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Der wahre Jakob: illustrierte Zeitschrift für Satire, Humor und Unterhaltung — 22.1905

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https://doi.org/10.11588/diglit.6368#0140
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6ott verläßt Me Semen nicht.

Der Zar startet dem hl.Scraphin den Donkod für die gewonnene Schlacht von Warschau.

M Novelsväne. ’<&

Aus dem Nachlaß, dem famosen,

Jetzt ein jeder lesen kann,

Daß der Hammerstein gewesen
Ganz der rechte „starke Mann".

Dieses Wahlrecht, das verhaßte,

Hätt' er aufgehoben gleich;

Große Sozialistenhetze
Hätt' begonnen in dem Reich. "

Ach, ein Traum nur, ist's gewesen,
Weil der starke Hammerstein,

Statt auf den Ministersessel,

In das Zuchthaus kam hinein.

Zeit dort halt' er, nachzudenken, Daß der Junker Bäume wachsen

Wie es konnte möglich sein. In den Himmel nicht hinein.

Was ist Staatsweisheit? Wenn der Staat einem Schürfer für
l Mark und 50 Pfennig das Recht auf Kohlenlager im Umkreis von
2189000 Quadratmeter um das Bohrloch herum überläßt und es dann,
wie bei den Hibernia-Gruben, um 20142683 Mark wieder zurückkauft.

Die Sittlichkeitsapostel,

Die kommen stets zu kurz,

Sie können nicht jeder Nacktheit
Umhängen einen Schurz.

Und so nimmt denn das Unheil
Noch weiter seinen Lauf,

Sie stehen vor nackten Bildern
Und regen sich schrecklich auf.

Wenn eine Regierung Mißstände nicht abstellen will, setzt sie eine
Untersuchungskommission ein. Ihr getreuer Säge, Schreiner.

Die drei Beschützer.

Preisend mit viel schönen Reden
Ihrer Länder Wert und Zahl
Saßen in Marokkos Lauptstadt
Drei Gesandte auf einmal.

Und es sprach zunächst der Deutsche,
Graf von Tattenbach genannt:

„Meine Absicht ist die Beste,

Lieber Sultan, für dein Land!"

And es sprach darauf der Franke,
Monsieur Taillandier, gewandt:
„Meine Absicht ist noch besser.

Lieber Sultan, für dein Land!"

Und es sprach zuletzt der Brite,

Mister Lowther man ihn nannt:
„Meine Absicht ist die Aller-
Allerbeste für dein Land!"

„Überzeugt davon, Ihr Lerren,

Bin ich," sprach der Sultan frei-

Still im Äerzensgrunde dacht' er:

„Sol der Teufel alle drei!!" K. <?.

Doch etwas!

Die RegtmentSmusik des 1. Garderegiments z. F. erhielt
einen schwarzen Schellerbannerträger, der 2,10 m groß
ist und vom Kaiser selbst in Marokko ausgesucht wurde.

Geht die Zeitgeschichte nicht in Tanger
Mit bedeutendem Geschehnis schwanger?
Soren wir doch, daß bereits sich loco
Deutschland aufhält jener aus Marokko
Importierte Schellerbannerträger,
Seitenstück zum schwarzen Paukenschläger!
Netto mißt er zweieinzehntel Meter
And in Potsdam bei der Garde steht er!
Diese Meldung bleib' uns unvergessen.
Dran das Reiseresultat zu messen.
Zweifelt wer noch, daß es ganz famos ist
And für Deutschland der Erfolg sehr groß ist?

Aus Konstantinopel.

Drahtloses Privattelegramm des „Wahren Jacob".

