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Der wahre Jakob: illustrierte Zeitschrift für Satire, Humor und Unterhaltung — 22.1905

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https://doi.org/10.11588/diglit.6368#0026
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4594

6iu hohes Amt.

über den Dächern, durch stürmende Euft Und der es schlingt zu der Menschheit heil,

Die menschliche Stimme spricht und ruft. Ihm ward ein wichtiges Amt zu teil.

Sie spricht und ruft, und sie webt ein Band
Zwischen Städtegebraus und dem schweigen-
den Land.

Als höchstgestellter hält er den Draht
Zwischen Uolk und Uolk, zwischen Staat und
Staat

Sie webt ein Band zwischen Herwegs Jim In der starken hand. Sein Blick schweift weit -
Und des Ätna wolkiger Jeuerstirn. kr hält den Schlüssel der neuen Zeit.

Clara Müller.

Hamborg b. St. Pauli,
Jahreswende Anno
1904/5.

Werte Redakschon!

Indem ich seit '»
paar Wochen mich aus-
geschwiegen habe, ist
mirjetztdieNotwendig-
keit unabweislich, die
werte Redakschon von
einesehrwichtigeSache
3» unterrichten, wo nur
ich weiß und etliche
Stammgäste, wo aber unterwegs sind nach
Singapore und La Plata und so, und kein
Sterbenswörtcheit nicht sagen. Denn warunr
und woso? Weil es nämlich ein Staatsge-
heimnis aus die hohe Politik ist, was ich jetzt
in der iverten Redakschoir vertrauensvollen
Busen ausschütte, rme immer der hochdeutsche
Quittje sagt, wo bei mir in der Köminsel
Unterricht nimmt im Grogtrinken und so. Also
ich will es enthüllen, ivie es zugeht mit die
japanischen Seesiege, und wenn die werte
Redakschon in die Blätter liest, daß die baltische
Flotte auch den Weg voir die anderen russischen
Schuten gegangen ist, so kann sich die Redak-
schon man sagen: „Dieses hat unser geschätzter
Mitarbeiter wieder ganz richtig geprofenzeit!"
Denn was das Nautische anbetrifft, so bin ich
ein Urakel und könnte die Admirals was lernen.

Also was mein Neffe ist, so ist der von die
Hamborg-Amerika-Linn ganz ab, seit die Ge-
schichte passiert ist mit die Löcher in die Tep-
piche, wo er enthüllt hat, und hat als Koch
angemunstert auf einem Kohlenstihmer und ver-
sorgt die baltische Flotte, ivas sehr neutral ist.
Hub Fietje Pemöller ist auch angemunstert als
Maschinenassistent, und sind beide gute Freunde.
Also los mit dem alten Kohlenkasten. Und
kommen zurück zu Weihnachten und trinken
Grog und grienen, und Fietje zahlt mich seine
alte Rechnung, worauf ich frage, woso, und
sie abermals grienen und ich aufmucke. Dann
erzählten sie mich die Geschichte, was ein
Staatsgeheimnis ist.

Nämlich bei Dakar haben sie die russische
Flotte gekohlt, und Rotsdewensky >var wieder

mächtig.duhn und die andern auch und an
die Schraubenwelle von ein Panzerkreuzer war
rvas kaputt, uird so signalisierten sie nach dem
Kohlenschiff um einen Maschinisten, wo so was
sachverständig befummeln kann. Somit ging
Fietje ins Boot und mein Neffe liebsterwelt
aus purer Neuschierigkeit mit, und schrien den
Kreuzer an: „vo you speak English?“ Worauf
einer von die Offiziers sagte: „Yes!“ Und
Fietje gröhlt nun: „Na, denn lat inan dat
Fallreep runner", und so kommen sie an Bord,
»rang lauter Dnhne. Fietje betrachtet sich die
Schraubenwelle sachverständig, und es hatte
sich nur der Überrock von einem Offizier rum-
gewickelt, was er aber nicht sagt, sondern höllisch
ängstlich tut, von rvegen die Gratifikatschon.
Und bleiben drei Tage an Bord und kriegeir
Wutki und so. Der Kreuzer »rächte aber mit
die eine Schraube nur neun Knoten oder so
und blieb zurück und sollte Nachkommen.

Aber an einen: Morgen, wo sie so die Küste
lang kriechen, kommt ’n Boot und macht Zei-
chen, itnö die Offiziers machen auch Zeichen,
unb so ’tt gelber Japaner klettert an Deck
und hat Palaver mit die Offiziers uird damr
wieder fort. Worauf die Matrosen und die

„Ja, ja, teurer Amtsbruder von der andern Kon-
fession, du meinst, wir hätten es schöner, weil wir
heiraten könnten? Sage das nicht! früher dachte ich
es auch, aber heute beneide ich dich. Du kannst deiner
kündigen-ich aber nicht!"

Heizer und alles Wutki kriegt und wieder
Wutki und alle pünktlich zu Mittag duhn sind,
rinnsteinduhn!

Werte Redakschon, nun kommt das Staats-
geheimnis, das ist nämlich eine norwegische
Brigg, tvo auftaucht und auf der: Kreuzer zu-
kommt und Boote aussetzt, und die Mannschaft
von dem Manowar, wie ivir Seeleute eilt
Orlogschiff heißen tun, rvird stückweise auf-
gehißt und runter in die Boote und an Bord
der Brigg, und in zwei Stunden waren die
Kerls alle verstaut und immer noch sprütten-
duhn und nichts gemerkt. Worauf ein Stihmer
aufkam und so ’n hundert Japaners an Bord
des Kreuzers setzte rmd rvollten eben mit los-
dampfen, als Fietje gröhlt: „Halt stop", was
ihnen überraschte, iveil doch laut Kontrakt der
Kreuzer leer und ledig sein sollte. Fietje
muckte auf und »rein Neffe auch, und ein alter
Japaner, was wohl der Käppen war, gab
jedem eine Hundertpfuudnote und sollten beim
nächsten Hafen ausgesetzt werden und an Land
gehen und stillschweigen, ivas sie auch getan
haben.

Werte Redakschon! Das merkt ein Pferd,
was los ist, indem die russischen Offiziers ein-
fach mit ihre Mäntels Havarie an die Ma-
schine machen, darauf zurückbleiben und die
olle Schute bei paffende Gelegenheit an die
Japaners verkaufen, ivo schoir darauf lauern
llnd das Geld mitbriugeu. Und wenn nun
die baltische Flotte so bei Colombo oder noch
weiter hintan ist, dann kommt 'ne Depesche
von 'ne große Seeschlacht, wobei die halben
russischen Schiffe verloren sind au die Japaners,
ivo sie aber schoir an die Westküste getauft
haben von die Offiziers und anders ange-
strichen und japanestsch lackiert. Und daran
kann man sehen, wie in der Welt gelogen
rvird rmd besonders irr die Depeschen, wo jetzt
auch drahtlos sind, was ich aber nicht glaube,
Bern: Drahtlosigkeit darf ich -rieht auerkennerr
als Fleegenwirt und Köminsulaner, außer bei
meine Stammgäste, wo Hundertpfundnoten
nritbringen.

In diesem Sinne und mit der Warnung
vor Neuigkeitsdepeschen grüßt die werte Re-
dakschon Claus Swartmuul.
 
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