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Der wahre Jakob: illustrierte Zeitschrift für Satire, Humor und Unterhaltung — 22.1905

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https://doi.org/10.11588/diglit.6368#0012
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Russischer Sport in Deutschland.

Armenball.

U

Man freute sich ein ganzes Jahr
Aufs Wohltun für den Proletar
And sparte manchen Goldfuchs gar
Nun ist es da, nun ist es wahr:

Das Ballfcst für die Armen!

Der Los erscheint dabei zumeist.

Der Adel auch — nicht der vom Geist! -
And wer mit „.Haben" um sich schmeißt.
Kurz, alles was „Gesellschaft" heißt:

Sie tanzen für die Armen!

Was frommt zu Laus die reichste Tracht?
Was Schmuck? Was holder Reize Pracht?
Wenn keines wird zu Markt gebracht,
Wenn nicht Begierde wird entfacht:

Drum tanzt man für die Armen!

Wohltun ist Sport, ist purer Schein —
Es bringt zudem recht wenig ein. . . .
Doch Sekt, der will getrunken sein!

Am Männer muß die Tochter frei'n:
Drum tanzt man für die Armen!

Musik erbraust! Der Reigen schwirrt!
Es schwatzt derSchwarm, csbuhltdcrFlirt...
And Treu und Tugend, heiß umgirrt.
Wie Glas zerschcrbt zu Boden klirrt:
Man tanzt ja für die Armen!

3m Schwall von soviel Tiernatur
Seht Charitas! Ach seht sie nur!

Stumm klagt der Wangen Tränenspur,
Welch bittres Leid ihr widerfuhr:

Sie weint um all' die Armen— e.ki-.

Tabu.

Aus dem demnächst erscheinenden Reise-
bericht des berühmten Forschers Bonsens sind
uns bereits jetzt einige Bogen zugegangen,
und wir versäumen nicht, unseren Lesern
daraus einen Auszug zugänglich zu machen.
Es heißt daselbst:

„Aber soviel Fremdartiges ich in langem
Verkehr mit den Bewohnern dieses großen
Landes kennen gelernt hatte, sollte ich doch
noch etwas erleben, das mich in geradezu
fassungsloses Staunen verseht hat. Von einem
mehrtägigen Fischzug, dem auch ich mich an-
geschlossen hatte, heimgekehrt, fand der gast-
freundliche Stamm seinen Wohnsitz ausge-
plündert. Während die Weiber jammerten,
untersuchten die Männer alle von den Räubern
hinterlassenen Spuren. Es galt, sich schnellstens
wieder in den Besitz der so mühsam ein-
geheimsten Ernte zu setzen, wenn nicht emp-
findlicher Mangel eintreten sollte. Nicht weit
von der Ansiedlung teilten sich die Spuren
und wiesen nach zwei verschiedenen Rich-
tungen. Da die Stärke des Feindes un-
bekannt war, beschloß man, beisammen zu
bleiben und vorerst in der einen Richtung
vorzugehe». Schon am zweiten Tage standen
wir vor einer mittels Palisaden stark be-
festigten Anhöhe, auf welcher das Dorf des
räuberischen Stammes lag. Nie werde ich
den todesverachtenden Mut vergessen, mit
dem die Unsrigen eindrangen. Weder Gräben
noch Dornenhecken, weder Pfeilhagel noch
Speerwürfe aus wohlgedeckter Stellung ver-
mochten sie zurückzuhalten. Nach drei Stunden
war die Anhöhe erstürmt, allen waffenfähigen
Gegnern der Garaus gemacht, und beladen
mit den teuer wiedererkauften Früchten seiner

Arbeit machte sich der Stamm auf den Rück-
weg, seine Toten und Verwundeten mit sich
schleppend."

Es folgt nun die Schilderung des Auf-
bruchs zur Verfolgung der Räuber, welche
die andere Richtung eingeschlagen hatten:

„Diesmal drangen wir allerdings lang-
samer vor. Die Spuren waren verwischter,
und oftmals gingen wir irre. Erst am fünften
Tage waren wir unserer Sache sicher. Jen-
seits eines blauen Sees lag im Morgennebel
die Ansiedlung der Räuber. Zwei junge
Männer, denen ich mich anschloß, wurden auf
Kundschaft ausgeschickt. Halb schwimmend,
halb watend gelangten wir ans andere Ufer.
Das Dorf lag ganz offen da — weder durch
Graben noch Wall geschützt. Es erschien mir
kinderleicht, das Geraubte wiederzuerlangen.
Aber ich sollte eines anderen belehrt werden.
Meine Begleiter hielten plötzlich mit dem
Ausdruck der größten Bestürzung inne. Voll-
ständige Hoffnungslosigkeit sprach aus ihren
Zügen. ,Verloren für immer/ murmelten sie.
Und als ich sie verwundert anblickte, lispelten
sie mit ehrfurchtsvoller Scheu: ,Tabu! Tabu!'
und wiesen aus eine kleine, niedrige Einfriedi-
gung. Diese bestand aus leichten Baumreisern,
die — zu Paragraphenzeichen zusammengefloch-
ten waren." Fritz.

Äus -Lippe.

Köchin: August, du hast mir doch ewige
Treue jeschworen und jetzt willste mir ver-
lassen?

Gefreiter Bumke: Die Hab' ick jeschwo-
ren, als ick noch unvereidigt war... also
jilt et nischt!
 
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