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4618

Ahne und Luke!.

Der Ahne war ein Stegreifheld,

Der Straßenraub noch selber trieb,

Und was als Beute ihm verblieb,

Das hieß er Zoll und Wegegeld.

Und endlich kam der Augenblick,

Dasein Verdienst um
Stadt und Land
Die rechte Anerken-
nung fand:

Das war ein derber
hänfner Strick.

Der Lnkel macht es sich bequem
Und reitet nicht aus Beute aus,
Beschließt vielmehr im Hohen Haus
Lin echtes Wucherzollsystem.

Die reiche Beute heimst er ein,

Die er vom Volke sich
erzwingt,

Wenn etwas seinen Hals
umschlingt,

Kann es ein Ordens-
band nur sein.

Secundus.

Stammtifchreöe

des Netzgermeisters a. D. Wurstler in Nünchen.

Meini Herrn, i sag Jhna nur dös oane,
daß wenn ma mir d'Wahl laßt, ob i Kaiser
von Rußland wern oder mein' Alte nomal
heiraten will, i ohne Bsinna sag: Nachher in
Gott's Nam' her mit meint Hausdrachen.
Jessas muaß da dös a Vergnügn sein, wenn
ma der russische Kaiser is! Setzt er si auf an
Stuhl, nachher muaß er fürchtn, daß oa Fuß
abgsägt is oder a Dynamitpatrona drinsteckt,
ißt er oder trinkt er was, nachher kann er
leicht a Gift derwischn, fahrt er spaziern und
es begegnt ihm oana mit am Paketl in der
Hand, moant er glei, es is a Bombn. Sogar
in seim Bett is er net sicher, ob er net mitten
drin in d'Luft fliagt. I wüßt schon, was i
tat, wenn i der Kaiser von Rußland war, i
tat a paar Milliona ins Schilettaschl stecka
und schiabat damit ab. Und wenn i glückli
über der Grenz war, tat i eahna Zungn raus-
blecka und schreia: Jetz könnts mir am Buckel
naufsteign. Und a Ansichtspostkarten schreibat
i eahna a no, dö gschmalzn und pfeffat war.
Wenn ös Saubande, schrcibat i, oan zum in
d'Luft sprenga oder zum Köpfn brauchts, nach-
her suchts enk gfälli an andern als mi. I bin
koa Zeiserl, dös in der Luft umanandafliagn
kann, und an Kopf muaß a jeder habn. Drum
wißts was, ös Gsellschaft, ös Gfraß, ihr
könnts mi gern Ham!

Aber wissen S', meini Herrn, zum Zu-
schaugn muaß die Gschicht do recht interessant
sei. I möcht an Luftballon ham und von da
aus dös Gschiaß und Graus in Petersburg
gemütli betrachtn. A paar Bombn tat i mir
a mitnehma und hie und da oane auf d'Leut
nunterschmeißn. Neuli Hab i mi schon gfreut,
weil de Arbeitslosen in München a bißl ru-
mort Ham. Sie Ham zwar gar nix tan, aba
Polizei hat si so wichti gmacht, daß ma hätt'
moana könna, es wär bei uns a losganga-
Grad drunter neingritten san d'Schutzleut und
verhaft hams a etliche. Ja sogar mi, an
Privatier Wurstler, Ham f arretiert, wenn s'
mi a glei wieder auslassen Ham.

