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Der wahre Jakob: illustrierte Zeitschrift für Satire, Humor und Unterhaltung — 25.1908

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https://doi.org/10.11588/diglit.6608#0395
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6063 —

Das Lied vom Sparen.

© spar', soviel du sparen magst!

Ja, spare bis an deinen Tod:

Für alles, was du dir versagst,

Blüht dir ein Lohn, o Patriot!

Des alten Preußens Sparsamkeit
Sei Vorbild dir in Lust und Trauer!

Das Preußen unsrer heut'gen Zeit
Besieh dir lieber nicht genauer.

Laß nicht vom Luxus dich umgarnen!
vor sündger Weltlust eitlen Freuden
Kann man dich nicht genügend warnen.
Bescheiden sei, o Freund, bescheiden!

Die Stunde kommt, die Stunde kommt,
Da Vater Staat dein Geld erfaßt,

Dann weißt du. was es dir gefrommt,
Daß du bisher geknausert hast. . . .

Und wenn er dir nicht alles nimint,
was du mit saurem Schweiß gewannst,
Geschieht's nur, daß du frohgestimmt
von neuem wieder — sparen kannst!

P. E.

v. 2lrnim-Schnodderheim

an v. Below-Pleitenburg.

Mein Allerwertester! Habe mich über ver-
teufelt pessimistische Stimmung in Ihrem letzten
Brief sehr wundern müssen. Scheint Ihnen
doch rechtes Gottvertraue» etwas in Binsen
gegangen zu sein. Stramme Haltung, mein
Teuerster, auch in schlappen Zeiten vornehmste
Tugend von Edelsten und Besten! Darf von
mir wohl sagen, daß auch nicht einen Moment
kleinmütig geworden bin. Kenne deutsches
Bürgerpack schon lange genug, um zu wissen,
daß keine unerlaubten Insubordinationen be-
gehen wird. Bellt gelegentlich ein wenig, aber
beißt nie — wenigstens nicht seinen Herrn.
Hat gottlob gute Dressur genossen; apportiert
alles unweigerlich, ist mit magerstem Knochen
zufrieden und fühlt sich durch Fußtritt von
unserer Seite nur geehrt. Was wolle» Sie
mehr? Solange deutscher Junker noch Paar
Stiefel besitzt, wird auch deutscher Bürger
nicht fehlen, der sie ihm wichst. Denke, wir
dürfen in der Beziehung vollkommen zufrieden
sein und fröhlich in gesicherte Zukunft blicken.
Ist aber doch gut, wenn Kerls hin und wieder
mal Kopf zurechtgesetzt wird, damit merken,
daß unter keinen Umständen naseiveis sein
dürfen. Freute mich daher ungemein über
famosen Prinzen Oskar, der Bonner Pro-
fessoren wirklich schneidige Pauke gehalten hat.
Aufgabe der Wissenschaft mal bißchen vom
holderen Standpunkt aus beleuchtet und an-
maßenden Büchcrproleten richtige Dienstauf-
fassung eingebläut! Dabei kleine Königliche
.Hoheit erst knapp zwanzig Jahre alt und eben
erst auf Universität gekommen. Stupende
Sicherheit des Auftretens und phänomenales
Rednergenie, was ja in allerhöchster Familie
keine Seltenheit. Könnte sich zum Heil des
Vaterlandes schon ruhig malinterviewen lassen.

Aber prächtige Art, wie Exzellenz v. Beth-
mann-Hollweg sogenannte Freisinnige mit
Sprachenparagraph geleimt hat, habe mich
kolossal amüsiert. Bin im allgemeinen selbst-
redend Gegner von Block, weil Überzeugung
habe, Konservative können Geschäfte besser
allein führen und brauchen liberale Hand-
langer nicht. Freue mich aber doch, daß nicht
mehr unbedingt auf Zentrum angewiesen sind-
War alles in allem recht teures Vergnügen,
da Kerls Unterstützung immer nur gegen
politische Barzahlung gewährten und oft un-
verschämte Forderungen stellten. Freisinnige

Michels sparsame Haushälterin.

Bülow: Lab' nur von Vier und Zigarren, Michel! ES bekommt dir besser, wenn du dich an
Mäßigkeit gewöhnst!

Bülow: In der Küche hat man doch feine wahren Liebhaber sitzen. Laßi'S euch gut schmecken,
waS ich dem Esel drin fortgenoinmen habe.

-O O O

Blockspießer dagegen tun alles gratis und
mucken nicht, wenn humorvolle Exzellenz, wie
in Angelegenheit des Sprachenparagraph, mal
kleinen Scherz mit ihnen macht und sie ’n
bißchen zum Narren hält.

Wie eben in Zeitung lese, sollen verdammte
Schulmeister mit Lehreraufbesserungsvorlage
nicht zufrieden sein, weil in Zukunft etwas
iveniger Gehalt bekommen werden als bisher.
Ist aber Gesindel sehr heilsam, wenn Futter-
korb mal höher gehängt wird. Leidet ohuc-
hin schon an Größenwahn. Stellen sich vor,
daß neuer Schulmeister in Nachbardorf sich
weder an konservativer Wahlagitation noch an
Erntearbeiten auf Rittergut beteiligen will,
wenn dazu befohlen wird! Erhält dabei für
Arbeitstag Mark fünfzig und für Wahltag
Liter Schnaps. Wenn miserable Lausebande
prächtigen Nebenverdienst ablehnt und auf
Bärenhaut liegen will, soll in Gottes Namen
hungern, daß Schivarte knackt! Mein Kerl,
altes, gut diszipliniertes Luder, pariert selbst-
verständlich noch auf Wort: aber wer kann
wissen, was wird, wenn verreckt ist und grünen
Lümmel mit modernen Rosinen im Kopf als
Nachfolger bekomme? Niederträchtige Ver-
hetzung hat deutsche Proletenjugend total ver-
rückt und für höhere Aufgabe» unbrauchbar
gemacht. Scheußlich! Ihr Arnim.

Der jreeßte Mann
von't 20. Jahrhundert.

Et war ja alle richt'jen Kenner
Schon längst jeleifig un jewiß,

Det unsre Zeit mit jroße Männer
So jut versorgt wie keene is.

Denn mank de hohe Politicke
Da stehen wir janz obenan.

Da haben wir zu unserm Flicke
Den Bülow un den Bassermann.

Wie Raffael malt Anton Werner
An Knackfuß kann's fast ebentso.

An in de Plastik riehmt man ferner
Bejas als Michelangelo.

Zwar Ioethe schrieb 'nen janzen Laufen
And ritt tiptop den Pejasus,

Jedoch mit Wildenbruch un Lauff'n
Verjlichen, war det allens Stuß.

Drum hat sich keener ooch verwundert.
Wie plötzlich in de „Voss'sche" stand:

„Der jreeßte Mann von dies Jahrhundert",
Der is schon Anno acht ernannt.

Det Jam jrad so im Oogenblicke,

Wie man det große Los jewinnt —

Ru fehlt »ischt mehr a» unserm Flicke:
Lieb Vaterland, kannst ruhig sind! 3. e.
 
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