Steuerzahler, was willst du noch mehr? Quiba»,.

Inhalt der Unterhaltung»-Beilage.

Der Junker Ende. Von W. B. — Ehe. Von Clara Müller.

— Die Hosen des Herrn von Quassoiv. Von Hans Wagemuth.

— Herbst. Von Clara Müller. — Aus Barmherzigkeit. Von
K. D. — Michels Alpdrücken. Illustration. — Im Kampfe um
die Krone. Von Ludwig Frank. — Ein Vorschlag zur Güte.

— Rascher gehen! Illustration. — Inhalt der zweiten
Beilage. Uns kann Keiner! — Stammtischrede des Metzger-
meisters Wurstler in München. — Standesbewußtsein. Illu-
stration. — Sicheres Kennzeichen. Illustration.

/ms Crakefmen.

Dev Kengst:

Cs giedr kein fd)ön’res loos auf erden,

Als des trafeeßner hengftes loos.

Jm Ueberfluß und ohn' Beschwerden
wuchs ich heran und wurde groß.

5lels voll war die geräum'ge Krippe
von güld'nem baser, extrasein,
vrnm wieh're ich mit stolzer lippe:

Pta, weiche Inst, ein beugst eu fein!

Des iHmmels 6nade mich bescheint,

Denn Vellingen, der ist mein freund.

Arg knechtet er die niedern Leute
Und schimpft und prügelt, rast und sincht,
Doch weiß er wohl, was ich bedeute
Ms Stühe seiner Pferdezucht,
wie könnte er Remonten züchten,
ging ich ihm nicht dabei zur band)

Lr kennt, wie ich, die hehren Pflichten
Des Deckhengft's um das Vaterland.

Ls krachten thron und Altar langst
Ohn' vettingen und seinen beugst.

Der Zchutmeister:

Kollege, hör' mein kläglich Stöhnen!

Ich weiß, du bist ein vornehm thier.
Schulmeister bin ich in trabebnen,

Des Schicksals fauft rnht schwer aus mir.
Doch achte mich darum nicht minder,

Denn steh', auch ich ihn meine Pflicht,
erzeuget Hab' ich sieben Kinder —

Ich geb' es zu, viel ist das nicht:

Ich weiß, daß du mich überragst
Und ich nicht kann, was du vermagst.

Man thnt mich knechten hier und zwiebeln,
Du bist ein beugst, geehrt und stolz,

Ich lehr' die Kinder ans den fibeln
Und in den Pansen hack' ich bolz-,

Mein Ang' ist hohl und leer mein Magen,
Und Hab' ich fuhrwerk 'mal begehrt,

So lud man mich auf einen wagen,

Jn dem man deinen Mist sonst fährt.

Ans tiefstem herzen bin' ich dich:

Sprich du ein gutes Wort für mich!

Du hast die höchsten Konnexionen,

Drum komm' und lindre meine Qual!
laß mich in deinem Stalle wohnen
Und theil' mit mir dein reichlich Mahl!
verhiis mir, freund, zu meinen Rechten,
erhöre meines Jammers Ruf!

Und will man zwiebeln mich und knechten,
So schütze mich mit deinem bns!

Nimmst du mich, beugst, in deinen Schutz,
So biete ich dem Schicksal trutz! j. s.

Neue parlamentarische Bräuche.

Der Professor Paasche hält es für richtig, daß die
Redefreiheit bei der Berathung des Zolltarifs be-
schränkt werde, damit nicht mehr so viel für Zoll-
freihcit gesprochen werden kann, lind er hat ganz
recht; die Redefreiheit ist zwar das Palladium des
Reichstags, aber was ist ein Palladium gegen 7,50
Mark oder noch höheren Gctreidezoll! Man sollte
jedoch nicht auf halbeni Wege stehen bleiben, sondern
das Reden zuin Zolltarif ganz abschaffen. Es han-
delt sich ja doch nur um Ziffern; da könnte jeder
Abgeordnete bei Verlesung der Position einfach so
viele Finger seiner Hände emporhalten, wie er Mark
Zoll bewilligen will. Wer nichts bewilligt, ballt
die Fäuste. Dann hätte der Tarif in wenigen
Tagen seine Erledigung gefunden.

Der neue Zolltarif.

Seht sie hämmern, seht sie klopfen,

Seht den Schweiß vom Schädel tropfen.
Krach! — Die Nuß erliegt dem Sturm:

Was ist drin? — hu, hu,-ein Wurm!

Zeitgemäß.

Richter: Sie geben also zu, den Kläger einen
Ochsen genannt zu haben. Was haben Sie zu
Ihrer Entschuldigung anzuführen?

Angeklagter: Daß ein Ochse bei den theuren
Fleischpreisen einen bedeutenden Werth repräsentirt.

Von der preußischen Volksschule.

Der kleine Emil: Vater, der Herr Lehrer
hat gesagt, diesmal müsse er mich in die höhere
Klaffe versetzen.

Vater: So? Bei diesem miserablen Zeugniß?
Der kleine Emil: Ja, in unserer Klasse sei
kein Platz mehr. Wir sind schon hundertvierzig!

Der neue Griff.

(Rach tzreiligrath.)

Hurra, du stolzes, schönes Weib,

Hurra, Germania!

Wie kühn mit strammgerecktem Leib
Jm (Stiebe stehst du da!

Ls bebt Franzos und Demokrat,

Wenn er dich so erblickt:

Den Daumen an der Hosennaht,

Die Lniee durchgedrückt.

Hurra, hurra, hurra,

Hurra, Germania!

Nag kommen nur, was kommen mag:

Fest steht Germania!

Dies ist Alldeutschlands Lhrentag:

Nun weh' dir, Gallia!

Lin Leib, ein Arm, ein Drill, ein Schliff,
Lin Wille sind wir heut':

Wir üben den paradegriff
Jm Feist der neuen Zeit!

Hurra, hurra, hurra,

Hurra, Germania! 0.8.
 
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