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Der wahre Jakob: illustrierte Zeitschrift für Satire, Humor und Unterhaltung — 20.1903

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https://doi.org/10.11588/diglit.6612#0078
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— 4002 • - <

Durch öie prunkenden fallen der Dome klingt
Ein rauschendes Festgeläut —

And ein Chor von jauchzenden Stimmen singt
Dein Auferstandenen heut.

Der Ostern lieblicher veilchenduft
verkündet des Schöpfers Lob,

Der von des Erlösers Grabeskluft
Den steinernen Aiegel hob.

Hilf dir selbst, mein Volk, das in Letten schlief,
Schau dich um: die Welt ist dein!

Sie sargten unter die Felsen tief
Deine heilige Freiheit ein.

Heut pulst ihr Blut, und die Feit ist um:

— „Erlöserin, du lebst!" —

Fum Licht wird blühen, was starr und stumm,
wenn du den Riegel hebst!

Die Feit der Wunder ist lang vorbei;

Heut dringt aus eisiger Nacht
Rein zitternder Erlösungsschrei
Empor zu des Himmels Pracht.

Heut gilt als ehernes Gebot,
was einst, ein blutiger Spott,

Die Schwachen verhöhnt und der Ärmsten Not:
Hilf dir selbst, so hilft dir Gott!

Schau dich um, mein Volk: im deutschen Land

Flackert der Frührotschein-

Der selige Traum vom Wunder schwand,

Doch Wille und Arast sind dein!

Der Wahltag werde dein Ostertag
And du machst deinen Feind zum Spott,

And es dröhnt dein wuchtiger pammerschlag:
Hilf dir selbst, so Hilst dir Gott! EteatüB(

Nur kein Konflikt!

Freund Bülow spazierte i» seinem Garte»,

Der Blnmclein unseres Reiches zu warten;
sind wie er jnst bei der Arbeit ist,

Erhebt der Hahn aus dem nahen Mist
Auf einmal ein fürchterlich Mordsgeschrei.

Freund Bülow wirds ganz schwül dabei;

Denn was der Hahn so dringend begehrte,

Das wäre, wenn man's ihm nicht verwehrte,

Ein großes Unglück fürs ganze Land,
wie wohl- und männigtich bekannt.

Doch weil der Hahn so fürchterlich schreit,

Gibt er das Beste ihm, was gedeiht
In seinem Gärtchen, und streichelt und nicht:
„Rur kein Ronflikt! Rur kein Konflikt!"

lind Kaum war erfüllt des Hahnes willen,

Da tät sich plötzlich das Gärtchen füllen
Mit krächzenden Raben die voller Wut
Sich warfen über die Blümelein gut;

Und alles was lieblich war anzufchaun,

Zerstörte» sie gierig mit Schnabel und Rlaun.

Die schwarzen Gewächse nur liehen sie stehen,

Und bald war das Gärtchen anzusehen,

Als lei's ein Friedhof, ei» Totenhaus.

Freund Bülow sieht es mit wachsende»! Graus;
Erst wollte er wehren, — dann denkt er stick:

Die Dinge gehn doch nicht wie ich will,

Und seufzt, indem er zur Seite blickt:

„Rur kein Ronffikt! Rur kein Ronffikt!"

Doch wehe, da sieht er zur Erde sinken
Millionen Spatzen und blutrote Finken,
lind schmetternd ruft so ein elender Gauch:

„will auch was habe»!" „Mir auch, mir auch!"
Ertönt es zwitschernd ringsumher.

Doch Bülow setzt sich tapfer zur wehr
Und spricht mit freundlichen Geberde»:

„was tun? verteilt ist alles auf Erden!

Bishero vertrugt ihr das hungern so gut,

Drum harrt noch ei» Weilchen, behaltet Mut!

Ihr wißt ja, daß oft wir das Steuer dreh»,

Bald vorwärts, bald rückwärts, bald gar nicht gehn;
vielleicht schon der Morgen was hübsches euch schickt-
Rur kein Rontlikt! Rur kein Rontlikt!" s. s.

Oer unbotmäßige Storch.

Der Storch, das ist ein Plagegeist,

Ja ja!

Wo's Rot tut, ist er nämlich meist
Richt da.

Dagegen hat er über Rächt

Schon mancher Jungfer was gebracht
Ha ha!

Und nicht nur bei dem publiko,

Ach ne

Auch an den Höfen treibt er's so,

© weh!

Ist das nicht eine Infamie

Und destruktiv von diesem Vieh?

He he?!

Zum Beispiel: Alex' Leibmaschin,

Tat ste

Richt manche liebe Rächt sich müh'n —
Und wie?

Was aber brachte sie zur Welt?

Lin Gummikiffen, lustgeschweUt.

Hi hi!

Ganz anders treibt's bei uns der Wicht,

© o!

Prinzeßlein selbst verschont er nicht,
wie roh!

Schon manche mußte schnell in's Bad,

Dieweil das Kind kein'n Vater hat —
Ho ho!

Kurzum — er ist in Wahrheit ein
Filou;

Raubt den gekrönten Weiberlein
Die Ruh.

Und manchem braven Prinzlein gar

verhilst er zu 'nem Hörnerpaar.

Hu hu!

Katlsfakiioi!.

Kommerzienrat Seligmann kommt von seinem
Frühstücksskat nach Hause und findet die Frau
Kommerzienrat in einer bedenklich intimen Situa-
tion mit Herrn Meyer, seinem ersten Buchhalter,
auf dem Sofa. Wütend ruft Herr Seligmann:
„Gekündigt sind Se, Herr Meyer! Sofort ver-
lassen Se mein Geschäft, aber sofort!"

Und er läßt den Kassierer aus deni Komptoir
holen, um zu erfahren, ivievicl Gehalt Herr Meyer
noch zu beanspruchen hat. „Fünfundsiebzig Mark",
lautet die Antwort. Da sagt der Kommerzienrat
mit großer Würde: „Geben Sie ihm siebzig Mark!
Herr Meyer, Se werden wissen, wofür ich Ihnen
abziehe de fünf Mark!"

6ine vatikanische Strafpredigt.

6$ spricht in Rom der beil'ge Vater
Zum Bischof Criers herab vom Chron:

„wein Sohn ich muss dich ernstlich rügen;

„Du hast dich meinem ÜJort zu fügen!“

(teisc): ,,6s ist nicht bös gemeint, mein Sohn!“

„Du hast gehandelt eigenmächtig,

„Das ist in hohem 0rad verkehrt.

„Anstatt die Vorsicht zu bewahren,

„Bist du zu keck und kühn verfahren.“

(leise): „Dein Liter ist nicht tadelnswert.“

„Die beil’ge Kirche ist versöhnlich
„Und liebt und duldet jedermann,

„fluch die von ihrem Gauben weichen,

„Wie Protestanten und dergleichen.“

(leise): „Versteh', weil sie nicht anders kann!“

„Drum fordre ich von dir mit Strenge,

„Dass du bedenkest jeden Schritt,

„Dass sorgsam du den Jrieden pflegest
„Und nicht unchristiich Streit erregest!“

(Leise): „Dimm’s nur nicht zu genau damit!“

„UJir wünschen ernstlich, die Regierung
„Soll unsern guten Willen sehn!

„Sie darf auf unsre Worte bauen
„Und unsrer Friedensliebe trauen.“

(reise): „Wir werden ihr ’ne Nase drebn!“ Quidam.

Uno.
 
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