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Der wahre Jakob: illustrierte Zeitschrift für Satire, Humor und Unterhaltung — 25.1908

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https://doi.org/10.11588/diglit.6608#0396
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6004 •-

Was ist geschehn? Was drängt sich dicht
Das Volk zusammen noch vor Tage?

Was huscht gespenstisch Grubenlicht
Durch's Morgendämmern? Sprich doch! sage!

„Im Kohlenflötz — ein Grubenbrand;

Noch hat man nicht genaue Kunde!"

Die Weiber stehen schreckgebannt:

„Wo? Wo?" so geht's von Mund zu Munde.

„Tief unten im Fettkohlenschacht,

Dort — bei der fünften Tiefbausohle!"

So hallt der Schreckruf durch die Nacht:
„Fort! Fort! daß schnell man Rettung hole!"

Und vorwärts drängt der bange Laust

Die Angst beflügelt ihre Schritte-

Da bricht ein Mann in jähem Lauf
Sich Bahn durch der Verzagten Mitte.

Zum Förderkorb drängt er sich vor.

Ein Weib umklammert seine Knien:

„Zurück! Laß ab!" so schreit's im Chor,
„Den sichern Tod brächt dein Bemühen!"

Sein jammernd Weib stößt er zurück.

Mag sie beim Pfaffen Trost sich holen!

Und vorwärts dann ans Wagestück!

„Glück auf, Kam'raden! Gott besohlen!"

* * Der Tunichtgut. * *

Das ist der Jahn, der Tunichtgut,

Der in dem Streik die Massen führte,

Den man für Trotz und Übermut
Dann abgelohnt, wie sich's gebührte.

Der Jahn ist das, der Bösewicht,

Der den Gendarm beinah erstochen
Und dem dafür das Reichsgericht
Zwei Jahre Kerker zugesprochen.

Der Jahn, der stets der erste war,

Für die Bedrückten einzutreten;

Der Jahn, der immer bei Gefahr
Der Leiser war in allen Nöten. . . .

Schon rasselt er im Korb herab.

Die Räder schrei«, die Seile ächzen
Und in der Tiefe gähnt das Grab
Wo Lunderte nach Rettung lechze».

Und tiefer geht es-Mut! nur Mut!

Nicht achtet er der gift'gen Schwaden,

Der angekohlten Flöhe Glut,

Der Balkensplitter Barrikaden.

Jetzt endlich hat er doch erreicht
Ein kleines Läuflein der Versprengte»

Nur Mut! Noch rettet er vielleicht
Die Fasterstickten, Lalbversengten.

Das Wagestück — er hat's vollbracht!

Mit Müh' hat er sie aufgeladen ...

Der Förderkorb rast durch den Schacht
Durch Balkentrümmer, Schutt und Schwaden.

Glück auf! Sie kommen oben an,

Elend, verwundet, doch sie leben!

Ein einz'ger Toter nur! Der Mann,

Den bleich sie aus dem Korbe heben.

Das war der Jahn, der Tunichtgut,

Der in dem Streik die Massen führte,

Den man für Trotz und Übermut
Dann abgelohnt, wie sich's gebührte.

Der Jahn war das, der Bösewicht,

Der den Gendarmen fast erstochen
Und dem darauf das Reichsgericht
Zwei Jahre Kerker zugesprochen.

Der Zahn, der stets der erste war.

Für die Bedrückten einzutreten.

Der in der Stunde der Gefahr
Stets Äelfer war in fremden Nöten. —

Nun ruht er mit im Massengrab,

Der „Tunichtgut", der Sorgen ledig.

Der Pfaff nur kanzelt ihn noch ab:

„Auch seiner Seele — Lerr! — sei gnädig!"

Jedoch im ganze» Bergrevier Dort geht sein Ruhm von Tür zu Tür

Verbreitet sich die Kunde eilig. Und alle sprechen sie ihn heilig. Alfred Scholh.

o o o

Das kad.

