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Der wahre Jakob: illustrierte Zeitschrift für Satire, Humor und Unterhaltung — 20.1903

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https://doi.org/10.11588/diglit.6612#0226
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. 4154

# Lauratzüttc. 4

Äs krachte im schlesischen Deutrumsturm!
Die guten „Wasserpolacken",

So )ahm einst und fromm, sie liefen Sturm
And streckten trutng den Nacken.

Sie, die bisher gepriesen so sehr
Als der Kirche getreueste Knechte,

Sie glaubten den Hokuspokus nicht mehr
Non Wahrheit und Dreiheit und Rechte.

Äs half den Drommen die weltliche Wacht
Gary nach des Himmels Gebote:

Die Klinge blitzt, die Wuskete kracht,
Verwundete sinken und Tote.

Wir kennen das Ände vom traurigen Lied —
Das andre besorgen die Richter:

Äin halb Jahrhundert Gefängnis erblüht
Dem frechen Rolengelichter.

And als sie dem Wahlfpruch sich widersetzt,
Der von den Kauicln verkündet,

Da haben die Rfaffen getobt und gehetzt
And frevelnd den Rranö entzündet.

Doch des Volkszorns Dlamme lohte empor
Und drohte das Haus }u vernichten;

Die Schwarten jammerten kläglich im Ätzer
Rach Gendarmerie und Gerichten.

Äin halb Jahrhundert! Welche Saat
Des Hasses wird entsprießen!

Ihr Herren, die Drückte der edlen Tat,

Ihr werdet sie reichlich genießen!

Nicht Kerker und nicht Rottzei
Hilft auf dem frommen Schwindet;

Schon dröhnt durchs Schlesierlanö der Schrei:
„Ihr Schwarten, schnürt euer Ründet!" v«

Lombatt, $d)tnol1er H 0o.

Am Elbestraiid zu Hamburg, der freien
Republik,

Da tagte der Verein für soziale Politik,

Da hatten sich versammelt die Hoch- und
wohlgeboren,

Hof- und Rommerzicnräte und viele, viele
Professoren.

Am Michels Not zu lindern, berieten
eifrig sie

Der Rrifen Diagnose und ihre Therapie.

von Hausse und von Baisse, von Geld-
markt und Export

f^ört aus gelehrtem Munde man manches
urgescheute wort.

Es stellten ihre Thesen und fochten kunst-
gerecht

Der Sombart und der Schmoller, der
Herkner und der Hecht.

Jedoch der arge Michel, verroheten Gemüts,

Nahm von dem Streit der weisen auch
nicht die mindeste Notiz.

Ihn schert nicht der Professor, nicht der
Rommerzienrat,

Er wandert frohen Mutes den selbst-
gebahnten Pfad;

Bei Sonnenschein und Regen sein eigener
Pilot,

Folgt er der eignen Fahne — und diese
Fahn' ist rot! j.s.

Herr Mehgermeister a. D. Wurstler

über den Parteitag.

Herrgott dö Sozi, könna dö redn! Der Bebel
zwoamal über drei Stundn, der Vollinar fast
viere und koalier verlangt a Maß Bier dabei.
I möcht nur wissen, was dö Leut für a Gurgel
ham, daß 's eahna net trocken werd. I tat
mi schönstens bedanken für a solche Einrichtung.
Und froh bin i, daß mci Alte im Hals net a so
konstruiert is wia dö Zmoa. Herrschaft, wenn
mci Alte vier Stunden lang redn könnt, ohne
Durscht z'kriagn, springat i heut no in d' Isar.

