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https://doi.org/10.11588/diglit.6549#0062
5347
Oie Wurst stinkt.
Hier hat Michel seinen Lohn —
Sichst du wohl, das kommt davon!
ÄstiKanMcZ.
Die deutsche Kolonialpolitik kann ungeniert weiter fortgesetzt werden.
Aus dem „Kikeriki", Wien.
v. Below-Pleitenburg
an v. Arnim-Schnodderheim.
MeinAllerwertester! SchönstenDankfürZu-
sendung von freisinnigen Berliner Zeitungen.
Haben mich prächtig amüsiert. „Liberale Ga-
rantien", „Dank der Negierung für freisinnige
Unterstützung" usw. — einfach zum kugeln!
Daß dämliche Kerls in Falle gehen würden,
hatte von vornherein als selbstverständlich
angenommen: Spekulation auf bürgerliche
Dummheit Gott sei Dank noch immer bomben-
sicheres Geschäft! Aber daß Schafherde jetzt
noch nicht begreift, was eigentlich los ist,
übersteigt denn doch.verschiedene Grenzen!
Esel bilden sich tatsächlich ein, daß jetzt an
Reichsfuttertrog 'rangelassen würden und über-
haupt Lippe riskieren dürften. Großartige
Idee! Da könnte schließlich auch Jagdhund
Hasen fressen wollen, den apportiert hat!
Daß schmierige Bande währeikd Wahlzeit in
erstklassiger Gesellschaft sich hat bewegen dürfen,
sollte, scheint mir, für Plebejerpack Belohnung
genug sein! Fand es sehr fein und taktvoll
von Regierung, daß zudringlichem Gesindel,
als vor Schloß wollte, gleich an Wahlabend
durch Polizei energisch hat auf vorlauten
Rüssel hauen lassen. Dickfellige Sippschaft
scheint allerdings diskreten Wink nicht kapiert
5U haben; werden daher etwas deutlicher Vor-
stößen müssen.
Im übrigen bin von Ausfall der Wahlen
ziemlich befriedigt. Werden endlich mal wieder
"andesmäßiges Parlament zusammenkriegen
Und glückliche Situation selbstverständlich bis
uns letzten Tropfen ausquetschen. Hoffe zu
Gott auf weitere kräftige Erhöhung von Vieh-
preisen und sämtlichen Lebensmitteln. Wenn
Arbeiterstand und liberales Kleinbürgertum
nicht mehr so viel zu fressen hat, wird Über-
mut bedeutend Nachlassen und wir in Lage
sein,Zügel erheblich straffer anzuziehen. Außer-
dem selbstredend starke Vermehrung von Heer
und Flotte, damit elendes Avancement von
Offizieren sich mal gründlich aufbessert. Viel-
leicht läßt sich daneben kleiner fideler Krieg
'rauskitzeln. Guter Geist in deutscher Nation:
hat Hurraschreien noch nicht verlernt, wie
Wahlen beweisen. Also Gelegenheit günstig.
Hoffe auf bewährte Geschicklichkeit unserer
Diplomatie.
In meinem Kreis während Wahlkampagne
viel Vergnügen gehabt. Hauptspaß muß Ihnen
erzählen! Rote Hunde hatten an Abend vor
Wahl in Kreisstadt Versammlung einberufen
und politische Gegner eingeladen. Rückte darauf-
hin mit drei Schock Bauern — alle wie die
Bestien besoffen — an und veranstaltete in
Lokal musikalische Abendunterhaltung. Sobald
Redner Maul aufmachte, „Heil dir im Sieger-
kranz" gebrüllt. Schließlich ergriff selber Wort
und erklärte sozialdemokratische Kandidatur
für aufgehoben. Wieder „Heil dir im Sieger-
kranz" und bestialischer Lärm, so daß Ver-
sammlung aufgelöst werden mußte. Darauf
sofort durch Gendarm Flugblatt verbreiten
lassen: Rote haben auf Wahlkampf verzichtet;
einziger Kandidat in Kreis unser guter alter
v. Schaute auf Knoten. Glanzvolles Resultat,
Bombensieg! Leider hat nationale Sache auch
zwei wertvolle Opfer gefordert. Tüchtigster
Agitator und genialster Wanderredner von
Bund der Landwirte gegen Schluß des Wahl-
kampfs an Delirium erkrankt. Da bereits
dritter Rückfall, Geist vollständig zerrüttet,
armer Kerl höchstens noch in konservativer
Zentralleitung zu gebrauchen. Außerdem mein
Oberinspektor vierzehn Tage in Loch wegen
schwerer Körperverletzung von sozialdemo-
kratischem Stimmzettelverteiler. Habe daher
bei sämtlichen Gutsbesitzern in Kreis durch-
gesetzt, daß verdammter Schuft von Amts-
richter nicht mehr zu Jagd eingeladen wird.
