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Der wahre Jakob: illustrierte Zeitschrift für Satire, Humor und Unterhaltung — 27.1910

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https://doi.org/10.11588/diglit.6708#0043
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» 6518

Die 7. Kompagnie der König-Peter-Grena-
diere sollte Kaisers Geburtstag Heuer in „Pülle-
meyers Biergarten" feiern.

Am Tage vorher besichtigte der Herr Haupt-
mann als ein wahrer Vater seiner Kompagnie
gewissenhaft das Lokal, um zu sehen, ob auch
alles schön in Ordnung ist.

Nach halbstündigem Herumkriechen selbst in
den verstecktesten Winkeln des Gebäudes sagte
er anerkennend zuin Wirt:

„Sie haben die Bude ja ganz nett ausgc-
schmückt, mein lieber Herr Püllemeyer. . .
aber, hm! . . . vielleicht bringen Sie noch 'n
paar hübsche Dekorationen in schwarzweißrot
mit Lorbeer an, nicht wahr? Ich meine: an
solchen Stelle» hauptsächlich, wo man sie be-
sonders nachdenklich betrachten muß . .. zum
Beispiel auf dem Pissoir und so! " z.

Eine stilvolle Antwort.

Der neue Berliner Polizeipräsident liebt es,
sich ganz wie ein richtiger Harun al Raschid
möglichst unerkannt von der Pflichttreue seiner
Beamten persönlich zu überzeugen.

Freilich wird das in der Nähe haltende blau-
lackierte Polizeiautomobil von den Beamten
stets sehr rasch bemerkt und natürlich ent-
sprechend gewürdigt.

Neulich besuchte Herr v. Jagow die Wache
des soundsovielten Reviers. Man gab ihm
sehr höflich Auskunft über den nächsten Weg
zum Wedding, und als er die Wache verließ,
beeilte sich einer der schlauesten Spitzel von
ganz Berlin, der rein zufällig anwesend war,
ihm voll Diensteifer die Türe zu öffnen.

„Sind Sie bei der Polizei fest angestellt?"
fragte der moderne Harun al Raschid so neben-
her. Und da lispelte der begabte Jüngling
verschämt: „Leider noch nicht, mein Herr! Vor-
läufig bin ich nur als Erzähler von Märchen
aus Tausendundeine Nacht beschäftigt!" T.

Berlin am Sonntag.

„Du bist aber spät uffjestanden, Fritze!"

„Ja weeßte, Ede ... det verflixte Sechstage-
rennen steckt mir inuner noch in de Knochen!"

„Woso? Haste det denn mitje-
macht?"

„Na, un ob! Du doch ooch!"

„Wat for'n Sechstagerennen
denn, Menschenskind?"

„Na, det allwöchentliche Sechs-
tagerennen um de Lohndüte, Ede!"

Polizeilicher Fortschritt.

Neulich fragte ich einen Schutz-
mann, um dessen Beine ein treu er-
gebenes Kötervieh scharwenzelte:

„So'n Polizeihund ist wohl 'ne
wirksarne Hilfe für Sie, Herr
Wachtmeister?"

„Ra, und ob!!" meinte das Auge
des Gesetzes ganz stolz: „Oder durf-
ten wir bisher vielleicht die Leute
in die Kehle beißen ...?"

Ostelbische Geographie.

„Kasimir Plozkowiak... was ist ein Vulkan?"
„Ein Vulkan iS sich dampfendes Berg, Herr
Lehrer!"

„Schön. — Und wo liegt ein solcher in
Europa?"

„Auf Gutshof von gnädiges Herr Baron,
vor Kuhstall!"

Wie erzeugt man Patrioten?

Ein Rat für junge Ehemänner von Uno.

Ach, wo ist doch die Zeit geblieben.

Wo jeder Mensch ein Patriot,

Wo jeder deutsche Mann im Lieben
Des Königs alles iiberbot?! .

Wohl sucht die Schule einzugreifen.

Doch leider ist's dann schon zu spät,

Rur die Loyalität kann reifen.

Die du bei Zeiten auSgesät.

Zuerst sollst du ad notam nehmen,

Das; du dein Schlafgemach, o Mensch,
Verzierst mit Bildern und Emblemen,

Die königstreu und vaterländ'sch.

Latz nicderschauen von de» Wänden
Das ganze hohe Lerrscherhaus,

Dann fällt die Arbeit deiner Lenden
Ganz sicher patriotisch aus.

