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Der wahre Jakob: illustrierte Zeitschrift für Satire, Humor und Unterhaltung — 25.1908

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https://doi.org/10.11588/diglit.6608#0286
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5954

j Anser Trost.:

Und wenn der große Urach auch Kommt,
Der einst den Block wird spalten,

Der blonde Uanzler wird nicht gehn,
wir werden ihn behalten.

Behalten werden wir dazu
Ostelbiens dreiste Junker,

Denn diese Edlen Weichen nicht
Vor liberalem Geflunker.

Behalten werden wir noch lang
Die Steuern und die Zölle,

Die bleiben für die Junkerschast
Des Reichtums goldne Quelle.

Es bleibt die alte Polizei,

Sonst könnt' zu wohl uns werden;

Sonst machten wir dem Vater Staat
Auch gar zu viel Beschwerden.

Und wenn die Liberalen ob
Der Steuern gar sich zieren,

So ruft man gleich die Schwarzen her,
Die tut das nicht genieren.

wir bleiben „in der Welt voran",
wenn auch uns will bedünken,

Daß hinter vielen anderen her
wir ganz bedenklich hinken.

Es bleibt auch unsre Politik
Gleich glänzend wohl nach außen,
wenn wir auch werden eingekreist
Noch enger stets da draußen.

Ob liberal und mausegrau,

Ob schwarz — ein Trost muß bleiben:
Das rote Banner läßt sich nicht
Aus deutschem Land vertreiben.

ölitzüratztnachrichtcn.

Berlin. Zur Erleichterung der Reichsfinanzreform
wird eine begeisterte freiwillige Nationalspende für die
verunglückte Politik Bülows geplant.

— Die kommende große Militärvorlage stützt sich, wie
bestimmt verlautet, auf ein sachverständiges Gutachten
des tzauptmanns von Röpenick.

— Unsere alldeutschen Chauvinisten beantragen, die
Strafverschickung nach den Kolonien einzusühren. — Für
ganz Süddeutschland genügt eigentlich schon die Straf»
Verschickung nach Preußen.

München. Amtlich wird bestritten, daß die bayerische
Regierung nach der Pfeife des Zentrums tanze. Die ab
und zu ertönenden pfiffe bedeuten nur, daß Vrterer
irgend einen Minister zu sprechen wünscht.

Kopenhagen. Der frühere-dänische Iustizminister,
Erfinder der dänischen Prügelstrafe, hat neun Millionen
Kronen gestohlen. Das dänische Volk verdient in der
Tat Prügel, daß es so einen Kerl Iustizminister werden
ließ!

frohe voMzst.

„Dte gewaltige Wohlstandsvermehrung,deren Deutsch-
land im letzten Menfchenalter sich erfreuen durfte, macht
es den Privatwirtschaften möglich, die nötigen Opfer
zu bringen." Aus der „Nordd. Allgem. Ztg."

Des Deutschen Reiches Kanzler sprach:
«Nicht länger öulö’ ich dies Treiben,

Ls darf mein gutes deutsches Volk
Nicht länger in Unklarheit bleiben.

«Tagtäglich wird ihm da vorgemacht,
Daß es in Rot müsse leben;

Ich muß zu des Vaterlandes wohl
Ihm bessere Auskunft geben!"

Und darum rief er her zu sich
Den Lhef von seiner Zeitung,

Auf daß er gebe von unserer Zeit
Dem Volk eine bessere Deutung.

Ausfallend gedruckt am anderen Tag
War in der Zeitung zu lesen,

Daß in dem glücklichen Deutschland sei
Stets steigender Wohlstand gewesen.

Run weißt du erst, mein deutsches Volk,
von deinem günstigen Geschicke
Und daß seit fünfundzwanzig Jahr
Du warft der Hans im Glücke.

Du hast nur deinen Wohlstand nicht
verspürt am eignen Leibe,

Des Kanzlers Zeitung sorgt dafür,

Daß es nicht länger so bleibe.

