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Der wahre Jakob: illustrierte Zeitschrift für Satire, Humor und Unterhaltung — 24.1907

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https://doi.org/10.11588/diglit.6549#0039
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5324

~s> Dernburg als Zauberer. <s~

„Meine Herren, jeder Dattelkern, den Sie auf dm Sandboden unserer
Kolonien spucken, —

— wird sich zu einem Baum entwickeln, der unter der Last seines Reich-
tums zusammenbricht."

Sitzung des Deutschen Reichstages.

(Faschingsdienskag 1907.)

Am Tisch des Bundesrats: Reichskanzler Fürst
Vülow und Kotonialdtrektor Dernburg.

Tagesordnung: Beratung des Kolonialetats.

Reichskanzler F ü r st B ü l o w: Meine Herren!
Es ist der deutschen Reichsregiernng der Vor-
wurf geinacht worden, sie hätte dieses hohe
Haus wegen der Ablehnung einer Forderung
des Kolonialamts aufgelöst, obwohl sie gewußt
hätte, daß diese Forderung bereits durch die
Beendigung des südwestafrikanischen Krieges
überflüssig geworden ivar. Demgegenüber er-
kläre ich feierlichst, daß der Kolonialkrieg zur
Zeit der Neichstagsauflösung noch nicht be-
endet geivesen ist. Erst die Debatten des hohen
Hauses, die der Auflösung unmittelbar voraus-
gingen, sind die eigentliche Ursache der schleu-
nigen Beendigung des Krieges gewesen. So-
bald nämlich den Bondelzwarts der geistvolle
Redekamps zwischen Dernburg und Roeren
im Wortlaut bekannt wurde, haben sie sich
unverzüglich übergeben! (Lebhafter Beifall rechts
und im Zentrum.)

Koloninldirektor D ernb ur g: Es wird keiner
läiigeren Ailseinandersetznng bedürfen, um die
Herren Aktionäre — Pardon! — uin dem hohen
Hause die Notwendigkeit der Forderungen für

Freund Roeren, Arm in Arm für die heiligsten
Güter der Nation kämpfend, zeigen wird. Daß
man den ursprünglichen Plan, die beiden
Figuren der Gruppe völlig nackt, nur mit je
einem Blatt der deutschen Eiche bekleidet dar-
zustellen, auf Grund eines ästhetischen Gut-
achtens der Gattinnen der Herren Roeren und
Dernburg sofort fallen gelassen hat, erfüllt
uns mit Befriedigung. (Zustimmung im Zentrum.)

Abg.von Oldenburg-Janufchau: Auch
meine Partei wird die Regierung in ihren
Maßnahmen zur Hebung des südwestafri-
kanischen Nationalbewußtseins unterstützen,
aber nur unter der Bedingung, daß man die
zrtin Bau der Siegesallee benötigten Rohstoffe
durch Vermittlung der altbewährten, mit der
historischen Entwicklung unseres Kolonial-
wesens eng verknüpften Firma v. Tippels-
kirch beschafft. Um der einheimischen Land-
wirtschaft die kärglichen Arbeitskräfte nicht zu
schmälern, empfehlen wir außerdem, daß die
künstlerische Ausführung des Projekts, zu dem
die Entwürfe ja bereits von hoher Stelle ge-
liefert sind, in die Hände einiger ausgedienten
Unteroffiziere der Kolonialarmee gelegt wird,
die auf diese Weise zugleich die ihnen noch
immer fehlende standesgemäße Jnvaliden-
versorgung erhalten. (Beifall rechts.)

Präsident Singer schließt die Sitzung.

eine fruchtbare, wahrhaft nationale und zeitge-
mäße Ausgestaltung unserer Kolonialwirtschaft
plausibel zu machen. An erster Stelle steht der
Bau einer kolonialen Sieg es alles
zwischen Kubub und Keetmanshoop. Das Be-
dürfnis ivird von den einflußreichsten Kaffern
schon lange als unabweisbar empfunden und
die Genialität unserer vom nationalen Geiste
durchtränkten Berlinischen Plastik bürgt dafür,
daß die imposante Schöpfung dem südwest-
afrikanischen Kunstgeschmack voll und ganz
entsprechen wird. (Bravo! rechts und im Zentrum.)

Abg. Dr. Arendt: Nachdeni uns von der
Regierung die Zusicherung gegeben worden
ist, daß unter den in der Siegesallee Kubub-
Keetmanshoop zu verewigenden kolonialen
Helden auch unser großer Kulturpionier Karl
Peters nicht fehlen wird, sind wir gern be-
reit, die Position zu bewilligen. (Beifall rechts.)

Abg. Erzberger: Auch das Zentrum ist
im Prinzip entschlossen, die Forderung zu
unterstützen. Die Bedingungen, unter denen
wir unsere Zustimmung erteilen, werden sich
zwischen den Führern meiner Partei und dem
Herrn Kolonialdirektor unter vier Augen be-
quem regeln lassen. Mit besonderer Freude
begrüßen wir die in Aussicht genommene alle-
gorische Gruppe „Regierung und Kirche",
die bekanntlich Exzellenz Dernburg und meinen
 
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