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Der wahre Jakob: illustrierte Zeitschrift für Satire, Humor und Unterhaltung — 22.1905

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https://doi.org/10.11588/diglit.6368#0246
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4816

^ Manöver. -«b

Trommelwirbel und Trompeten,
Blanke Helme, Lanzenfnhnen,
Adjutanten, Ordonnanzen,

Grenadiere und Ulanen . ..

Aren dich, Michel!

Dort die schneidige Attacke.

Hei, Um dröhnt und bebt die Erde!
Sehr ergötzlich ist der Anblick,

Und krepiert sind nur zwölf Pferde.
Iren dich, Michel!

Jetzt die Batterie. Bergaufwärts
Rasseln, klirren die Geschütze.

Bloß zwei Mann sind überfahren
Und vorläufig nichts mehr nütze.
Iren dich, Michel!

Neue Scharen nun zur Linken;
Eilmarsch seit heut früh um viere.
Unterwegs im Straßengraben
Röcheln dreißig Musketiere.

Iren dich, Michel!

Schluß für heute... Bciivachtfcuer,
Dumpf der Uopf und schwer die Glieder,
Auf dem Blachfeld liegt die Mannschaft,
Regengüsse klatschen nieder.

Iren dich, Michel!

Morgen ... Zur Parade rüsten,

Zur Parade, welche Wonne.

Wie vergnüglich solcher Marsch ist
In geschlossener Kolonne!

Iren dich, Michel!

Hohe und erlauchte Herren,
Automob und Exzellenzen,
Zahlungsfähige Plebejer,

Und ein Jubel ohne Grenzen.
Iren dich, Michel!

Rede: „Kriegskleid — peldenahnen!"

Gläserklang und Schwertgerassel. —

„Morgen wieder lnstik", sagte
König Jerome einst in Kassel...

Ircu dich, Michel! Zc-undu-.

Das Äohelied vom Pod.

Gesang eines Schweinezüchters.

Ich greife in die Saiten flott.

Ein hohes Lied zu leiern;

Das Lied, es gilt dem Schweine-Pod,

Ihn will ich heute feiern.

Er ist fürwahr der starke Mann,

Den fehnlichst wir erflehten,

Drum stimme ich sein Loblied an
Mit Pauken und Trompeten.

Ihn kümmert nicht das wilde Schrein
Der Fleischnotdemagogen,

Er schützt das nationale Schwein
And bleibt ihm treu gewogen.

And brüllen sie: „Die Grenzen auf!

Gerbei mit Rußlands Schweinen!"

So sagt er keck: „Da pfeif' ich drauf!

Ihr könnt mir gar nicht meinen!

„Sperrt ihr das Maul auch noch so weit
And könnt ihr kaum noch jappen —

Im nächsten Jahr um diese Zeit
Müßt ihr noch mehr berappen.

„Eßt ihr statt Fleisch mal trocken Brot —
Wird niemand drum verrecken.

Ich sehe keine Schweinenot,

Ich kann sie nicht entdecken!" —

Daß unser Pod der rechte Mann
Für uns ist, das beweist er,

Drum trag' ich ihm den Titel an
Als Oberschweinemeister.

Reißt auch die rote Kompanie
Weit auf die große Fresse,

Erwärmt sich für das Schweincvieh
Sogar die Iudenpresse, —

Solange uns der Pod noch bleibt.

Schützt er uns vor Verderben,

Doch wenn sein Spiel der Teufel treibt.
Dann — geht der Pod in Scherben. E.F.

Hamborg bei St.Pauli,
im Oktober.

Werte Redakschon!

