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Der wahre Jakob: illustrierte Zeitschrift für Satire, Humor und Unterhaltung — 20.1903

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https://doi.org/10.11588/diglit.6612#0026
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von Quidam.

Den nationalliberalen. LT

Daß ihr der Gewalt, der rohen,

Luch als Schergen habt vermietet,

Daß ihr unser vischen frecheit
Schamlos an den feind verrietet;

Daß ihr elend habt gehandelt,
wahrlich, käst Könnt' ich's verleihen,
Tiber nicht Kann ich vergehen
eure frechen Heucheleien.

Ihr, die ihr das Recht des Reichstags
Habt mißhandelt und gekettet,
Rühmt euch, daß des Parlamentes
Redesreiheit ihr gerettet!

Pfui, ihr gleicht geheimen Trinkern:
Sie verauschen sich alleine
Und sie reden vor dem Volke
für die Mäßigkeitsvereine.

Ihr gemahnt mich an die Dieve,
welche Nachts in Däuser brechen
Und am Lage ehrbar von dem
Deü'gen Eigentumes sprechen.

psui, fcheinheil'ge Pharisäer,

Sehet hin und lernt von Rröcher,

Der ein Zöllner nur und Sünder
Und ein Junker ist, ein srecher.

Tiber Mut hat er im Leibe
Und er sagt uns, was er meine,

Und verhüllet nicht das lafter
Mit der Lugend Rosenscheine.

Darum srevelt nach Gelüsten,

Sündigt, wie das berz begehret,

Seid Verräter - aber schämt euch
Nicht des Dandwerks, das euch nähret.

Inhalt der Anterhaltungs-Aeilage.

Konkurrenzneid. Illustration. — Die Makler des Brot-
wucherS. Portrütgalerie (v. Kardorff, Spahn). — Im Armee-
museum. Illustration. — Der Musterbetrieb. — Wir sind
eine glückliche Nation. Von Alfred Dallmann. — Im Hof-
garten. Illustration. — Der Fabrikinspektor, wie er sein
muß. Ein Interview von M. K. — Der Köhler am Brocken.
Nach einem Gouache von G. Wolters in Braunschweig, mit
Gedicht von W. B. — Adam und Eva. Illustration. Auf
Katzenpfoten. Illustration. — Wie wird man Millionär.
Von Karl Düker. — Dresdener Kaffeeklatsch. Illustration.
— Viel verlangt. Illustration.

vcr Blamierte.

Schaut, wer schleicht dort ernst und stille
Durch den Reichstag gramentstellt?

Seh' ich recht durch meine Brille,

Zst's Lugen, der Zreiheitsheld.

Keiner will von ihm was wissen,

Zeder drückt sich stumm vorbei,
von der Lippe, schmerzzerrissen,

Tönt sein Wut- und Zammerschrei:

„Träumt mir, ist mein Auge trüber,
Rebelts mir ums Angesicht?

Heyl und Bachem gehn vorüber,
Kropatschek selbst kennt mich nicht?

„Lohnt ihr also meine Taten,

Meines Herzens Rot und Dual?

Ha, bei Gott! Den Diplomaten
Spiel' ich nicht zum zweitenmal!

„Der ich jüngst im grimmen Streite
Für euch kämpfte, für euch litt —

Wehe, auf die Hinterseite
Zahlt ihr mir mit einem Tritt,

„Fahrt denn hin, ihr falschen Brüder!

Zn der Volksvertreter Reih'n

Sieht man mich sobald nicht wieder —

Mag der Teufel „Lugen" sein!"

Und er wandte seine Schritte,

Trug hinweg sein herbes Leid.

Rechts und links und in der Mitte
Schallte große Heiterkeit. j. s.

In allen Zonen.

Wer eine Flotte sich. geleistet hat.

Der muß sie auch naturgemäß verwenden;

Ls wäre doch charakterlos und matt.

Sie nicht bald da, bald dorthin zu versenden.

Wird obstinat die Negerrepublik,

Wagt gegenDeutschland sie dietzand zu schwingen.
So schlägt die Panzerfaust sie ins Genick
lind zur Raison wird man Haiti bringen.

Ist der Chinese frech und arrogant.

Wird mit Kanonen man den Text ihm lesen;
Man nimmt die ganze Sache in die Hand
lind Maldersee, der zwiebelt die Chinesen.

Venezuela zeigt sich renitent
Und will mit Deutschland einen Tanz riskieren.
Weil es die deutsche Panzerfaust nicht kennt —
Doch seinen Castro werden wir kastrieren.

So wird Respekt den Schwachen beigebracht.
Die sich an uns voll Übermut vergangen.
Wenn Deutschland damit nicht beliebtsich macht.
Wird zur Beliebtheit niemals es gelangen.

Das ist das beste Nittel, das es giebt
Und daran nur hat es gefehlt bis heute.
Denn bei den Starken sind wir längst beliebt
Als äußerst friedliche, bescheidne Leute, r. l.

(knf und Trakehnen.

Me wir hören, haben die Trakehner Schul-
meister ein vertrauliches Schreiben an ihren glück-
lichen, zur Zeit in Genf weilenden Kollegen Giron
gerichtet und ihn um Rat gebeten, wie sie ihre
traurige soziale Lage verbessern könnten. Sie
wiesen unter anderem auf die bekannte Tatsache
hin, daß sie es in Trakehnen schlechter hätten,
als die Deckhengste.

Aus Genf traf darauf folgende Antwort ein:
„Wenn Sie mit Ihren Hengsten nicht konkurrieren
können, so haben Sie eben kein Recht, sich zu
beklagen. Auch ich verdanke mein Glück nicht
meinen schulmeisterlichen Fähigkeiten. Giron."

Äßungsbeispiete aus der fächfifch-
französifchen Grammatik.

Wo ist die gute Mutter? Die gute Mutter
ist jenseits der Berge.

Wenn wir die Prinzessin hätten, so würden
ivir dieselbe in ein Irrenhaus sperren. Aber wir
haben Höchstdieselbe nicht.

Ihre königliche Hoheit begab sich vermittelst
des Hauslehrers auf Reisen.

Wer ist der Vater des Kindes des Konprinze»?
Der Vater des Kindes des Kronprinzen ist der
Lehrer der Kinder der Kronprinzessin.

Das Ende der Eheirrung ivar eine Schweizer-
reise.

Der junge Lehrer packte den Koffer der älteren
Prinzessin. Er vergaß auch die Brillanten nicht.

Da Luise auf dem Zweirad nicht fahren durste,
bediente sie sich des Schnellzuges. j. s.

Piefke: Der olle Papst is ja woll trotz seine
»einzig Jahre fidel wie'» Fisch im Wasser un
denkt nich ans Sterben.

Lehmann: Un wenn ooch, die Kirche konnut
nich in Verlegenheit, denn se hat schon lange 'n
neien Papst in Bereitschaft.

Piefke: Ja, Kardinäle jiebt's die schwere
Menge.

Lehmann: Un Drang nach dem heiligen
Stuhle haben se Alle!

Piefke: Der Bischof von Rottenburg hat schon
ivieder ieber de Wissenschaft jeredet. Nu hat er-
den Darwinismus dotjeschlagen! Un frieher hieß
et doch immer, der Bischof wäre 'n janz ver-
ninftiger Mensch.

Lehmann: Weeßte, 'n verninftiger Bischof
koinnit so wenig vor, wie'n jriener Rabe.

Piefke: En weißer Rabe, willste woll sagen,
jriene Raben jiebt's ja jar nich.

Lehmann: Eben drum, verninftige Bischöfe
jiebt's ooch nich.
 
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