Also die Gschicht war a so. Wia i am
Freitag an Maximiliansplatz komm, marschiert

a Hansa Arbeitsloser daher. No, ma kcnnts
schon an meint Gwand, daß i net zn so am
Gsindel ghör, aber damit mi ja neambt damit
verwechselt, Hab i meini Hand aus dö Taschn
tan, daß ma meine Ring gesehn hat, und
ntein Überzieher und ntein Rock Hab i auf-
gknöpft, daß mein schwere goldene Uhrkettn
rausgschaugt hat. I schließ mi dö Arbeits-
willigen a bißl an, weil i mir denkt Hab, daß
vielleicht do an Krach mit der Polizei macha.
Aus oamal kimmt hinter mir a Schutzmann
daher, halt mi an und sagt: „Sie san arretiert.
Sie genga mit!" Was, ruf i, i arretiert?
Was fallt Eahna denn ein? I bin der Pri-
vatier und Hausbesitzer Wurstler. „Jawohl",
sagt der Schutzmann höhnisch, „dös sagen Sie,
aber wir wissen schon, wer S' san. Sie hoaßn
eigentli Hinterberger Alois und Ihre Spezi
nenna Eahna an Wampenalisi, weil S' a so
dick san. Und wenn S' wo an Überzieher
oder a Uhr oder sonst was sehn und neambt
aufpaßt, nachha nehma Sie's mit. So und
jetzt 's Maul ghalten oder i fessel Eahna."
Was Hab i macha wolln? Es is mir nix
anders übrig bliebn als mitz'gehn.

Auf der Polizei bin i am Regierungsrat
vorgführt worn, und der Hot gsagt: „Sie
braucha bloß z' beweisen, daß Sie der Pri-
vatier Wurstler san, nachher können S' sofort
ivieder gehn." Jetzt is mir eingfalln, daß in
dem Haus, dös wo i in Schwabing Hab, der
Polizeikommissär Huber wohnt. Is der Herr
Kommissär Huber net da? frag i. „Schaugn
S' nach", sagt der Regierungsrat zu am Schutz-
mann, der a im Zimmer war.

Es hat koane zwoa Minuten dauert, da is
der Kommissär a schon dagwesn und hat mir

aus der Patschn gholfen. „Ja", sagt jetzt der
Regierungsrat zum Schutzmann, der mi ver-
haft ghabt hat, „wia können S' denn so a
Dummheit macha?" Da hat der Schutzmann
g'antwort: „A recht fein anzogner junger Herr
is zu mir Hinkomma, hat auf'n Herrn Wurstler
deut und gsagt: Den sollen S' Eahna net
auskomma lassen, dös is a großer Lump. Den
Hab i schon zwoamal derwischt, wie er mein
Überzieher hat mitnehma wolln, und am Be-
kannten von mir hat er d' Uhr aus der Westen
zogn: Unter do Spitzbuam hoaßt er der
Wampenalisi, weil er so an Mordsbauch hat.
Eigentli schreibt er si Alois Hinterberger."
Ja, um Gott's willen, schrei i, wia hat denn
der Kerl, der dös gsagt hat, ausgsehn? Der
Schutzmann beschreibt 'n, und dabei is mir
alleweil sonderbarer worn. Hat er net, frag
i, an Kratzer am linken Backen ghabt? Mei
Maxl verkratzt si nämli alleweil 's Gsicht, daß
ma 'n für an Korpsstudenten halt. „Freili",
sagt der Schutzmann. So! ruf i voller Wut,
jetzt woaß i, wer's gwesen is, mei eigner
Bua, mei Maxl war's. Der elende Strick hat
sein alten Vata wieder amal für 'n Narren
ghalten!

Kaum Hab i dös heraus ghabt, Ham die
andern z'lacha angfangt, daß sie si bogn Ham.
Meini Herrn, sag i, da is nix zum Spaßn, dös
is a schwerer Mißgriff gwesn, den setz i in
Zeitung. „Herr Wurstler", sagt der Regie-
rungsrat drauf, wenn <§' dös tun, lacht Eahna
ganz München aus". Ich Hab eingsehn, daß
er recht hat, und so Hab i's halt sein lassen.

So is dö Gschicht gwesn, wia 's an Privatier
Wurstler als Dieb arretiert Ham. — Zenzl, no
a Maß!

Die Ruhe des Friedhofs.

Zar: Ich scheine ausgezeichnet zu regieren — keiner murrt!
 
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