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Der wahre Jakob: illustrierte Zeitschrift für Satire, Humor und Unterhaltung — 20.1903

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https://doi.org/10.11588/diglit.6612#0053
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Mein Treunö.

Ich hatt' einmal einen guten Kreund,

Ls war ein seiner Anabe.

Wehmütig denk' ich an die Zeit,

Da ich ihn geliebet habe.

Noch immer seh' ich ihn vor mir stehn
2m Schmuck der Iugendlocken:

Lr war ein deutscher Iüngeling
Vom Haupt bis zu den Locken.

Wir haben getrunken, wir haben gelumpt.
Wir trieben's bisweilen noch schlimmer;
Wir schimpften aus die Vbrigkeit,

Ich grimmig und er noch grimmer.

Und fluchte ich dem Pfaffentum
Und seinen Lug-Idolen,

So meinte er, die Drachenbrut,

Die könne der Teufel holen.

Dem ganzen faulen Weltsystem,

Dem schworen wir blutige Kehde:

Ls war sogar von Dynamit
Und freier Liebe die Rede.

Die Iahre vergehn. Den Freiheitsschwur,
Ich hielt ihn fest und treulich.

Mein freund ist Vberregierungsrat
Teworden — erfuhr ich neulich.

Ist eine gewaltige Stütze des Staats
Als Mensch, Beamter und Satte,

Lr ehrt den Uönig, fürchtet Sott
Und hat eine kahle Platte.

Lr nennt die Freiheit Schwindel nun.
Den Zeitgeist miserabel,

Trägt einen loyalen Tesinnungsbauch
Und Vrden bis zum Rabel.

Auch ist er fromm geworden sehr,

Duckt vor der Uanzel nieder
Und singt am Sonntag andachtsvoll
Die dümmsten Uirchenlieder.

Der freien Liebe hat er entsagt:
Allnächtlich unbesehen
Uriecht er in dasselbe Lhebett
Und zu denselben Flöhen.

Also bekämpft er durch die Tat
Die destruktiven Tendenzen,

Ich seh' ihn auch im Seifte schon
Im Rate der Exzellenzen.

Dann legt er sich hin und stirbt getrost
Nach aller Wünsche Erreichung
An Uöniglich Preußischer Wirklicher
Seheimer Sehirnerweichung. LatiUn«.

Karneval.

„Hör' mal, Fritze, du bist ja so'n jcscheites Luder!
Sag' doch mal, wat denn das Wort .Karneval'
eejentlich bedeutet."

„Det heißt soville, wie Fleisch, lebe wohl."

„Nich übel, dann haben ja die armen Leute det
janze Jahr Karneval!"

Doppelsinnig.

Sie (sentimental): Geliebter, .erinnerst du dich
noch, wie wir uns unter dieser Linde verlobten?
Auf diesem Flecke stand ich, von dort kamst du
her. — Ach! ich weiß noch, ich breitete die Arme
aus und du -

Er (trocken): — und ich bin hineingefallen!
O ja, ich erinnere mich noch sehr gut.

Instruktionsstunde.

Leutnant: Die Uniform ist gewissermaßen
die Braut des Soldaten. Warum wohl, Wuttke?

Wuttkc: Weil es vorkoinmen tut, daß er sich
im Urlaub mit ihr zu Bette legt.

Serenissimus in Verlegenheit.

„Da verlangen die Sozialdemokraten in eineui-
fort Verkürzung der Arbeitszeit — und nun, wo
es fast gar keine Arbeit gibt, sind sie auch nicht
zufrieden.... Wie soll man es ihnen eigentlich
recht inachen?" ___

Vhysikstunde in Dstetbien.

Lehrer: Schwere ist derjenige Druck, den ein
Körper auf seine Unterlage ausübt, wenn ich
also hier auf dem Katheder stehe, so drücke ich

dasselbe mit reichlich fünfzig Kilo-wer

lacht denn da hinten?

Unerwartete Antwort.

Professor (seinen Studenten einen Allohoiiler vor-
stellend): Der Mann leidet natürlich auch an den
bekannten Sinnestäuschungen. (Zum Patienten):
Nun, mein Lieber, scheu Sie dort die Amsel?

Patient: Ick sehe nischt, Herr Professor.

Professor: Dort in der Ecke, der schwarze
Vogel? Sehen Sie nicht, wie er herumhüpft?

Patient: Aber Herr Professor — Sie müssen
doch reeneweg 's Delirium Hamm!

Aus Meisten.

A. : Na, für einen notleidenden Agrarier find
Sie aber reichlich dick.

B. : Dafür kann ich nichts, das liegt in der
Familie.

A.: Aha, also Schicksalsdicke!

Der kleine Sostalpolitiker.

Mutter: Aber Fritz, wenn du so auf dem
Boden herumrutschst, wird die neue Hose gleich
wieder entzwei sein.

Fritz: Das soll sie auch! Papa hat ja gesagt,
die Textilindustrie brauche mehr Beschäftigung!

Äeschäfisstil.

Herr Kaffee-Importeur Meyerstein Hamburg.

P. T. Infolge Ihres Verhaltens sehe ich mich
genötigt, jede Verbindung mit Ihnen abzubrechen.
Ich kann gleichzeitig nicht umhin, Ihre Geschäfts-
gebarung für eine unreelle und unanständige
zu erklären und Ihnen das Gefühl meiner vollen
Verachtung auszudrücken.

Achtungsvoll Peter Brummer, Kaufmann.

Susanna im Bade.
 
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