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Splpbubeumoral.
„Warum sollen wir nicht nehinen die schönen Birnen? Wächter schlaft ja!"
IwbelspAne. es
Ihr armen Blockliberalen,
Jetzt kommt die schwere Zeit;
Man wird jetzt von euch fordern
De» schwierigen Entscheid,
Fünfhundert Millionen
Sollt geben ihr dem Reich,
Und wenn ihr sie gegeben,
Zürnt euch das Volk sogleich.
Gebt ihr sie nicht, zürnt Bülow —
Wie man euch malträtiert!
Gebt Acht, datz euch in Ängsten
Nichts Menschliches passiert.
Die Wahrheit in der internationalen Politik besteht aus demen-
tierten Lügen. ' . '
Kein Vertrag hat so dickes Papier, daß er nicht zerrissen werden
könnte. . .
Wie oft schon die Menschen verfluchten
Den Balkan, der Frieden nicht halt —
Es blühen in seinen Schluchten
Die herrlichsten Rosen der Welt.
Sie werden weit schöner leuchten
Und prangen in Farbenglut,
Wenn man sie wird nicht mehr befeuchten
Mit rauchendem Menschenblut.
Ehrlichkeit ist eine staatsmännische Tugend. Aber sie darf nicht
in Dummheit ausarten. * , .
Nun ist's heraus: den ganzen Balkanrummel haben die Juden
angestiftet! Die Türkei soll nämlich „beschnitten" werde».
Ihr getreuer Säge, Schreiner.
Die Berliner ßoföbabnfeataftropbe.
Der Bürger hört beim Abendtrunk,
Was sich ereignet hatte,
Und liest's mit sämtlichen Details
Zn lMossens Lxtrablatte.
Und auch der braven Bürgesfrau
Lrgriff's den Sinn, den zarten —
Sie schickt gerührt vom Unglücksplatz
Zwei Dutzend Ansichtskarten.
Zwar war der allerhöchste Herr
Zufällig grad' auf Reifen,
Doch sendet er ein Telegramm
Den Witwen und den Waisen.
Auch sieht man, wie das Rechtsgefühl
Zn edlem Zorn entstammte:
Ls fitzen schon in strenger Haft
Zwei Subalternbeamte.
Die pflichtbewußte Direktion
Bewahrt gemess'ne Haltung:
Sie grub die achtzehn Dpfer ein
Auf Kosten der Verwaltung.
Bedauernd wäscht in Unschuld sie
Die wohlgepstegten Hände
Und steigert für das nächste Zahr
Die gold'ne Dividende.
So herrscht alsbald Befriedigung,
Gottlob, in allen Kreisen —
Und lustig weiter, wie zuvor,
Geht's in den alten Gleisen. I. ®.
Im Auswärtigen Amt zu Berlin.
Zeit: Anfang Oktober.
„Guten Morgen . . .!"
„Morjen."
„Ist Durchlaucht Fürst Bülow zufällig an-
wesend?"
„Nee. Sitzt in Norderney!"
„Exzellenz v. Schön . ..?"
„Berchtesgaden!!"
„Der Herr Unterstaatssekretär??"
„Ausjejangen!"
„Irgend ein Vortragender Rat . ..?"
„Alle zum Mittagessen!"
„Das Subalternpersonal?"
„Schläft! Aber, Menschenskind: Sie fragen
einem ja '» Loch in'n Strumpf! Wer sind Sie
denn eejentlich??"
„Der österreichisch-ungarische Botschafter!"
„So, na un ick bin der Portier!! Wat wollen
Se denn ferne wissen?"
Lieber Jacob!
Et is nich jut, wenn in't eiropäische Kon-
zert zu ville uff de Friedensschalmei jeblasen
wird — et wird jar zu leicht 'ne Klappe ver-
renkt un de Pustritze verstoppt. Der Fall is
jetz widder injetreten, denn et fängt in'n
Balkan an, bedeitend unjemietlich zu werden.
Ferdinand'n von Buljarjen juckt bet Leder.
Zuerst hat er de Tirken 'ne Eisenbahn je-
stohlen un nu will er se nich widder 'raus-
ricken un fuchtelt mit de Plempe. Det Aas
hat also nich bloß 'ne lange Neese, sondern
ooch lange Fingern, un er hat et vollauf ver-
dient, det se ihm von jetz ab alle „Zar"
schimpfen. Wenn nu ooch Österreich Rejen-
wirmer in'n Kopp jekriegt hat un Bosnien
un Herzojewina in de Tasche steckt, denn is
det schon eher bejreiflich. Aber jedenfalls
sollte man die diplomatischen Stänkerfritzen
beizeiten 'n paar so feste uff'n Zinken ver-
anlassen, det se de Lust zu weitere allerheechste
Heldentaten verjehn tut.
Bei uns fangen bloß de Ajrarjer mal widder
an, jroßartig zu werden. De russische Cholera
is se lieblich in de Neese jestiegen un se haben
jleich jewittert, det se aus dieses Unjlick Honig
saugen können. Se haben durch ihre Jelehrten
entdecken lassen, det in de russische Butter 'ne
jroße Ansteckungsjefahr liegt, un in ihre un-
bejrenzte Menschenfreindlichkeit fordern se de
Rejierung energisch uff, sofort de Jrenzen zu
sperren un keene ansländsche Butter nich rin-
zulassen. Det könnte die Brieder so passen!
