Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
Gerichtsvollzieher: Bauer, sperr dich nicht, der Staat will doch nur dein Bestes!
Bauer: Ja, das will ich ihm aber nicht gebe».

Oer frechste Junker.

Preisend mit viel schönen Reden
Ihre Ränke schlau und sei»,

Saßen viele Preußenjunker
Abends spät beim edlen Wein.

„Herrlich", sprach ein märk'scher Ritter,
„Ist uns das Ersetz gedieh'n;

Die krepierten alten Rühe
Zahlt man glänzend in Berlin."

„Schweine stehen hoch im Preise",
Prahlte lärmend ein Magnat;

„Denn die Grenzen hat geschlossen
Ans zu Nutz' der Vater Staat."

„Die Aartoffel sei gesegnet".

Rief ein Kürst, der Kusel brennt;

„Um mir den Prosit zu sichern,

Schützt der Staat mein Kontingent."

„Wucherzölle auf Getreide",

Nun ein Herr aus Pommern sprach,
„Schaffen, daß mein Teil der Beute
Wohl nicht steht dem euren nach."

Jetzt an seinem Habybarte
Zupfte stolz ein junger Graf:

„Habe Sprit nicht, nicht Getreide,
Züchte weder Schwein noch Schaf.

„Und mein Gut ist öde Kläche,

Weiter nichts als Sumpf und Sand;
Dennoch tausche ich mit keinem,

Weil ich einen Käufer fand.

„Ja, mein Gut ist ausersehen
Nun als Truppenübungsplatz,

Und man zahlt mir Millionen
Bar jetzt aus des Reiches Schatz."

Darauf schrieen alle Junker
Aus der Mark und Kaschubei:

„Edler Graf, ihr seid der Krechste
Unsrer frechen Kumpanei!" Secundus.

Seine Ansicht.

Der kleine Kurt stattete mit seiner Mutter
der Tante den Geburtstagsbesuch ab. Die
Kinder der ganzen Verwandtschaft waren
versammelt, und am Kaffeetisch suchte jedes

das größte und beste Stück Kuchen zu er-
haschen.

Auf dem Heimweg meint der kleine Kurt:
„Mutter, ich habe nur ein ganz kleines Stück
Kuchen bekommen!"

Die Mutter belobte ihn ob seiner Bescheiden-
heit. Allein Kurt war anderer Ansicht. Nach
einer Weile philosophischen Schweigens sing
er wieder an: „Du Mutter, der Ernst und
der Fritz haben doch ganz klug daran getan,
daß sie die größten und besten Stücke nahmen."

„Nein, Kind, sie waren ungezogen und un-
bescheiden !"

„Aber, Mutter, wir haben doch gestern erst
in der Religionsstunde den Spruch gelernt:
Prüfet alles und wählet das Beste!"

Segen des Monarchismus.

Kein trocken Brot für Weib und Kind,

Kein schützendes Dach gegen Kälte und Wind
And nirgends Arbeit um kleinsten Lohn,
Doch getrost! der Kaiser, der hilft uns schon!

Der Kaiser verschafft uns ein ruhig Quartier,
Der Kaiser rettet uns — glaubet mir! -
Das will ich gerne beeidigen:

Wir brauchen ihn bloß — zu beleidigen! e.
 
Annotationen