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Das Vablrecht.
„hinweg mit dem Wahlrecht und sei's mit Gewalt,
Zum mindesten mit dem geheimen!"
So brüllen die Junker im Herrenhaus
Und toben und wüten und schäumen.
Der Arbeit Männer mit festem Sinn,
Die an ihre Zukunft glauben,
Die lassen sich mit dem Wahlrecht nicht
Auch ihre Zuversicht rauben.
Sie sagen: „Und nehmt ihr das Wahlrecht uns,
Das geheime und das gleiche,
So haben wir kein Interesse mehr
An eurem Deutschen Reiche.
„Am Reiche, das uns nur Lasten bringt
Und uns darunter läßt leiden,
Derweilen man unser wichtigstes Recht
Und einziges uns will beschneiden.
„was dann mit eurem Reich geschieht,
Das kann uns nicht mehr bewegen,
Es ist uns dann auch an seinem Bestand,
weil rechtlos wir, nichts mehr gelegen.
„was kommen mag, wir schauen dann zu
Still mit verschränkten Armen,
Und kommt ihr einmal in rechte Not,
Mag, wer will, sich eurer erbarmen!"
Da brüllt die ganze Junkerschaft,
Ihr Groll ist unermeßlich:
„Das ist", so schreien sie, „vaterlandslos,
Gin solcher Frevel ist gräßlich."
Ihr lieben Junker, bedenkt nur fein
Und lernt, ihr alten Unaben:
„So wie ihr schreit in den Wald hinein,
So werdet ihr Antwort haben." a.t.
Eduards Freundschaft.
Endlich! Endlich! Hinter Kopenhagen,
Wien, Paris und Rom am Tiberstrand,
Rach viel bangem Hin- und Wiederfragen,
Rach unheimlich langem Unbehagen
König Eduard auch Deutschland fand.
Herrlich, wie's sich ziemt, ward er empfangen.
Und es rauscht im deutschen Blätterwald:
Wie so tief ins Herz die Reden drangen,
Wie so hell die Schaumweinkelche klangen.
Wie die Kreudenböller laut geknallt!
Panzer, Kreuzer und Torpedoboote
Gaben friedlich beiderseits Geleit.
Deutschland streichelt Englands Löwenpfote,
Tausendfältig dröhnt's von Boot zu Boote:
Heil! Vor Kriegen sind wir nun gefeit!
Eduard, der gute Britenkönig,
Rß vergnügt den ganzen Kestsalat.
Nebenbei erregte ihn nicht wenig
Deutschlands gtottc und er lächelt' höhnisch,
Da er seinen Kanzler zu sich bat:
„Deutschland", sprach er, „ist zur See gerüstet
Bald so gut wie wir. Drum habe Acht,
Daß es nimmer allzusehr sich brüstet;
Daß es nimmer unfern ,ZreunG gelüstet
Unzutasten unsre Übermacht.
„Baue flugs ein Dutzend Panzerschiffe,
Bau' zwei Dutzend Kreuzer obendrein!
Spare nicht der Technik feinste Kniffe;
Je moderner unsre neuen Schiffe,
Desto dicker wird die.Freundschaft' sein."
Der Aäckerstreik.
Der Berliner Innungsmeister Semmelmann träumte
eines Mittags, daß die Behörden in der bei ihnen so ge-
schätzten unparteiischen Art in den Streik eingegriffen und
den verlauf desselben beeinflußt hätten. Ueberaus ver-
lockende Bilder umgaukelten dabei Semmelmanns Sinne:
Das Militär knetete den Teig
Die Feuerwehr bediente die Backöfen
Die Polizei machte den Preisaufschlag bekannt
Die Postbeamten trugen das Gebäck aus
Und am Abend nach dem Aaffenfturz sagte Semmelmann
zu seiner Krau: „Noch vier Wochen Streik, Alte, und
wir kaufen uns eine Villa im Grunewald!"
Leider war aber, als Semmelmann aufwachte, der
Streik bereits beendet und die Aussicht aus die Villa
zu Wasser geworden. „Das ist aber wirklich gemein!"
schimpfte Semmelmann. „Daß die Behörden das nicht
mal fertig bekommen, ist einfach zum sozialdemokratisch
werden!" ,.
Lofnachricht.
Berlin. Anfang Juni: Ruggiero Lconcavallo,
der Komponist des „Roland von Berlin" ist zum
musikalischen Laufs-Burschen ü la suite ernannt
morden. —^
Selbsterkenntnis.
v. Ihenplitz: Herrenhausreden waren er-
frischender Luftzug in dieser öden Zeit.
v. Quitzenhausen: Jewiß! Speziell hat
Freund Klitzing recht, der sagte, daß Leute vom
Land nur aus Lüderlichkeit nach der Stadt sehen!
v. I h e np l i tz: Jauz meine Meinung — spreche
darin aus eijener Erfahrung!
Piefke: Js bet ooch ’ix Koalitionsrecht, wenn
die Eisenbahner in Budde seinen Verband 'riu
müssen?
Lehmann: Jamoll, det is bet injebuddelte
Koalitionsrecht! »
Piefke: Js doch 'n dolles Land, dicset Frank-
reich! Machen se da Uhrmacherjesellen und Jepück-
träjer zu Birjcrmeeslern!
Lehmann: Wenn se so weiter machen, wird
schließlich noch 'n Loofbnrsche Präsident!