Die durch die Blätter gegangene Meldung,
daß der Sultan zur Hochzeit des deutschen
Kronprinzen zwei hohe Würdenträger mit kost-
baren Geschenken nach Berlin senden werde,
kann ich, gestützt auf die Mitteilungen des
Botschafts-Kutschers, in einem wichtigen Punkte
ergänzen. Von der naiven Ansicht beherrscht,
es walten an den Gestaden der Spree dieselben
ehrwürdigen Bräuche, ivie am goldenen Horn,
ivollte der Sultan den für den Erben der deut-
schen Krone bestimmten drei feurigen Heng-
sten einen Eunuchen beifügen. Man erfuhr
davon am preußischen Hofe und winkte dankend
ab mit der Begründung, daß Deutschland selbst
genügend Eunuchen produziere, der Bedarf sei
auf lange Zeit hinaus gedeckt.

Lieber Jacob!

Unser Amtsrat, der konservative Abjeornte
aus Ostpreißen, der bei meine Schwester in't
Vorderhaus zwee meeblierte Zimmer hat, is
nu wieder zu'n Reichstag injetroffen. Er war
sehr ärjerlich un spie Jift un Jalle, bet er
nich schon am Neinten, zu de jroße Schiller-
feier, hat können hier sind. Er is nämlich
noch aus seine Milletärzeit her 'n jroßer Fremd
von blutije kriejerische Schauspiele, un nu tut
et ihn mächtig leid, det er bei de jlorreichen
Attacken, die de Pollezei jejen de Schiller-
verehrer uff'n Schandarmenmarkt jeritten hat,
nich dabei jeivesen is. Er hat doch dunnemals
Mars-la-Tour mitjemacht, un sagt, nach de
Zeitungsberichte muß det jetz hier janz ähnlich
jewesen sind. Er hofft nu, det er villeicht
bei de jroße Jubeläumsfeier un Denkmals-
enthillung in Charlottenburg, die Ende Mai
stattfinden soll, det Verseimte wird nachholen
kennen. Denn jewiß, meente er, werde doch

de Pollezei sonne Jelejenheit nich vorieberjehn
lassen, ohne sich in ihren scheensten Kampfes-
mut un in ihre janze kriejerische Pracht sehen
zu lassen. Un namentlich de Charlottenburjer,
die doch schon unlängst durch ihr todesverach-
tendes Vorjehen jejen de zwee weiblichen
Streikposten uff de Fraunhoferstraße bewiesen
hat, det se keene Menschenfurcht nich kennt!

Aber leider mußte ick den Amtsrat ooch
diesen Zahn ziehn, indem det ick ihm uff den
jroßen Studentenfeez hinwies, der vor kurzem
ohne alle pollezeilichen Mißjriffe in Charlotten-
burg stattjefunden hat, wo mindestens dausend
Jinglinge von de keenigliche Klempnerakademie
mit mächtijen Radau un schreckliche Jesänge
längs den Trottoar von de Berliner Straße
bis nach'n Spandauer Bock jewalzt sind, un
keen Schutzmann oder Pollezeileitnant is nir-
jends nich zu sehn jewesen.

Da wurde der Amtsrat janz traurig un
meente, nu jloobe er ooch fast, det et mit det
deitsche Volk abwärts jehe: denn de beiden
stärksten Seilen von unsre nazjonale Eijen-
tiemlichkeit, de Pollezei un de Milletärjerichte,
fingen bereits an zu versagen. Un er erinnerte
an det misepetrije Urteil von det Saarburjer
Kriegsjericht, det neun Ulanen, die schon zu
de scheensten Zuchthausstrafen wären verknaxt
jewesen, jänzlich freijesprochen hätte, un zwar
bloß aus den lächerlichen Jrund, weil die Kerls
nischt nachzuweisen jewesen wäre.

Der olle Mann tat mir in seinen Kummer
leid un ick suchte ihm mit die sichere Hoffnung
zu treesten, det det nächste Kriegsjerichtsurteil
ja woll wieder janz nach seinen Jeschmack nus-
fallen wirde! Un ooch de Pollezei wirde bei
de nächste Jelejenheit, wo zum Beispiel Arbeeter
wat Ähnliches wagen sollten wie de besoffene
Studenten, allens wieder jut machen.

Womit ick verbleibe mit ville Jrieße Dein
jetreier Jotthilf Rauke

an'n Jörlitzer Bahnhof jleich links.
 
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