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https://doi.org/10.11588/diglit.6608#0302
- • 5970 -
@s Der Wüstenkönig. LT
Matz fretlioratl).)
Wüstenkönig ist der Dernburg. Wenn nichts andres mehr will ziehen,
Keine Seel’ ihm auf den Eeim kriecht, reist er in die Kolonien.
Wo im Kusch die Antilopen kauern und am Strom die 0nue,
Spinnt für seine Gimpelnetze frische 5äden er in Ruhe.
]n dem öd’sten Steppensande, in der dürrsten Dornenhecke
findet dieser Dielgewandte mancherlei für seine Zwecke;
Seine Phantasie, die rege, schafft in allen Fällen Rat;
Rosen, Datteln, Edelsteine säumen ihm den Wüstenpfad.
Raruuan und Kalahari wandeln sich in Paradiese,
Roffnung grünt auf allen Wegen, „Dur nicht blöd'“, heisst die Devise
Reiter lacht des Wandrers Auge, denn schon füllt der dicke Ranzen
Sich mit neuen Märchenschätzen und den köstlichsten Bilanzen.
Und von seinen Wundertaten, Diamant-- und Dattelkisten,
Melden täglich uns die Federn gutbezahlter Journalisten:
Abends, wenn die Feuer glühen in den Rottentottenkraalen,
Eiest er schmunzelnd die Berichte in den heimischen Journalen.
Also backt der Wüstenkönig gold’ne Berge aus dem Sande,
Den er munter in die Augen streut dem teuren Daterlande. —
Doch dieweil er die getreuen Gläub’gen mästet mit üersprechen,
Muss der gute deutsche Michel Runderte Millionen blechen. j.s.
VUtzüratzmachnOlm.
Berlin. Nach der interparlamentarischen Friedens-
konferenz und dem internationalen Pressekongreß wollte
auch der internationale Linbrecher- und Hochstapler-
kongreß im Reichstagsgebäude zusammentreten. Aber
es wurde ihm bedeutet, daß kein dringendes Bedürfnis
vorliege, da bereits Anfang Rovember die Rückkehr der
nationalen Blockparteien zu erwarten sei.
— Die Sydowschen Steuerpläne nehmen allmählich
greifbare Gestalt an. wie sich jetzt herausstellt, ist die
Gestalt nicht bloß greifbar, sondern greift auch selber
ganz gehörig zu.
— Rach dem Gutachten mehrerer Medizinalräte leidet
die preußische Justiz an Zipperlein und Altersschwäche
und bleibt darum bis auf weiteres Lulenburg gegen-
über verhandlungsunfähig.
Petersburg. Der Gesundheitszustand der hier ein-
getroffenen asiatischen Gholera läßt nicht das geringste
zu wünschen übrig. Sie fühlt sich hier ordentlich heimisch.
Die weitere Reise über Lydtkuhnen gestattet ihr aber die
preußische Regierung nur mit Retourbillett.
Windhuk (Deutschsüdwest). Simon Lopper, der
wieder aufgetaucht ist, hat sich einem Berichterstatter
gegenüber als grundsätzlicher Gegner der geplanten
Reichsfinanzreform ausgesprochen.
Lulmdurg.
Die Fesseln steten, die verhaßten,
Das lang Erwartete geschah:
Du frömmster aller päderasten,
Gottlob, nun bist du wieder da!
Jetzt frisch hinaus! Die Stunde eilet,
Und draußen lockt der Brüder Schar —
Daß du so lange hier verweilet,
Ist rätselhaft und wunderbar.
Doch du verschmähtest, auszureißen,
Hast klug dich in dein Los geschickt:
Du wußtest, daß im Lande Preußen
Man keine Fürstenblüte knickt.
Anstatt, wie andere, zu spinnen
Im öden Zuchthaus Flachs und Werg
Rollst heitern Sinnes du von hinnen
per Auto nach Schloß Liebenberg.
Lin Häuflein stotter Fischerknechte
Steht jubelnd an des Schlosses Tor,
Und die durchlauchte Meineidsrechte
Hebst gnädig du zum Gruß empor. —
Gar mancher murrt bei dieser Kunde:
Ich aber, fröhlichen Gemllt's,
Zahl' heute abend eine Runde
Und preis' die preußische Justiz.
Sie hat als treuer Kampfgenosse
In dumpfe Köpfe Licht gebracht
Und wieder mal dem Spießertrosse
Die trüben Augen klar gemacht! 3. s.
Der Orgelmann.
Deutschland ist in der Welt voran
Vor jedem andren Land;
Denn der modernste Gentleman
Regiert's hoch elegant.
Nicht wie ein Mann der Feuerwehr
Mit kaltem Wasserstrahl
Fällt plump er übers Ausland her.
Glatt ist er wie ein Aal.
And glätter noch als beim Friseur
Läuft ihm des Mundwerks Fluß.
Es übertrifft ihn als Kauseur
Kein Englishman, kein Ruß'.