Am Bebel kann i 's ant End no verzeih«, benn
dös is a Preiß und dö mit ihre „Töppchen" und
„Schöppchen" san ja eigentli überhaupt koane
Menschen, aber daß der Vollmar a koa Maß
Bier verlangt hat, dös wer i mir merka und bei
der nächste Gelegenheit brock i 's eahm cini. Wenn
er wieder gewählt wer» soll, nachher geh i in
d'Versammlunga und sag: „Meini Herrn, der
Vollmar muaß außi! Der hat koan zünftigen
Durscht, dös hat ma in Dresden gsegn, und
d'Münchencr Stadt kann als Abgeordneten nur
an Mann brauchen, der a wos vom Bier ver-
steht und sei Maß richtig trinkt." So wer i
sagn und d'Leut wern antmortn: Recht hat er,
der Wurstler, außi muaß er, der Vollinar!"

Und der Bebel, schaugts nur den an, der hat
auf unser Münchner Stadt gschimpft und gsagt,
es war a Capua. Zericht Hab i freili net givußt,
ivas er moant, aber i Hab mei Maxl gfragt,
freili a so, daß er 's net merka soll, daß i 's net
woaß. Aber der Lausbua hat 's do glei gspannt.
Also sag i: „Maxl, jetz will i amol segn, ob du
was glernt hast. Da hat der Bebel gnioant,
München war a Capua. Was is dös?" Dabei
Hab i grad a so a Gsicht anfgsetzt wie a Professor,
der oan exaniiniert. Aber der Lausbua fangt 's
Lacha an und sagt: „O Jessas, Vata, glaubst,
i merks 's net, daß du 's von mir hörn mögst,
weilst es selber net woaßt. Wenn du zum Bei-
spiel a Stund auf der Landstraß dahinlaufst und

am Schluß is koan Wirtshaus, nachher ist dös
für di a Capua." Natürli Hab i recht gschimpft:
„Du Lausbua, du elender, Hab i gschria, ivas
erlaubst du dir gegen bet Vata. Woaßt net,
wia 's vierte Gebot hoaßt?" Aber bis i ferti ivar,
is er schon drauß givesn bei der Tür. Freili, so
ungefähr is mir do a Licht aufganga, was a
Caplia is.

Aber s' Allerunverschämteste is, daß der Bebel
gsagt hat, ma tat net ungstraft unter Bierkrügln
wandeln. Wenn's gar so gfährli is, warum
komma denn alleweil dö Preißen zu uns runter?
Mir Münchner schrei« eahna gwiß net, mir sagn
alleweil: „Blcibt's drobn bei eure Häring und
Kartoffi. Unsere Kalbshaxn und Weißwürscht
könna ma selba fressn, da brauchn mir cnk net
dazu«." Aber's hilft nix, alleweil kommen's ivieda,
dö ckelhasten Kerl.

Daß ma übrigens net ungstraft unter Bier-
krügln wandelt, dös spannt a jeder, der wo schon
a Rauferei gsegn hat. Wenn da oaner unter dö
Krügln, dö umanandafliagn, durchgeht, nachher
gibt's Löcher im Kopf. Und wenn der Bebel,
nachdem er so gschimpft hat über München, zuin
Matthäserbräu komma will, nachher tnat er a
guat, er seht vorher an Ritterhelm auf, daniit er
d'Maßkrüg net gar a so gspürt.

Übrigens da fallt mir no was von mein'm
Maxl ein. Wia i heut fruah mit meiner Alten
streit, steckt er sein Kopf zu der Tür rein und
ruft: „Braucht's ebba an Präsidenten, ös spiclt's,
moan i, Parteitag." So a Lausbua! Aber 's
Maul hat er am rechten Fleck, grad wia i. Zenzl,
no a Maß, aber gschwind!

Der kleine Fritz wird beschuldigt, eine schöne
Vase entzwcigeschlagen zu haben, will seine Tat
aber nicht eingestchen. Der erzürnte Vater droht,
ihn so lange in eine Kammer zu sperren, bis er
das Vergehen zugibt. „Wat!" ruft Fritz da voller
Entrüstung, „bet wäre ja noch schecncr — ick
bin doch keen sozialdemokratischer Redaktecr!"
 
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