Aber Jottseidank sin wir ooch noch da, un
wie ick uns kenne, jloobe ick nich, det et de
jierijenJroßjrundbesitzerdiesmaljelingenwird,
uns ooch noch de letzte Butter von't Brot zu
nehmen.
Trotz de ajrarische Butterjefahr is de Cholera
bei uns noch nich injezoge». Aber dafor jrassiert
de Fremmigkeit widder mal sehr stark in't teir«
Vaterland un besonders in de hiesije Haupt-
un Residenzstadt. Et war mir schon lange uff-
jefallen, det mein Jingster seit einige Zeit immer
sonne schweinsche Wörter un Redensarten je-
braucht, die er in unser» Familjenschoß un-
meeglich konnte jelernt haben. Ick lange mir
also dem Bengel mal her un stelle ihm zur
Rede. Un da quatscht er janz frech, det wären
allens Zitate aus 'ne fromnie Schrift, die der
christliche Jugendbund rausjibt un die er uff
'n Oranienplatz von'n heilijen Mann jratis
zujesteckt bekommen hätte. Ick las mir denn
nu det aujenehmeLiteraturerzeignis selberdurch
un hätte mir beinahe ieberjeben. So ekelte ick
mir. Letzten Sonnabend nach Feierabend stellte
ick mir denn in unbefangene Haltung mit
meinem Peserich uff 'n Oranienplatz uff un
hoffte zu Jott, det er mir '»e intime Bejejnung
mit det jlaubensstarke Individuum bescheren
wirde. Aber det Schwein muß woll seine christ-
liche Liebestätijkeit in'n anderes Stadtviertel
verlegt jehabt haben: et kam nich in meinen
Oogenschein un ick sah mir leider jeneetigt,
mit meine verhaltenen Vaterjefiehle widder
abzuschwimmen. Aber ick bin fest entschlossen,
bei de nächste christliche Jugendbundversamm-
lung in't Missionshaus in de Adalbertstraße
eijenhändig zu erscheinen un die Brieder mal
in'n Katechismus zu ieberheeren. Mein Peserich
freut sich schon uff det Verjniejen!
Womit ick verbleibe mit ville Jrieße Dein
jetreier Jotthilf Rauke,
an'» Jörlitzer Bahnhof, jleich links.
Splpbubeumoral.
„Warum sollen wir nicht nehinen die schönen Birnen? Wächter schlaft ja!"
IwbelspAne. es
Ihr armen Blockliberalen,
Jetzt kommt die schwere Zeit;
Man wird jetzt von euch fordern
De» schwierigen Entscheid,
Fünfhundert Millionen
Sollt geben ihr dem Reich,
Und wenn ihr sie gegeben,
Zürnt euch das Volk sogleich.
Gebt ihr sie nicht, zürnt Bülow —
Wie man euch malträtiert!
Gebt Acht, datz euch in Ängsten
Nichts Menschliches passiert.
Die Wahrheit in der internationalen Politik besteht aus demen-
tierten Lügen. ' . '
Kein Vertrag hat so dickes Papier, daß er nicht zerrissen werden
könnte. . .
Wie oft schon die Menschen verfluchten
Den Balkan, der Frieden nicht halt —
Es blühen in seinen Schluchten
Die herrlichsten Rosen der Welt.
Sie werden weit schöner leuchten
Und prangen in Farbenglut,
Wenn man sie wird nicht mehr befeuchten
Mit rauchendem Menschenblut.
Ehrlichkeit ist eine staatsmännische Tugend. Aber sie darf nicht
in Dummheit ausarten. * , .
Nun ist's heraus: den ganzen Balkanrummel haben die Juden
angestiftet! Die Türkei soll nämlich „beschnitten" werde».
Ihr getreuer Säge, Schreiner.
Die Berliner ßoföbabnfeataftropbe.
Der Bürger hört beim Abendtrunk,
Was sich ereignet hatte,
Und liest's mit sämtlichen Details
Zn lMossens Lxtrablatte.
Und auch der braven Bürgesfrau
Lrgriff's den Sinn, den zarten —
Sie schickt gerührt vom Unglücksplatz
Zwei Dutzend Ansichtskarten.
Zwar war der allerhöchste Herr
Zufällig grad' auf Reifen,
Doch sendet er ein Telegramm
Den Witwen und den Waisen.
Auch sieht man, wie das Rechtsgefühl
Zn edlem Zorn entstammte:
Ls fitzen schon in strenger Haft
Zwei Subalternbeamte.
Die pflichtbewußte Direktion
Bewahrt gemess'ne Haltung:
Sie grub die achtzehn Dpfer ein
Auf Kosten der Verwaltung.
Bedauernd wäscht in Unschuld sie
Die wohlgepstegten Hände
Und steigert für das nächste Zahr
Die gold'ne Dividende.