Zum zweiten sei im Ehstandspfiihle
Giii Spielwerk angebracht, mein Sohn,
Das bei dem sühen Minncspiele
Tritt automatisch in Funktion.

Und während du und deine Kleine
Der Liebe pflegen voll und ganz.

Spielt es das Lied der Wacht am Rheine
Und von der hohen Wonnegans I

Und nun zum Schluß noch als Belehrung:
Es ist, schon Schenk dozierte so.

Die Art und Weise der Ernährung
Don Einfluß auf den Embryo.

Gib darum nach erfolgter Paarung
Tagtäglich deinem holden Mops
Zum Frühstück Kaisermehl als Nahrung
Und abends Königsbcrger Klops.

So Leser! Wird dir nun erotisch.

Vergiß des Dichters Lehren nicht
Und übe wahrhaft patriotisch
Die angenehme Ehepflicht.

Die Folgen wird die Zukunft lehren;
Denn — ist die große Stunde da —

Der erste Schrei von deinen Göhren
Ist sicherlich: Lurra, Hurra!

Vertrauen zur Justiz.

Ein Arbeitswilliger mußte wegen einer kleinen
Messerstecherei, die er sich erlaubt hatte, vors
Gericht.

„Nimmst du dir denn keinen Rechtsanwalt?"
fragte ihn ein gleichfalls sehr nützliches Ele-
ment. Der Arbeitswillige grinste:

„I wo! Mich verteidigt ja doch schon der
Scaatsanivalt!"

Aus den Statuten des Äansabundes.

Der Hansabund ist die leibhaftig wieder auf-
erstandene stolze „Hansa" der freien deutschen
Städte des Mittelalters; und wer das nicht
glaubt, zahlt ein Dreimarkslück.

Der Hansabund will, daß sich die habgierige,
freche Raublust des modernen Junkertums an
dem Granit eines macht- und kraftvollen
Bürgertums die Köpfe einrenne beziehungs-
weise die Zähne ausbeiße; und wer das nicht
glaubt, zahlt ein zweites Dreimarkstück.

Der Hansabund erachtet es als seine heilige
Pflicht, energisch für die Interessen aller jener
Berufszweige einzutreten, die auf sein natio-
nales Aushängeschild hineingefallen sind; und
wer das nicht glaubt, zahlt ein drittes Drei-
markstück. .

Mit den bezahlten Dreimarkstücken wird
Krieg gegen die Sozialdemokratie geführt, die
den blühenden jungen Hansabund heimtückisch
zu verderben trachtet, indem sie ihm hartnäckig
neun Mark schuldig bleibt, obgleich sie doch
von vornherein schon nicht an den ganzen
Schwindel geglaubt hat!

Erstklassiges Gespräch.

„Sie haben schon wieder 'n neuen Diener,
Baron?"

„Ja, denken Sie nur: der vorige hat unfern
Familienkognak ausgesoffen!!"

„Familienkognak. . .?"

„Na ja, den zwanzigjährigen Drei-Stern-
Hennessy im Bücherschrank oben links, der
doch nur für Jemütserschütterungen is, wenn
'n Verwandter dot jetzt und so!"

Wohl möglich.

Serenissimus, der sich bekanntlich für alles
interessiert, ließ sich neulich von einem Bienen-
züchter ganz genau in die Geheimnisse der
Bienenzucht einweihen.

Der Bienenzüchter machte Sere-
nissimus nicht ohne einige Mühe
den Unterschied zwischen „Droh-
nen" und „Arbeiterinnen" klar;
dagegen verstand aber Serenissi-
mus die dann folgende Sache mit
der „Königin" schon bedeutend
leichter.

Zum Schluß legte der Bienen-
züchter Serenissimus noch eine
Reihe naturwissenschaftlicher Prä-
parate vor, worunter sich auch
eine Monstrosität, nämlich eine
ganz außergewöhnlich dicke und
fette Drohne befand.

„Ah, lieber Mann ..." schnarrte
da Serenissimus mit plötzlich auf-
blitzendem Verständnis: „. . . das
Beest da ist vielleicht gar so was
Ähnliches wie'n Prinz-Gemahl?"

Beamtentreue.

„Wir aber rufen dem jeweils in der Dienstanweisung vorgefchriebenen Staatk-
oberhauple ein dreimaliges donnerndes Hurra, Hurra, Hurra!"
 
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