Mit Geistesperlen schießt er statt
Mit Flinte und Kanon',
Ied' Hindernis schlägt spielend glatt
Sein süßer Plauderton.
Ein neuer Rattenfänger ist
Der Fürst voll Eleganz;
And dennoch ist er kein Flötist,
Anmusikalisch ganz.
Dem Sigmund Münz hat er's vertraut.
Der hat es uns erzählt.
Daß die Drehorgel schrill und laut
Am meisten ihm gefällt.
O Richard Wagner, wie viel Blech
Hast schmetternd du verwandt.
Bis deine Kunst kam aus dem Pech
And dich die Welt verstand.
Der große Bernhard orgelt blos
And alles lauscht beglückt.
Wie hat er jüngst erst so famos
Die Pressezunft entzückt!
Er orgelte von Vaters Tisch,
Auf dem die Lampe stand.
An der er, nach dem Zeitungswisch
Rasch greifend, sich verbrannt.
Er orgelte, wie nett es sei,
Spräch von uns das Journal,
Doch sei, wenn es mal gar zu frei.
Ihm dieses auch fatal.
Er orgelt, daß er nie gebraucht
Büchmanns Zitatentops,
Denn stets zitierte die Durchlaucht
Freihändig aus dem Kopf.
And orgelnd hat der Schmocke Zunft
Er den Verstand geraubt;
Denn — denkt nur, welche Anvernunst!
Sie haben's auch geglaubt!
Wahrhaftig, ein fideles Reich,
In dem die Orgel tönt
Von früh bis spät und jeden gleich.
Der nörgeln will, versöhnt.
So tönt sie auch, als ging's zum Fest,
Wenn in den Schraubstock schließt
Die Daumen Sydow uns und preßt.
Bis hell der Blutstrahl fließt.
Ob dann, wenn in dem Schraubstock stöhnt
Das Volk, der Orgel Kraft
Das Schmerzgeschrei noch übertönt.
Scheint freilich zweifelhaft. R. Wagner.
Eine Aitterlafsungssünde.
Fürst Bülow kam von der Eröffnung des
XIII. internationalen Kongresses zur Be-
kämpfung der Gcflügelcholera. Er hatte eine
wunderschöne Rede gehalten, mit zierlich ge-
setzten Worten, und dachte befriedigt über
die einzelnen Punkte nach. Plötzlich blieb er
stehen, wurde blaß, schlug sich vor die Stirn
und stotterte:
„Donnerwetter . . . jetzt Hab' ich doch richtig
den Weltfrieden vergessen!!"
Bülows neuestes Kostüm.
Die interparlamentarische Friedenstaube.
@s Der Wüstenkönig. LT
Matz fretlioratl).)
Wüstenkönig ist der Dernburg. Wenn nichts andres mehr will ziehen,
Keine Seel’ ihm auf den Eeim kriecht, reist er in die Kolonien.
Wo im Kusch die Antilopen kauern und am Strom die 0nue,
Spinnt für seine Gimpelnetze frische 5äden er in Ruhe.
]n dem öd’sten Steppensande, in der dürrsten Dornenhecke
findet dieser Dielgewandte mancherlei für seine Zwecke;
Seine Phantasie, die rege, schafft in allen Fällen Rat;
Rosen, Datteln, Edelsteine säumen ihm den Wüstenpfad.
Raruuan und Kalahari wandeln sich in Paradiese,
Roffnung grünt auf allen Wegen, „Dur nicht blöd'“, heisst die Devise
Reiter lacht des Wandrers Auge, denn schon füllt der dicke Ranzen
Sich mit neuen Märchenschätzen und den köstlichsten Bilanzen.
Und von seinen Wundertaten, Diamant-- und Dattelkisten,
Melden täglich uns die Federn gutbezahlter Journalisten:
Abends, wenn die Feuer glühen in den Rottentottenkraalen,
Eiest er schmunzelnd die Berichte in den heimischen Journalen.
Also backt der Wüstenkönig gold’ne Berge aus dem Sande,
Den er munter in die Augen streut dem teuren Daterlande. —
Doch dieweil er die getreuen Gläub’gen mästet mit üersprechen,
Muss der gute deutsche Michel Runderte Millionen blechen. j.s.
VUtzüratzmachnOlm.
Berlin. Nach der interparlamentarischen Friedens-
konferenz und dem internationalen Pressekongreß wollte
auch der internationale Linbrecher- und Hochstapler-
kongreß im Reichstagsgebäude zusammentreten. Aber
es wurde ihm bedeutet, daß kein dringendes Bedürfnis
vorliege, da bereits Anfang Rovember die Rückkehr der
nationalen Blockparteien zu erwarten sei.
— Die Sydowschen Steuerpläne nehmen allmählich
greifbare Gestalt an. wie sich jetzt herausstellt, ist die
Gestalt nicht bloß greifbar, sondern greift auch selber
ganz gehörig zu.
— Rach dem Gutachten mehrerer Medizinalräte leidet
die preußische Justiz an Zipperlein und Altersschwäche
und bleibt darum bis auf weiteres Lulenburg gegen-
über verhandlungsunfähig.
