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Der wahre Jakob: illustrierte Zeitschrift für Satire, Humor und Unterhaltung — 21.1904

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https://doi.org/10.11588/diglit.6365#0216
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> - . 4441

W Der tzellige- Krieg. eT

Russe: Ich möchte nur wissen, warum wir uns eigentlich gegenseitig totschlagen sollen?
Japaner: Ja, wenn wir das wüßten, dann — wär's mit den Kriegen bald vorbei!

Dobelfpäne. eT

Auf das Schrcckensregiment
Hatte Plehwe ein Patent
Und mit einer wahren Wut
Hat geplätschert er in Blut.

Da er unverbesserlich,

Rüsten die Verschwörer sich;
Plehwe kam in Ban» und Acht
Und ward meuchlings uingebracht.

Selbstverständlich, daß der Zar
Drüber sehr bekümmert war;
Sonsten war die Freude groß:
Einen Schinder mar man los.

Ein Wiener Universitätslehrer hat ein Verfahren erfunden, durch
welches der Kretinismus geheilt werden kann. Wie wär's, wenn die Mit-
glieder der deutschen Herrenhäuser sich mal als Versuchskaninchen dafür

zur Verfügung stellten?

Es schlittert in seinem Grunde
Der russische Koloß,

Der einst über ganz Europa
Furcht und Bedrängnis goß.

Und weithin bei den Völkern
Wird es nun völlig klar,
Daß dieses Ungeheuer
Nur Vogelscheuche war.

Hundert dumme Streiche bringe» einen Minister nicht um seinen
Posten; eine einzige wackere Leistung kann seine Stellung gründlich er-
schüttern. , .

Persönlich sei, so heißt's, das Regiinent,
Doch alles das ist Phrase und Geflunker;
Es lächelt spöttisch, wer die Dinge kennt,
Denn eigentlich regieren uns — die Junker.

Wenn ich den Acht-Uhr-Ladenschluß nur meiner Alten beibringen
könnte! Die schließt ihren Laden erst um zwölfe!

Ihr getreuer Säge, Schreiner.

Pfarrer Coltms an fein Pfarrtüncl.

„Mein gutes, mein liebes Anna,

Mein inniggeliebtes Krau",

Du meiner Seele Manna,

Meines Herzens Himmelstau.

Nicht lieb' ich an dir des Weibes
Krommkindüche Seele bloß,

Ium Reiz auch des schönen Leibes
Ist meine Liebe groß.

Ich lieb' mit der 8lut meiner Jahre,

Des Alters ganzer Lust,

Deine wunderschönen Haare,

Deine junge anziehende Brust.

Dein Händchen so weich und kosig.

Dein Auge so groß und stumm.

Deine Lippen so voll und rosig,

Lurz alles, was dran und drum.

So komm' in meine Alause,

Du findest ein gutes Bett;

Doch, bitte, laß zu Hause
Das dumme Schnürkorsett.

Das ist eine Höllenerfindung,
verkrüppelt die Seele zumal,

Ls stört der Herzen Lrgründung
Und ist auch sonst fatal.

Ich aber möchte dir nah' sein
Durch keine Schranken getrennt.

Dieweil im himmlischen Dasein

Man auch das Korsett nicht kennt. 8.8,

Aus Königsberg.

„Schade, daß das Attentat auf Plehwe nicht acht Tage
früher kam — einige Jährchen Zuchthaus hätte ich ganz be-
stimmt damit herausgeholt!"

Lieber Jacob!

Die Nachricht von bet zwangsweise Entschlafen
»es russischen Ministers Plehwe hat ooch bei uns
Berliner uffrichtije Teilnahme erregt. Man bc-
»auert allenthalben dem Kutscher, der dabei hat
sein Leben lassen missen. Mein Frcind Edeward,
»er in seine Jugend als Waldarbceter wirksam
jewesen is un sich dabei ooch mit die Jrundsätze
der Jäjerei vertraut jemacht hat, sagte, et wäre
janz pollezeiwidrig, in diese Jahreszeit, wo keen
lnmpijer Hase un keen Rebhuhn nich jeschosscn
werden derf, 'n russischen Minister zu erlesen.
Ick machte ihm aber druff uffmerksam, bettet for
Raubzeig in de janze Welt ieberhaupt kecne L>chon-
zeit nich jibt. Da hatte er nich dran jedacht.

Inzwischen haben sich in den Schoß von de
christliche Kirche wichtije Reformen vollzogen,
Klingelbeitel soll abjeschafft werden, det heeß. der
kleene lederne, den se bei'n Jottcsdienst de from-
men Büßer unter de Reese halten un wo immer
so villc abjerissene Hosenknöppe drin lefunden
werden. Also ooch hier spicrt man den Jeist von
de neie Zcit, wo et heeßt: Kleene Jaben stn un-

beliebt! Der jroße Klingelbeitel, den de Börsen-
jauncr un de heheren Hofbeamten verwalten,
bleibt natierlich im Dienst, obwohl ihn der Satan
in de letzte Zeit 'n Loch jerissen hat, wat woll nie
mehr ivird jänzlich zujeflickt werden kennen.

Aber in Mirbach'n habe ick mir doch jeteischt.
Ick hatte dein Mann for ville leistungsfähijer
taxiert, als wie er sich in die Affäre mit den
Prinzen Sayn-Wittjenstein bewiesen hat. Erst
verspricht er sein Mündel, det er seine Braiit
zu'ne Prinzessin machen werde, wenn er ihn de ekel-
hafte Rechenschaftsablejuug icber de Vermcejens-
vcrivaltuug schenken tut, un denn kann er et
nachher janich un det Reichsjericht verknaxt ihm,
allens zu blechen. Nu sitzt er wieder mal in'n
Wurschtkesscl un de „ajitatorische Presse" heizt
ihm in. Det is mit die hohen Herren so ver-
schieden: der Freiherr von Schirp macht allens,
un der Freiherr von Mirbach macht bloß manches;
'n Jauner kann er zu'n Hofbankier machen un
'ne olle Puffmutter zu'n Ritrerfrcilein von den
Luisenordcn, aber 'ne Prinzessin kann er nich
machen. Un dabei scheint er trotz sein ehrwirdijet
Alter doch jottseidauk noch recht rüstig zu sind.

Also zu'n ersten April soll Lucanus dem Ab-
schied bekommen. Tut mir leid. Ick habe dem
Mann immer jeliebt, weil er so ville rausschmiß,
wat ieberflissig war. Allerdings is immer, wenn
er eenen an de frische Luft beferdert hatte, sofort
Nachschub vou dieselbe Nummer erfolgt. Neijierig
bin ick bloß, wer ihm nu eejcntlich rauswimmcrn
wird. Er wird sich woll selber bei't Schlafittchen
kriejen missen, wat for 'ncn jewandten Hofmann
ja ooch keene besondere Schwierigkeit bieten soll.

Womit ick verbleibe mit ville Jrieße dein jetreier
Jotthilf Rauke,
an'n Jörlitzer Bahnhof, jleich links.
 
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