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Der wahre Jakob: illustrierte Zeitschrift für Satire, Humor und Unterhaltung — 20.1903

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https://doi.org/10.11588/diglit.6612#0159
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— 4086

Das rote

Nach heißem Kampf und nach wuchtigem Streich
Stolz flattert im neuen ventfchen Keich
Das rote ßanner und Kündet den Sieg
Des Volkes in diefem gewaltigen Krieg.

Die Dunkelmänner voll frenelmut
Sie heulen, dies ßanner bedeute nur ßlut,

Und brennender Städte feuerfchein
Soll aus dem Rot zu erkennen fein.

Die ßlinden, fte fehn nicht die leuchtende Pracht,
Die aus dem Kot uns entgegenlacht;

Sie können nicht deuten, ums licht geprellt,

Mas uorftellt das Rot in der farbenweit.

Denn rot ift das leben, das uns durchgnillt
Und das uns mit freudigem Vossen erfüllt,

Das treibt uns zum Kampf um das Koftbarfte Recht,
Um freiheit und Sleichheit fürs Menfchengefchlecht.

ßanner.

Und rot iss die liebe, die alles uerföhm,

Den Menfchenkindern die erde uerfchöm
Und die mit ihrem fchimmernden ßand
Die freiheitsdnrssige Menfchheit umfpannt.

Und rot iss die Kofe, ihr Duft und ihr Schein,

Sie trägt uns die freude ins Uerz hinein,

Sie mahnt, daß erss Schönheit das leben macht wert
Und daß zum Senttß uns das Dafein befchert.

0 herrliche färbe, die uns macht bewußt,

Daß leben, liebe, Schönheit und luft
jft nufer Tlnfprud) in diefer Welt,

Die uns noch Rnechtfchaft und Roheit vergällt.

Und nur noch die Dummen - fte ganz allein
Mögen erfchrecken vor diefem Schein;

Die färbe, die wir ftets fo geliebt,

Sie iss die fchönsse, die es gibt. H.n,us.

Die Zachsenschlacht.

P

Auf hohem Oroß in Sachsen saß
Der Bund und trieb's am tollsten,

Ls war der alten Sünden Maß
Im Sachsenland am vollsten.

Drum sind wir auch an Stimmen gleich
Gigantisch hier gewachsen —

Hurra, das rote Königreich!

Hurra, die roten Sachsen!

Man räumte auf mit dem Kartell
Der sämtlichen Parteien.

Ls Hub, als es gepackt beim Zell,

Lin winseln an und Schreien.

Sie hatten sich so warm und weich
Gebettet, gleich den Dachsen —

Hurra, das rote Königreich!

Hurra, die roten Sachsen!

Man hatte ziemlich leichtes Spiel
Mit dem Bediententrosse,

Als ungestüm man überfiel
Die morsche Staatskarosse.

Die Deichsel brach auf einen Streich,

Ls splitterten die Achsen —

Hurra, das rote Königreich!

Hurra, die roten Sachsen!

Tief ist der Sachsen Langmut Born.
Kaum hört man ein Gebrumme,

Doch dann geraten sie in Zorn,
verkauft man sie als Dumme.
Gebrochen war alsbald der Deich
Sie machten keine Faxen —

Hurra, das rote Königreich!

Hurra, die roten Sachsen!

Sie hatten eben klar durchschaut
Den kolossalen Schwindel;

Sie prügelten aus seiner Haut
Das schuftige Gestndel.

Und schickten das Kartell sogleich
Heim mit zerbroch'nen Haxen —
Hurra, das rote Königreich!

Hurra, die roten Sachsen! r.l.

Nus der Instruktionsssunde.

Unteroffizier (zum Rekruten, Sohn eines Klein-
bauern): Was ist dein Vaterland?

Rekrut: Bankerott; es ist gestern versteigert
worden.

Unser Kanzler.

Als Bülow jüngst die trübe TTlär vernommen,

Dass ganz erschrecklich rot das Uolk gewählt,

Dass ostwärts selbst, wo's sonst nie vorgekomnien
Der Bauer gar dem „Umsturz“ sich vermählt:

Da musste er sich etwas Kühlung fächeln;

Jedoch das ewig heitre blanke Lächeln
erhellte nach wie vor sein Angesicht;

Denn so was, traun, „tangiert“ den Kanzler nicht.
Gr dachte stummergeben: wie Gott will,—

Ich halt' still!

Doch, als er hörte, dass im Kampf geblieben
Der wackre Basse, Deutschlands wall und wehr,
Da sab man seinen heitern Blick sich trüben,

Und seinem Aug’ entquollen Cränen schwer.
„Ad)“, rief er, „gebt mir meinen Basse wieder,
Professor Basse war so treu und bieder,

Der einz’ge, ad), der sich besiegen liess;

Uorbei die Zeit, die mich als Sieger pries.“ —
Doch bald schon lächelt Bülow wieder froh:

6s geht auch so! s. s.

Das trauernde Vaterland.

Aach tzerwegh.

was soll die blinkende Flasche,

® Zecher, in deiner Hand?

Ls trauert in Zack und Asche
Das Vaterland.

ward je solch ein Scheusal geboren.

Das jetzt noch zechen kann?

Der Reichstag hat ja verloren
Den Bassermann.

Im alten Leipzig verspüren
Der „roten Pest" sie den Hauch;

Zie mußten ja dort verlieren
Den Hasse auch.

V Kreiberg, der Schmerz ist tiefgründig,
weil ob dir — manch Herz drum erbebt! —
Jetzt nimmer dreihnndertpfündig
Der Vertel schwebt.

Dies Dreigestirn, wandelnd im Himmel
Des Größenwahns, fiel, o Schreck,

Aus wildestem wahlgetümmel
Tief in den — Dreck!

Piefke: Bei den Wahlen sind die Sozialdemo-
kraten jradezu aus der Erde jewachsen!

Lehmann: Na, die Ajrarier haben ja ooch
de Boden jut jedüngt.

Piefke: Un dabei sagen se immer, daß bei
die Landwirtschaft nischt ranskommtl

Piefke: Ob wohl Bernhard ooch zu die
Stichwahl jegangen is?

Lehmann: Ick denke. Et heeßt ja, er bat
freisinnig jewählt.

Piefke: Det wundert mir, er will ja doch
sonst von Kämpfen nisd)t wissen!

Piefke: Die Serben kriegen ncie Briefmarken.

Lehmann: Ja un nich mit ihren neien König
druff, sondern mit det serbische Wappen.

Piefke: Det is janz begreiflich aus Sparsam-
keitsgründen. Wenn se mal wieder ihren jeliebten
Landesvater abmurksen, brauchen se nich jleich
andere Briefmarken anzuschaffen.
 
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