Inzwischen Gott befohlen! Ihr Be low.
Die Liberalen.
Das haben wir wieder fein geinacht.
Wir Liberalen!! Nun gebet Acht:
Bald staunet alles tveit und breit
Ob unsrer Pracht und Herrlichkeit.
Das heißt — wenn einer überhaupt
Noch an den alten Schwindel glaubt!
Wir zogen - das war der Übung Zweck —
Des Kanzlers Wagen aus dem Dreck.
Wir waren zwar nicht so liberal
Wie unser Programm. Doch 's ist egal:
Er inuß jetzt handeln, wie's uns frommt.
Nur — ist noch fraglich, ob's so kommt!
lind haben wir unser Prinzip verraten.
Wir trösten uns mit unfern Mandaten!
Die Sonne der Freiheit steigt empor:
Wir schreiben jetzt die Gesetze vor.
Das heißt — wenn Bülow nicht mildbewegt
Sich mit den Schwarzen wieder verträgt!
Wir zeigen den Noten das Meisterstück
Bon wirklich „praktischer Politik"!
Wir sehen in unserm Geiste schon
Sich vor uns beugen die Reaktion.
Das heißt — wenn nicht die Junker siegen
lind wir den üblichen Fußtritt kriegen!! -p.E.
Oie Wurst stinkt.
Hier hat Michel seinen Lohn —
Sichst du wohl, das kommt davon!
ÄstiKanMcZ.
Die deutsche Kolonialpolitik kann ungeniert weiter fortgesetzt werden.
Aus dem „Kikeriki", Wien.
v. Below-Pleitenburg
an v. Arnim-Schnodderheim.
MeinAllerwertester! SchönstenDankfürZu-
sendung von freisinnigen Berliner Zeitungen.
Haben mich prächtig amüsiert. „Liberale Ga-
rantien", „Dank der Negierung für freisinnige
Unterstützung" usw. — einfach zum kugeln!
Daß dämliche Kerls in Falle gehen würden,
hatte von vornherein als selbstverständlich
angenommen: Spekulation auf bürgerliche
Dummheit Gott sei Dank noch immer bomben-
sicheres Geschäft! Aber daß Schafherde jetzt
noch nicht begreift, was eigentlich los ist,
übersteigt denn doch.verschiedene Grenzen!
Esel bilden sich tatsächlich ein, daß jetzt an
Reichsfuttertrog 'rangelassen würden und über-
haupt Lippe riskieren dürften. Großartige
Idee! Da könnte schließlich auch Jagdhund
Hasen fressen wollen, den apportiert hat!
Daß schmierige Bande währeikd Wahlzeit in
erstklassiger Gesellschaft sich hat bewegen dürfen,
sollte, scheint mir, für Plebejerpack Belohnung
genug sein! Fand es sehr fein und taktvoll
von Regierung, daß zudringlichem Gesindel,
als vor Schloß wollte, gleich an Wahlabend
durch Polizei energisch hat auf vorlauten
Rüssel hauen lassen. Dickfellige Sippschaft
scheint allerdings diskreten Wink nicht kapiert
5U haben; werden daher etwas deutlicher Vor-
stößen müssen.
