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Der wahre Jakob: illustrierte Zeitschrift für Satire, Humor und Unterhaltung — 19.1902

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https://doi.org/10.11588/diglit.8186#0247
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• • 3904

-L- Lin guter Mensch.

Gute Menschen giebt's nicht viele,
Löle findet inan nicht täglich!
Darum, wenn ich einen treffe,

Freue ich mich ganz unsäglich.

Ganz besonders sind sie selten
In der Politik, der hohen;

Denn die Politik — man weiß es —
pflegt die Geister zu verrohen.

Aktenmenschen, Bureaukraten,
Diplomaten, Staatenlenker
Tragen Steine statt der Kerzen
Und sind meistens rechte Stänker.

wenn die Junker ihn verlachen,
wenn sein Thun sie dreist verhöhnen,
Ist er emsiglich beflissen,

Sie durch Gaben zu versöhnen.

Seine milde herzensgute
Bleibt ihm treu in allen Fällen;
Freilich schmerzt ihn in der Seele
Solcher Undank der Gesellen.

Klagen- spricht er: „warum stoßt ihr
„Mich zurück im Uebermuthe,

„Der ich doch in treuer Freundschaft
„Mich in eurem Dienst verblute?

Aber Linen — Preis dem Himmel! —
Kenn' ich, Linen voller Güte!

Unser Kanzler ist's, Graf Bülow,

Lr, der aller Kanzler Blüthe.

„Alles Hab' ich euch geopfert,
„Uin euch Freude zu bereiten:
„Intellekt und Ueberzeugung
„Und noch andre Kleinigkeiten."

„Immer mild!" ist feine Losung.

G wie schwer wird's ihm zu hadern!
Seine Seele ist von Butter,

Sahne rollt in seinen Adern.

wo ein Anderer im Kampfe
Dräuend zeigt des Schwertes Spitze,
Macht er höflich Komplimente,

Gute oder schlechte Witze.

Doch die wehmuthvollen Töne
Schlagen an verstopfte Ohren.

Armer Kanzler! Deine Liebe,

Deine Mühe ist verloren!

Drum vernimm die alte Wahrheit:

Klingt sie dir auch ungebührlich:
wer sich Läuse in den pelz setzt,

Muß sich kratzen ganz natürlich Ignotu-.

Das Lied von der Polizei.*

Ls ist im ganzen Lande
Mobl keine Macht so grolz, —

Ls bebt die Scbwekclbande,

Wenn icb mied zeige blos!

And keine Menscbcnseele
Dark vor mir Lieber sei».

Denn wenn icb was betcble,

Sprtcbt mir kein Andrer drein.
Deiner muckt!

Alles duckt!

Ach nur schalte trei!

— Platz da Vier!

Dcspcckt vor mir!

Denn ich bin von der Polizei!

Allen» wo in einem Saale
Lin grosser Dedner spricht»

Dann sitz' icb im Lokale
Ahm aut den Fersen dicht.

Das Lier schallt mir Lrbttzung,
Mir wird vom Dören dumm» —
Dann lös' icb aut die Sitzung.

And weiss ott nicht» warum?

Deiner muckt! u. s. w.

Lei den Tbeaterproben
Lleib' leb in nächster MH'

And zeig' den Dünstlern oben,

Alias icb von Dunst versteh'.

And scheint mir in dem Stücke
Dicht kromm genug ein Allort»
Stretch' ich mit strengein LlicKe
Die ganze Szene kort.

Deiner muckt! u.s. w.

Seb' eine Frau icb geben
An allzu raschem Schritt» —

* Obiges Gedicht wurde am 15. November auf dem Winter-
fest der Berliner »Freien Volksbühne" vorgetragen.

/DMt der ist was geschehen!

Die mulz zur Mache mit!

Doch seb' ich langsam geben
Frau oder Aungkräulein,

Lleibt eine gar 'mal stehen.

Steck' icb erst recht sie ein!

Deiner muckt! u. s. w.

Mird mir ein Zeitungsschreiber
Lebrindigt zum Transport,

Ajeb! kein Scbweinetreiber
ScbaM so sein Viehzeug kort.

Da giebt es nichts zu spassen» —

Lin Strick ist immer da.

Gekesselt durch die Strassen
Gcbt's dann,-marsch! marsch! burrab!
Deiner muckt! u. s. w.

Ach pass' auch aut im Staate
And melde jederzeit»

Mer Lebe! zieht zu Datbe
And wer nicht Durrab schreit,

Mer bös die Stirne runzelt»

Menn man des Fürsten barrt,

And wer beim Singen schmunzelt,
Menn man den Landratb narrt.

Deiner muckt! u. s. w.

Fehlt der Gewerbezettel

Dem Trödler» büsst er's schwer!

Seb' icb ein Lalg beim Lettel,

Gleich bin icb hinterher!

Doch wenn ein höchst gemeiner
Daubmord einmal geschieht.

Dann komm' icb erst, wenn Deiner
Mehr was vom Tbäter siebt.

Mann kür Mann
Greik' icb dann,

Liner nur bleibt krei:

— Dcr's beging»

LntKommt mir klink,

Denn icb bin von der Polizei! + O

Eine segensreiche Malzregel.

Baron: Begreife nicht, daß so viele reiche
Protzen in den Adelstand erhoben werden. Scheint
mir gefährlich, denn Aristokratie muß in Folge
dessen degeneriren.

Graf (stark verschuldeter Junggeselle): Bin anderer
Ansicht, lieber Baron. Halte es geradezu für
iveise Maßregel, reiche Eniporköminlinge zu no-
bilitiren, damit Unsereins nicht sch!ießlich ge-
zwungen wird, direkt in bürgerliche Kanaille hinein-
znheirathen.

Goldene Jugend.

Rolf (zu seinem „Berhiittniß"): Wir müssen schei-
den, Lisbeths ich will mich verheirathen.

Lisbeth: Du Undankbarer! Erst hast Du Dir
bei mir die Hörner abgelaufen und jetzt willst
Du sie Dir wieder wachsen lassen?!

Gin berühmter wann.

Nus dunkler Pacht, ein strahlend Meteor,

So ging der Harne leuchtend jäh empor,

Der Dame, den im ganzen deutschen Land
Bisher kein Mensch gekannt.

Und jetzo haltet er, für ewig wohl,

In unsres Uolkes lüillensprolokoll,

Denn neue Ordnung schul er, neues stecht
Dem Parlamentsgefecht.

Mer ist der grosse kraftgewalt'ge Mann,

Der dieses Riesenwerk so leicht gethan,

Auf den — der friedlich einst sein Bier gebraut —
Die UJelt jetzt staunend schaut?

Aichbichler heisst er und sein Antrag bracht
Ihn jäh herauf aus Unberühmtheits Dacht,

Dieweil der Dam' im Zentrumsalphabet

Als allererster steht. a. w.
 
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