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Der wahre Jakob: illustrierte Zeitschrift für Satire, Humor und Unterhaltung — 24.1907

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https://doi.org/10.11588/diglit.6549#0018
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5302

Deutsche

Und es gab im schwarzen Erdteil ein Volk, das lebte gar roh und
barbarisch und stand auf einer niedrigen Kulturstufe.

Die Wilden aber zeigten sich grausam und im höchsten Maße
undankbar gegen ihre Wohltäter,

Alsdann erzielten sie durch Milde und Sanftmut eine völlige
Beruhigung der Gemüter,

Der Freisinn.

Der Freisinn schwitzt in Ängsten,
Wie du's von Alters kennst.

Wenn an die Wand gemalt wird
Recht grell das rote Gespenst.

And jetzo wird's noch schlimmer.

Es kommt auch noch — huhu!

In diesen bösen Tagen
Das schwarze Gespenst dazu.

Da macht der Freisinn Sprünge
Grad wie ein toller Bock,

And schlüpft der Mama Regierung
Verängstigt untern Rock.

Dr. Karl Peters

soll in einem hannoverschen Wahlkreise kan-
didieren. Ich sprach ihn gestern. Er ist ein
sehr gebildeter Herr, dem man so was gar
nicht zutrauen kann. Er ist sogar ein Gegner
der Prügelstrafe für Eingeborene! Er sagt:
besser und billiger sei das Erschießen.

in Afrika.

Dessen erbarmten sich die guten Deutschen und zogen ans, um
ihm die Segnungen der Zivilisation zu vermitteln.

So daß sich diese veranlaßt sahen, ihre wahrhaft humane
Gesinnung dem schwarzen Volke deutlich vor Augen zu fuhren.

Und erlebten so die Genugtuung, daß die deutsche Kultur sich
in Afrika bald in ihrer höchsten Blüte zeigte.

v. Arnim-'Schnodderheim
an v.Below--Pleitenburg.

Mein Allerwertester! Der Teufel hole ganze
nationale Landwirtschaft in diesen gottver-
dammten Zeiten! Tag für Tag Arger mit
Arbeitergesindel. Vor vier Wochen brannte
erster Inspektor durch, weil von Wirtschafterin,
Meierin und drei Scharwerksmädchen Nach-
wuchs erzielt hatte und sich von Berappung
von Alimenten drücken mußte. War daher
genötigt, gewohnte Wintereise nach Riviera
aufzustecken und Zügel selber in Faust zu
nehmen, was undankbares Gesindel natürlich
nicht anerkannte. Hatte auf Gut noch zwei
deutsche Familien, die eines Tages ausrückten,
weil angeblich zu wenig Deputat und zu viel
Prügel bekommen. Ließ erst durch Gendarm
zurücktransportieren, verhaute Kerls und
Weiber mordsmäßig, mußte dann aber fahren
lassen, da Esel von Amtsrichter gegen mich
entschied, obgleich Augenzeugen, die vorher
gründlich bearbeitet hatte, recht brav schworen.

Seitdem wirtschafte ausschließlich mit Po-
lacken und bestrebe mich, feste zu germanisieren.

Um irreführende kirchliche Einstüsse zu besetz
tigen, zwinge Bande, an katholischen Feier-
tagen zu arbeiten, und lasse alle Fungens, die
in Polackenbaracke geboren werden, egal Wil-
helm taufen. Verspreche mir gutes Resultat.
Zu Erntezeit kriege außerdem, wie Rittmeister
v. Pumpenburg bestimmt versprochen, Schwa-
dron Dragoner abkommandiert, auch sollen
Arbeiten an Strombesestigung für Sommer-
monats eingestellt werden, so daß auskömm-
liche Menge von Gesindel zu Verfügung steht.
Arbeiterfrage scheint also für Schnodderheim
vorläufig in nationalem Sinne gelöst zu sein.
Werde Gelegenheit benutzen, um unverschäm-
tem Hundepack Löhne erheblich zu beschneiden
und mal endlich Disziplin einzubleuen. Hoffent-
lich macht rote Hetzerkolonne nicht wieder, wie
in vorigem Jahr, Strich durch Rechnung.

Einfuhr von Chinesen wird jetzt von Kennern
warm befürwortet. Scheint wirklich eklatante
moralische Vorteile zu haben. Kerls fressen
täglich Handvoll Reis und können einheimischer
Schlemmerbande gutes Vorbild in Genügsam-
keit geben. Außerdem machte Wanderredner
von Bund in letzter Kreisversammlung auf-
merksam, daß sogar eigenartiger Geruch von
Kuli sich landwirtschaftlich verwerten läßt. Man
spart Futter für Ziegenböcke, die in Remonte-
stall zum Verstänkern von Ratten halten müssen.

In bezug auf Köpenicker Skandalaffäre bin
selbstverständlich durchaus Ihrer Ansicht. Meine
vor allem, daß peinliche Sache von gutgesinnter
Presse nicht genügend in nationalem Sinne
ausgenutzt wurde. Notwendigkeit der Wieder-
einführung von dreijähriger Dienstzeit liegt
doch auf Hand! Kerls können in zwei Jahren
gründliche Uniformkenntnis eben unmöglich
erwerben. Dagegen kann Ihnen in Angelegen-
heit Bismarck-Harden nicht ganz beistimmen.
Selige alte Durchlaucht hat blamable Chose
zum großen Teil selber eingebrockt. Wer sich
mit Pack gemein macht, soll sich nicht wundern,
wenn Pack intim wird. Halte mir natürlich
auch Hofjuden, der monatlich anschwirrt, um
Knochen, Lumpen und Abfälle in Empfang
zu nehmen. Aber Lausevieh darf selbstverständ-
■ lieh herrschaftliches Haus nicht betreten, son-
dern wird draußen von Kämmerer abgefertigt.

Wie eben schließen will, kommt Nachricht
von Reichstagsauflösung. Verstehe vollkommen
Zwangslage von Regierung, die unbotmäßige
Bande zum Teufel jagte. Ist aber Folge von
Diäten, die immer bekämpft habe! Vaterlands-
lose Gesellen nur durch Hunger in Zaum zu
halten. Jetzt schlagen Kerls sich bei Aschinger
den Wanst voll und werden nachher über-
mütig. Fatal nur, daß freisinniges Knotenpack
auf Seite von gutgesinnten Parteien. Fängt
schon an, zudringlich zu werden und kompro-
inittiert bessere Gesellschaft. Werden Mühe
haben, Börsenmob nach Wahl abzuschütteln.
In hiesigem Kreis allerdings etwas schwierige
Lage, weil talentvoller Hauptagitator von
voriger Wahl leider wegen Wechselfälschung
festgelegt und noch auf drei Jahre unabkömm-
lich. Strafurlaub nicht zu hoffen, da noch
Notzuchtkiste gegen ihn schwebt. Vertraue trotz-
dem fest auf Sieg von gute Sache. Gendarmen
kennen Dienst und bewährte Kontroll-Wahl-
urne (meine Erfindung! Tiptop!) noch von
letztes Mal unversehrt vorhanden. Ostclbien
gottlob noch immer feste Burg auf nationaler
Höhe! Wie Sache in schlappem Wild-West
und elenden Großstädten ablaufen wird, kann
freilich nicht voraussehen. Sollte Affäre schief
gehen, bleibt noch immer eiserne Faust übrig.
Aber denn gründlich: Wahlrecht in Mistgrube,
Schießscharten auf Schloß und zielbewußter
Kanzler an Spitze. Denke , an Peters.

Inzwischen Gottbefohlen! Ihr Arnim.
 
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