Im übrigen bin von Ausfall der Wahlen
ziemlich befriedigt. Werden endlich mal wieder
"andesmäßiges Parlament zusammenkriegen
Und glückliche Situation selbstverständlich bis
uns letzten Tropfen ausquetschen. Hoffe zu
Gott auf weitere kräftige Erhöhung von Vieh-
preisen und sämtlichen Lebensmitteln. Wenn
Arbeiterstand und liberales Kleinbürgertum
nicht mehr so viel zu fressen hat, wird Über-
mut bedeutend Nachlassen und wir in Lage
sein,Zügel erheblich straffer anzuziehen. Außer-
dem selbstredend starke Vermehrung von Heer
und Flotte, damit elendes Avancement von
Offizieren sich mal gründlich aufbessert. Viel-
leicht läßt sich daneben kleiner fideler Krieg
'rauskitzeln. Guter Geist in deutscher Nation:
hat Hurraschreien noch nicht verlernt, wie
Wahlen beweisen. Also Gelegenheit günstig.
Hoffe auf bewährte Geschicklichkeit unserer
Diplomatie.
In meinem Kreis während Wahlkampagne
viel Vergnügen gehabt. Hauptspaß muß Ihnen
erzählen! Rote Hunde hatten an Abend vor
Wahl in Kreisstadt Versammlung einberufen
und politische Gegner eingeladen. Rückte darauf-
hin mit drei Schock Bauern — alle wie die
Bestien besoffen — an und veranstaltete in
Lokal musikalische Abendunterhaltung. Sobald
Redner Maul aufmachte, „Heil dir im Sieger-
kranz" gebrüllt. Schließlich ergriff selber Wort
und erklärte sozialdemokratische Kandidatur
für aufgehoben. Wieder „Heil dir im Sieger-
kranz" und bestialischer Lärm, so daß Ver-
sammlung aufgelöst werden mußte. Darauf
sofort durch Gendarm Flugblatt verbreiten
lassen: Rote haben auf Wahlkampf verzichtet;
einziger Kandidat in Kreis unser guter alter
v. Schaute auf Knoten. Glanzvolles Resultat,
Bombensieg! Leider hat nationale Sache auch
zwei wertvolle Opfer gefordert. Tüchtigster
Agitator und genialster Wanderredner von
Bund der Landwirte gegen Schluß des Wahl-
kampfs an Delirium erkrankt. Da bereits
dritter Rückfall, Geist vollständig zerrüttet,
armer Kerl höchstens noch in konservativer
Zentralleitung zu gebrauchen. Außerdem mein
Oberinspektor vierzehn Tage in Loch wegen
schwerer Körperverletzung von sozialdemo-
kratischem Stimmzettelverteiler. Habe daher
bei sämtlichen Gutsbesitzern in Kreis durch-
gesetzt, daß verdammter Schuft von Amts-
richter nicht mehr zu Jagd eingeladen wird.
Inzwischen Gott befohlen! Ihr Be low.
Die Liberalen.
Das haben wir wieder fein geinacht.
Wir Liberalen!! Nun gebet Acht:
Bald staunet alles tveit und breit
Ob unsrer Pracht und Herrlichkeit.
Das heißt — wenn einer überhaupt
Noch an den alten Schwindel glaubt!
Wir zogen - das war der Übung Zweck —
Des Kanzlers Wagen aus dem Dreck.
Wir waren zwar nicht so liberal
Wie unser Programm. Doch 's ist egal:
Er inuß jetzt handeln, wie's uns frommt.
Nur — ist noch fraglich, ob's so kommt!
lind haben wir unser Prinzip verraten.
Wir trösten uns mit unfern Mandaten!
Die Sonne der Freiheit steigt empor:
Wir schreiben jetzt die Gesetze vor.
Das heißt — wenn Bülow nicht mildbewegt
Sich mit den Schwarzen wieder verträgt!
Wir zeigen den Noten das Meisterstück
Bon wirklich „praktischer Politik"!
Wir sehen in unserm Geiste schon
Sich vor uns beugen die Reaktion.
Das heißt — wenn nicht die Junker siegen
lind wir den üblichen Fußtritt kriegen!! -p.E.