Petersburg. Der Gesundheitszustand der hier ein-
getroffenen asiatischen Gholera läßt nicht das geringste
zu wünschen übrig. Sie fühlt sich hier ordentlich heimisch.
Die weitere Reise über Lydtkuhnen gestattet ihr aber die
preußische Regierung nur mit Retourbillett.
Windhuk (Deutschsüdwest). Simon Lopper, der
wieder aufgetaucht ist, hat sich einem Berichterstatter
gegenüber als grundsätzlicher Gegner der geplanten
Reichsfinanzreform ausgesprochen.
Lulmdurg.
Die Fesseln steten, die verhaßten,
Das lang Erwartete geschah:
Du frömmster aller päderasten,
Gottlob, nun bist du wieder da!
Jetzt frisch hinaus! Die Stunde eilet,
Und draußen lockt der Brüder Schar —
Daß du so lange hier verweilet,
Ist rätselhaft und wunderbar.
Doch du verschmähtest, auszureißen,
Hast klug dich in dein Los geschickt:
Du wußtest, daß im Lande Preußen
Man keine Fürstenblüte knickt.
Anstatt, wie andere, zu spinnen
Im öden Zuchthaus Flachs und Werg
Rollst heitern Sinnes du von hinnen
per Auto nach Schloß Liebenberg.
Lin Häuflein stotter Fischerknechte
Steht jubelnd an des Schlosses Tor,
Und die durchlauchte Meineidsrechte
Hebst gnädig du zum Gruß empor. —
Gar mancher murrt bei dieser Kunde:
Ich aber, fröhlichen Gemllt's,
Zahl' heute abend eine Runde
Und preis' die preußische Justiz.
Sie hat als treuer Kampfgenosse
In dumpfe Köpfe Licht gebracht
Und wieder mal dem Spießertrosse
Die trüben Augen klar gemacht! 3. s.
Der Orgelmann.
Deutschland ist in der Welt voran
Vor jedem andren Land;
Denn der modernste Gentleman
Regiert's hoch elegant.
Nicht wie ein Mann der Feuerwehr
Mit kaltem Wasserstrahl
Fällt plump er übers Ausland her.
Glatt ist er wie ein Aal.
And glätter noch als beim Friseur
Läuft ihm des Mundwerks Fluß.
Es übertrifft ihn als Kauseur
Kein Englishman, kein Ruß'.
Mit Geistesperlen schießt er statt
Mit Flinte und Kanon',
Ied' Hindernis schlägt spielend glatt
Sein süßer Plauderton.
Ein neuer Rattenfänger ist
Der Fürst voll Eleganz;
And dennoch ist er kein Flötist,
Anmusikalisch ganz.
Dem Sigmund Münz hat er's vertraut.
Der hat es uns erzählt.
Daß die Drehorgel schrill und laut
Am meisten ihm gefällt.
O Richard Wagner, wie viel Blech
Hast schmetternd du verwandt.
Bis deine Kunst kam aus dem Pech
And dich die Welt verstand.
Der große Bernhard orgelt blos
And alles lauscht beglückt.
Wie hat er jüngst erst so famos
Die Pressezunft entzückt!
Er orgelte von Vaters Tisch,
Auf dem die Lampe stand.
An der er, nach dem Zeitungswisch
Rasch greifend, sich verbrannt.
Er orgelte, wie nett es sei,
Spräch von uns das Journal,
Doch sei, wenn es mal gar zu frei.
Ihm dieses auch fatal.
Er orgelt, daß er nie gebraucht
Büchmanns Zitatentops,
Denn stets zitierte die Durchlaucht
Freihändig aus dem Kopf.
And orgelnd hat der Schmocke Zunft
Er den Verstand geraubt;
Denn — denkt nur, welche Anvernunst!
Sie haben's auch geglaubt!
Wahrhaftig, ein fideles Reich,
In dem die Orgel tönt
Von früh bis spät und jeden gleich.
Der nörgeln will, versöhnt.
So tönt sie auch, als ging's zum Fest,
Wenn in den Schraubstock schließt
Die Daumen Sydow uns und preßt.
Bis hell der Blutstrahl fließt.
Ob dann, wenn in dem Schraubstock stöhnt
Das Volk, der Orgel Kraft
Das Schmerzgeschrei noch übertönt.
Scheint freilich zweifelhaft. R. Wagner.
Eine Aitterlafsungssünde.
Fürst Bülow kam von der Eröffnung des
XIII. internationalen Kongresses zur Be-
kämpfung der Gcflügelcholera. Er hatte eine
wunderschöne Rede gehalten, mit zierlich ge-
setzten Worten, und dachte befriedigt über
die einzelnen Punkte nach. Plötzlich blieb er
stehen, wurde blaß, schlug sich vor die Stirn
und stotterte:
„Donnerwetter . . . jetzt Hab' ich doch richtig
den Weltfrieden vergessen!!"
Bülows neuestes Kostüm.
Die interparlamentarische Friedenstaube.