Als eine Neuigkeit,
wo alle nautischen
Menschen freuen wird,
muß ich es betrachten,
daß endlich der Fürst
Bülow ins Wasser
gehen soll, und jederbe-
fahrene Mann muß sich
das zur Ehrenbezei-
gung anrechnen. Denn natürlich meine ich
das Schulschiff „Fürst Bülow", was in Emden
ins Wasser geht, und nicht den leibhaftigen
Kanzler, wo sich das Wasser nicht bis an das
Grübchen kommen läßt, wegen dem späteren
Austrocknen und der Umständlichkeit und so.
Aber er hat die Erlaubnis gegeben, und das
Schulschiff wird jetzt so getauft, und alle Jungs
von der Waterkant grienen darüber. Denn
warum? Dieses Schulschiff wird nämlich in
dem Steuern, wo für uns Nautiker sehr wichtig
ist, eine Revolutschon bringen und so. Wes-
wegen ich einen Augenblick bei die Sache ver-
weilen muß. Nämlich die werte Redakschon
denkt natürlich, daß der Seemann sich seine
Karte ansieht und einen geraden Kurs nimmt,
nämlich wo er eben hin will und nur mal
'n büschen rechts oder links oder, wie wir be-
fahrenen Leute sagen, stürbord oder backbord
ausweicht, wenn was im Wege ist, eine Klippe
und so, oder schlechter Wind, aber immer
wieder in Kurs fällt. Da soll nun Remendur
geschaffen werden und eine gänzlich neue
Methode, wo der Bülowkurs heißen soll. „Stür-
mann,'n büschen Amerika!" „41! right, Käppen",
sagt der Stürmann, und zum Mann am Steuer
sagt er: „West zu Südwest". „Al! right, Stür-
mann", sagt der Rudersmann, „West zu Süd-
west!" Und der Käppen spaziert eine Weile
auf der Kommandobrücke und sagt dann: „Stür-
mann, noch ’n büschen mehr Süd." „Alt right",
sagen der Stürmann und der Rudersmann.
So ist der Käppen wieder nachdenklich und
gröhlt auf einmal: „Dammi, Nord, ganz Nord!"
„All right!“ Worauf dann der Kurs nach
Norden geht, bis der Käppen wieder nach
Süden will und dann nach Nordost und dann

nach Nordwest und dann wieder anders, und
immer so zu, wobei das Steuer liebsterwelt
hin und her schwingt und wackelt wie der
Steert von einer gänzlich dunen Ente, was
ein Vorbild ist für künftige Nautiker. Als-
dann ruft der Käppen: „Stürmann, dieses
ist Amerika, indem wir viel schneller hin-
gekommen sind als mit die alte Methode und
dem ewigen Westsüdwest, wo ungemein lang-
weilig ist." Worauf der Steuermann sagt:
„AU right, dieses ist Amerika!" und sich auch
freut. Aber was der Rudersmann ist, der
spuckt den Priem über Bord und brummt:
„Verrückter Kurs, und nach vierzehn Tagen
sind wir gerade wieder in die Elbmündung,
aber verkehrt, und laufen auf Scharhörn auf
und der Teufel holt uns alle, was ich dem
Käppen und dem Stürmann schon gönnen täte,
wenn ich nicht auch dabei wäre und futsch
und so!"

So ist die neue Steuermethode, wo von
dem Schulschiff „Fürst Bülow" ausgehen soll
und die Nautik umwälzen. Indessen ist das
Schiff auch besonders gebaut und hat seinen
Taufpaten als Galionbild, was sehr zierlich
ist, und von Ballast und Ladung keine Spür,
sondern alles hohl und leer, aber bunt an-
gestrichen wie ein Papagei und ein Quassel-
blechrohr, was sie Phonographen nennen, im
Kartenhaus. Und so geht es los und immer
'rin in die Weltpolitik mit hipp hipp Hurra.
Später klauben wir dann die Planken und
sonstigen Zubehörigkeiten auf der Scharhörner
Sandbank zusammen, und das Namenbrett
kommt in das Raritätenkabinett, wo ich in
meiner Köminsel einrichten will. Die geehrte
Redakschon ist hiermit zur Grundsteinlegung
eingeladen und für einen nördlichen Grog sorgt
mit Gruß

Claus Swartmuul.
Splitter.

Wenn die Herren dem Volke den Himmel
auftun, so kann es ohne Besinnen auch in der
Hölle Platz nehmen; es ist in dieser nicht kälter.

Je genauer man die meisten Reformen von
allen Seiten ansieht, desto mehr stellt sich's
heraus, daß es keine sind.
 
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