£s läuft ein Rad rundum, rundum,
Das Rad läuft lautlos, das Rad läuft
stumm,

€s kennt kein Rasten, kennt kein
Schleichen,

Gleicbmässig rollt es fort und fort.
Griff mancher gerne in die Speichen,
üergeb’ne Müh'; das Rad rollt fort,
Und rollt und rollt in bellen Cagen,
Und rollt durch Leid und Dot und Pein,
Wann wird sein Lauf zu Ende sein?
Der Cod erstickt das tiefste Tragen.
Das Rad läuft fort in Ewigkeit,

Es rollt, es rollt, es rollt die Zeit...

_...__ Leo Heller.

Auch ein Grund.

A: Sie können sagen, was Sie
wollen, in inilitärischerHinsicht sind
wir allen anderen Staaten über!

B: Ich willdarübernichtstreiten.
Es wird uns dafür aber auch Un-
erschwingliches an Steuern ab-
genommen.

A: Das geschieht auch nur aus
militärischen Gründen. Kommt
wirklich einmal der Feind ins Land,
dann findet er wenigstens nichts!

0a§ Wunder von Gckartsau.

„Es haben jüngst in luftiger floh'
Türst Türstenbergs Schloss im Bogen
Genau in Torrn des lateinischen W
Wildenten überflogen.“

So las der Leser im Morgenblatt
Beim Kaffee und bat gescbmunzelt. -
Vielleicht auch, dass er, des Lones satt,
Ein wenig die Stirn gerunzelt.

Doch zweifelt nur nicht, dass dem so sei,
Und runzelt nicht die Brauen:

Mau hörte ja das — W- Geschrei
Weit über Deutschlands Gauen! p. e.

Aus einem Rekrukeubrief.

„Beim Militähr ist es sehr schön. Unser Hauptmann sagt, es
gibt bald Krieg. Hoffendlich geht es bald los! Ich glaube, die
Franzohsen werden firchterliche Keile krigen. Ich wollte, sie krigten
so firchterliche Keile, wie wir hier von die alten Leute krigen."

Was uns not tut.

Da das dreimalige Hoch der neueften kaiserlichen Verfügung immer noch
nicht klappen will, so wird künftig die Elektrizität in den Dienst der guten Sache
gestellt werden. Den Blaujacken wird stets gleichzeitig ein elektrischer Schlag von
solcher Stärke versetzt werden, daß sie das Maul wie tost aufreißen.

Berliner Gespräch.

„Sie, Herr Wachtmeester... wo
is denn hier eejentlich die soje-
nannte Schwatzbude?"

„Hahaha! Sin'Sie aber'»Spaß-
vogel!! Sie meenen wahrscheinlich
den deitschen Reichstag! He?"

„Nee."

„Oho, Männeken: Sie meenen
doch »ich etwa bet auswärtije
Amt . . .??"

„Nee."

„Ooch »ich? — Ja, wat meenen
Sie denn nu eejentlich mit de
Schwatzbude?"

„Det kann ick Sie «ich jut ver-
raten, Herr Wachtmeester,Sie wer'»
ma' sonst zu wietend!!"

Neues von Serenissimus.

Serenissimus (ein großes Unter-
nehmen besichtigend): Sagen Sie, ver-
ehrter Direktor, welche Bedeutung
hat denn die Zahl aus dem Mützen-
schild des Beamten dort?

Direktor: Das ist die Nummer
der betreffenden Männer.

Serenissimus: Großartig!
Wirklich großartig! Kann ich leider
nicht machen. Meine Handlanger
sind nur Nullen!

Mecklenburgische Volks-
schullehrer.

„Wo ist denn Ihr weggejagter
Vorgänger geblieben?"

„Der hat sein Glück gemacht,
Herr Schulrat!"

„So?"

„Der tritt jetzt mit seinen .ge-
lehrten Schweinen' im Zirkus aus!"

„Was??"

„Die haben nämlich hinter ihrer
Bretterwand den ganzen Schul-
unterricht mitangehört!"
 
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