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• . 3997

Die Bilanz.

»Nun, wie war denn die Beteiligung der Arbeiterschaft an den Jubi-
läumssammlungen?"

„Hätte besser sein können, Ew. Herrlichkeit."

„Die Undankbaren! Da wären also meine arbeiterfreundlichcn Erlasse
vergeblich gewesen!"

Konkurrenz.

•F.MOCK.

^ — ■■ ■ .

„Na, wie jcht's Jeschäft, Karl?"

„Schlecht, — für bet Papstjubiläum is so ville jcschnorrt worden, dct
for unsereenen keencr mehr wat iebrig hat."

Briefe nroöerner Dunkelmänner.

*

®raf Bodo t>. Rnippenbur an Pastor Immanuel Duck.

Lieber Pastor! Hätte Ihnen längst jeschriebe»,
wenn mich nicht verschiedene kleine Festivitäten
mit Standesjenossen stark in Anspruch jenommen
hätten. Ersehe aus Ihrem letzten Briefe, daß
stark mit kirchlichen Fragen wie Jesuiten, Trierer
Schulkanipf, Delitzsche Quasselei, beschäftigen.
Kennen ja in: alljemeinen meinen Standpunkt,
lieber Pastor, und wissen, daß eifriger Anhänger
von Bündnis mit Zentrum bin. Jeht nun mal
heutzutage nicht ohne katholische Klerisei. Was
Jesuiten betrifft, warum sollen wir nicht Zentrum
kleine Freude machen, natürlich nach Jrundsatz:
eine Hand wäscht die andere? Jesuiten sind best-
jeschulte Truppe von Klerikalen, sozusagen jeistige
Jarde, und bedauere sehr, daß wir in evanjelischer
Kirche nichts ähnliches haben. Ueberhaupt, lieber
Pastor, unsere Jeistlichkeit könnte sich katholische
Kollejen eiirfach zuin Muster nehmen. Wie haben
die ihre Schäflein jedrillt! Donnerwetter, das
jeht wie auf dem Exerzierplatz. Sojenannter
Trierer Schulkampf ist cijentlich nicht der Rede

ivert; jedenfalls kein Jrund, Zentrum vor den
Kopf zu stoßen.

Daß Sie über Delitzsch entsetzt sind, bejreife
vollkommen. Ist ja reiner Revolutionär oder —
um mich jeistreich auszudrücken — ein wahrer
Babel-Bibel-Bebel! Verstehe auch, lieber Pastor,
daß von Antwort Sr. Majestät nicht janz be-
friedigt sind: Allen Respekt vor Majestät, jeht
mir aber — entre nous — ebenso. Erfreulich
ist allerdings Bekenntnis zu positivem Christen-
tum, finde indes immerhin in bekanntem Briefe
bedenkliche Stellen. Habe allerdings altes Testa-
ment offen jestanden noch »ich jelesen, halte es
jleichwohl von A bis Z für jötllich inspiriert.
Muß auch — wieder mit schuldijer Achtung vor
Allerhöchster Meinungsäußerung — stark be-
zweifeln, daß sich Jott in Leuten wie Joethe und
Kant jeoffenbart habe. Joethe ivar jewiß talent-
voller Dichter, aber von höchst unchristlicher und
frivoler Jesinnung; würde auch zweifellos im
Leben Schiffbruch jelitien haben, hätte er nicht
als weimarischer Beamter anständije Versorjung
jehabt. Kant war durchaus jottlos, wie alle
Philosophen. Habe mal aus Langeweile in „Reine
Vernunft" jeblickt, kann Ihnen sagen: Reiner
Blödsinn. Mit einem Wort: Joethe und Kant
hätten besser wegbleiben können. Vermisse da-
jegcn sehr Heros von 19. Jahrhundert) Bismarck,
und teuren Jottesmann Stöcker.

Im übrijen Stimnrung im alljeineinen nicht
Übel. Zolltarif einjeheimst, was immerhin janz
nettes Jeschäft is für notleidenden Jroßjrund-
besitz. Können cijentlich zufrieden sein, dürfen
aber um Jotteswillen nicht einjestehen, sondern

müssen nach ivie vor mächtig schreien und schimpfen.
Jilt zunächst Handelsverträge, die uns passen,
zu schaffen, um Früchte unserer Arbeit einzu-
ernten. Müssen janz entschieden Ausland unter
Daumen nehmen. Kommt uns im Notfall auf
kleinen Zollkrieg nicht an, namentlich jegen ver-
fluchtes Amerika. Ist mir — offen jestanden —
uitausstehliches Land, kann heute noch nicht be-
jreifen, daß königlicher Prinz effektiv herabjelassen
hat, rüpelhafte republikanische Baude zu bejrüßen.
Wünsche nichts sehnlicher, als daß diesen infamen
Kerls mal jepanzerte Faust unter Nase jchalten
ivird.

Daß Rummel mit Reichstagswahleu bald los-
jeht, ist Ihnen jewiß bekannt. Könnten jetzt be-
reits von Kanzel herab Leute ein wenig bearbeiten
und Opposition, namentlich Sozialdemokratie,
Herunterreißen.

Ihr stets wohljewogcner

Jraf Bodo Kuippenbur.

Das höchste (Kcbäude.

Meyer: Wer mag wohl in der Weltgeschichte
das höchste Gebäude errichtet haben?

Müller: Das Zentrum, denn eS hat einen
Chimborasso von Dummheit aufgeschichtet.
 
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