Leg' dieses wundersame Blatt
Rur vor dich hin bei Tische,

Die Pferdewürste verwandeln sich
In leckere Braten und Zische.

In den Kartoffeln wirst du alsdann
Die köstlichsten Früchte erblicken,

Das Wasser wird als goldiger Wein
Den Gaumen dir entzücken.

Und will einmal trotz alledem
Die Mahlzeit dir nicht gefallen,

Rimm einen Ledergürtel zur Hand,

Den Leib dir enger zu schnallen.

Hans Flux.

Lieber Wahrer Jakob!

Der Landrat des Kreises Stolp in Pom-
mern verlangt schier übermenschliches von
den Guts- und Gemeindevorstehern. In
Nummer 51 seines „Kreisblattes" vom 2. Sep-
tember dieses Jahres fordert er sie auf, ihm
die katholischen Haushaltungsvorstände nam-
haft zu machen, die zur Staatseinkommen-
steuer veranlagt sind, und dabei auch den für
1008 veranlagten Steuersatz anzugeben. Wie
die Stolper Guts- und Gemeindevorsteher den
Steuersatz, der vor 900 Jahren in kraft war,
finden werden, erweckt unsere Neugierde.
Hoffentlich wird das Sehvermögen der Suchen-
den durch den dabei aufgewirbelten Aktenstaub
nicht geschädigt.

Man muß sich zu helfen wissen.

Über den Lebenswandel des hochwürdigen
Herrn Pfarrers zu Kipfeldingen waren einer
wachsamen Diözese allerlei merkwürdige Ge-
rüchte zu Ohren gedrungen. Schließlich wurde
dem Herrn Pfarrer aufgetragen, postwendend
zu berichten, wie alt sein weibliches Dienst-
personal sei. „Über 40 Jahre!" lautete die Ant-
wort, und die Vorgesetzte Behörde war beruhigt.

Bald darauf kam ein Domkapitular in
dienstlicher Angelegenheit nach Kipfeldingen,

und was er da im Pfarrhause sah, verblüffte
ihn derart, daß er sein amtliches Hochdeutsch
vergaß und gut bayerisch herausplatzte: „No
... was is denn aber jetzt dös, Hochwürden? ?"

Hochwürden lächelte ganz unbefangen. „Das
eine ist die Köchin", sagte er, „die ist 24! Und
das andere ist das Stubenmädel — das ist 16!
Macht zusammen 40!"

Dernburgiade.

Für Blockpatrioten gesungen von A. St.
Dernburg äußerte sich, daß Südwestafrika nicht reich
sei, aber sichere Existenz und Wohlstand biete, erst-
llasstge Produkte aus Erzfunden enthalte, nur müsse
man im Kreditgeber! vorsichtig sein.

Auf, Leute, wallt nach Afrika,

In unsre Kolonien!

Wer sie so gut wie Dernburg sah.

Der mag in Frieden ziehen!

Der wird bekennen, daß „Südwest"

Noch etwas aus sich machen läßt —

Der Dernburg hat's gesehen,

Soll 'was davon verstehen!

Gar köstlich klingt das Resultat
Von seiner Studienreise.

Er ist ein forscher Mann der Tat
And darum klug und weise.

Wenn er nun vor den Reichstag tritt.
Dann bringt er uns Erkenntnis mit.

Aus daß Südwest auch Heuer
Ans bleibe lieb und teuer!

Drum laßt das ew'ge Nörgeln sein,
Dabei kommt nichts zustande —

In Afrika ist's grad' so sein
And nett, wie hierzulande!

Wenn dich der Tropenkoller sticht,
Vergiß die braunen Lappen nicht,

Dann kannst in heißen Zonen
Du auch ganz leidlich wohnen.

Zwar ist die Kolonie nicht reich.

Doch eins stimmt dich versöhnlich:

Trotz ihrer Armut birgt zugleich
Sie Wohlstand ungewöhnlich!

Wenn diplomatisch du verfährst,

Erz gräbst und nicht Kredit gewährst.
Dann ist sie stets rentabel.

Drum zahl' und halt' den Schnabel!
 
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