So herrscht alsbald Befriedigung,
Gottlob, in allen Kreisen —
Und lustig weiter, wie zuvor,
Geht's in den alten Gleisen. I. ®.
Im Auswärtigen Amt zu Berlin.
Zeit: Anfang Oktober.
„Guten Morgen . . .!"
„Morjen."
„Ist Durchlaucht Fürst Bülow zufällig an-
wesend?"
„Nee. Sitzt in Norderney!"
„Exzellenz v. Schön . ..?"
„Berchtesgaden!!"
„Der Herr Unterstaatssekretär??"
„Ausjejangen!"
„Irgend ein Vortragender Rat . ..?"
„Alle zum Mittagessen!"
„Das Subalternpersonal?"
„Schläft! Aber, Menschenskind: Sie fragen
einem ja '» Loch in'n Strumpf! Wer sind Sie
denn eejentlich??"
„Der österreichisch-ungarische Botschafter!"
„So, na un ick bin der Portier!! Wat wollen
Se denn ferne wissen?"
Lieber Jacob!
Et is nich jut, wenn in't eiropäische Kon-
zert zu ville uff de Friedensschalmei jeblasen
wird — et wird jar zu leicht 'ne Klappe ver-
renkt un de Pustritze verstoppt. Der Fall is
jetz widder injetreten, denn et fängt in'n
Balkan an, bedeitend unjemietlich zu werden.
Ferdinand'n von Buljarjen juckt bet Leder.
Zuerst hat er de Tirken 'ne Eisenbahn je-
stohlen un nu will er se nich widder 'raus-
ricken un fuchtelt mit de Plempe. Det Aas
hat also nich bloß 'ne lange Neese, sondern
ooch lange Fingern, un er hat et vollauf ver-
dient, det se ihm von jetz ab alle „Zar"
schimpfen. Wenn nu ooch Österreich Rejen-
wirmer in'n Kopp jekriegt hat un Bosnien
un Herzojewina in de Tasche steckt, denn is
det schon eher bejreiflich. Aber jedenfalls
sollte man die diplomatischen Stänkerfritzen
beizeiten 'n paar so feste uff'n Zinken ver-
anlassen, det se de Lust zu weitere allerheechste
Heldentaten verjehn tut.
Bei uns fangen bloß de Ajrarjer mal widder
an, jroßartig zu werden. De russische Cholera
is se lieblich in de Neese jestiegen un se haben
jleich jewittert, det se aus dieses Unjlick Honig
saugen können. Se haben durch ihre Jelehrten
entdecken lassen, det in de russische Butter 'ne
jroße Ansteckungsjefahr liegt, un in ihre un-
bejrenzte Menschenfreindlichkeit fordern se de
Rejierung energisch uff, sofort de Jrenzen zu
sperren un keene ansländsche Butter nich rin-
zulassen. Det könnte die Brieder so passen!
Aber Jottseidank sin wir ooch noch da, un
wie ick uns kenne, jloobe ick nich, det et de
jierijenJroßjrundbesitzerdiesmaljelingenwird,
uns ooch noch de letzte Butter von't Brot zu
nehmen.
Trotz de ajrarische Butterjefahr is de Cholera
bei uns noch nich injezoge». Aber dafor jrassiert
de Fremmigkeit widder mal sehr stark in't teir«
Vaterland un besonders in de hiesije Haupt-
un Residenzstadt. Et war mir schon lange uff-
jefallen, det mein Jingster seit einige Zeit immer
sonne schweinsche Wörter un Redensarten je-
braucht, die er in unser» Familjenschoß un-
meeglich konnte jelernt haben. Ick lange mir
also dem Bengel mal her un stelle ihm zur
Rede. Un da quatscht er janz frech, det wären
allens Zitate aus 'ne fromnie Schrift, die der
christliche Jugendbund rausjibt un die er uff
'n Oranienplatz von'n heilijen Mann jratis
zujesteckt bekommen hätte. Ick las mir denn
nu det aujenehmeLiteraturerzeignis selberdurch
un hätte mir beinahe ieberjeben. So ekelte ick
mir. Letzten Sonnabend nach Feierabend stellte
ick mir denn in unbefangene Haltung mit
meinem Peserich uff 'n Oranienplatz uff un
hoffte zu Jott, det er mir '»e intime Bejejnung
mit det jlaubensstarke Individuum bescheren
wirde. Aber det Schwein muß woll seine christ-
liche Liebestätijkeit in'n anderes Stadtviertel
verlegt jehabt haben: et kam nich in meinen
Oogenschein un ick sah mir leider jeneetigt,
mit meine verhaltenen Vaterjefiehle widder
abzuschwimmen. Aber ick bin fest entschlossen,
bei de nächste christliche Jugendbundversamm-
lung in't Missionshaus in de Adalbertstraße
eijenhändig zu erscheinen un die Brieder mal
in'n Katechismus zu ieberheeren. Mein Peserich
freut sich schon uff det Verjniejen!
Womit ick verbleibe mit ville Jrieße Dein
jetreier Jotthilf Rauke,
an'» Jörlitzer Bahnhof, jleich links.