0520
W Oldenburg=)anufd)au. m
Das war der Junker Oldenburg,
Der frumbe Janufcbauer,
Der rannt’ mit feinem Scbädel durd)
Die allerdickfte Mauer;
Der batte stets die Sporen an
flls alter Ranall’rifte
Und krähte als der laut’fte Hahn
Huf dem feudalen Miste.
„DerdeutfcheKeichstag"-rief erkühn-
„Der ist uns nöllig piepe!
Bei uns gilt nur die Disziplin
Nach preußischem Prinzipe!
Mit flintenfchutz und Säbelhieb
Regieren wir auf erden,
Der ganze Parlamentsbetrieb
Rann uns gestohlen werden!
„Derfucht das Padt mal widerstand
Und will uns nicht parieren.
So fchickt man einen Ceutenant
Mit zehen Grenadieren;
Die ziehen ihre Plempen 'raus.
Und ohne viel zu fragen
wird man dies ganze hohe Haus
einfach zum Teufel Jagen!“
flls solches der feudale Hahn
Zu äußern fich erfrechte,
Durchbraufte ein friumphorkan
Des Hanfes edle Rechte;
Sie Jauchzte hoch und horrido
Und raste wie befoffen.
Die ftretb und Plethi brüllten fo,
Daß ihre Mäuler troffen.
Doch als die Sache man bei Licht
Betrachtete genauer.
Da fab man klar, was angericht't
Der edle Janufcbauer;
Da wünschte man inbrünstigste!):
fleh, hättest du geschwiegen!
Und ftretb und Plethi mühten sich,
Ihn feste ’rauszulügen.
Doch wehe, weh’, es war zu spät!
O unheilvolle Stunde!
Des Janufchauers Wort, es geht
!m Dolk von Mund zu Munde;
Dem Junkerpack zu Schand' und Schmach
wird es bestehen bleiben.
Das uns enthüllt mit einem Schlag
Der Dolksverräter Treiben.
£s liegt das freche Junkermort
Dem Michel schwer im Magen,
flls Mahn- und Weckruf reiht es fort
Die Zaudernden und Zagen,
Der Samen, den es ausgeftreut,
Der bleibt von guter Dauer —
Drum ruf’ich frohen Herzens heut:
Hab’ Dank, mein Janufchauer! Tobias.
Kometen am lUinisterbimmel.
Sie geben strahlend auf, indes die Welt
Jünk und erfreut das neue Schauspiel sichtet
Und Operngucker vor die Jtugen hält
Und Cintenfass und Gänsefeder richtet.
Gin neuer Man», hurra!... Und was wird nun?
Wird er mit Geist, wird er mit Kraft regieren?
Mas wird er sagen, und was wird er tun?
UJird er den Karren aus dem Sumpfe führen?
Wir stecken drin im Dreck, wie längst publik,
Und finster ist es wie im Ochsenmagen
ln dem Gekröse deutscher Politik.
Wird Gr zu uns das neue Licht nun tragen?
Wir hoffen ja und harren ja so gern
Und essen friedlich Sauerkraut und Klösse.
Uon welcher Art ist denn der neue Stern:
Ist er von erster, zweiter — sechster Grösse?
Was, ein Komet gar? ... Welches Jeuerrad!
0, seht ihn, Leute: schlank wie eine Lilie
Strebt auf der Schwei!— Der Kern ist etwas matt,
Indessen: dieses liegt in der Jamilie.
Der Kern ist matt, ist philosophisch grau,
Und scheint, dem Spektrum nach, umhüllt von Gasen.
Mit einem Worte: dieses Licht ist flau,
Doch imponiert’s durch einen Schweif von Phrasen.
Durra, hurra! Nun spreize dich, Komet!
Dann?! Gr gleitet in die Liefe, gleitet?
Gr kam doch erst! Und gebt schon wieder, gebt?...
Doch — die Jamilie ist ja weit verbreitet.
Drum, Deutschland über alles, zage nicht!
Gin Wort von oben — und du sichst mit frommen
Guckäuglein wieder ebensolches Licht
Wie das versebwundne aus dem Duster» kommen.
€p.
Eine Wahlrechtsenquete.
Um auch den Gegnern der preußischen Wahlreforni
Gelegenheit zu einer Äußerung zu geben, richteten wir
an verschiedene Herren der Rechten die Bitte, uns nach
dein fünften Glase Champagner ihre Meinung kurz aus-
etnanderzusetzen. Aus den hochinteressanten Antworten,
die wir auf diese Umfrage erhielten, geben wir die
folgenden wieder:
Herzog zu Arenberg: Habe keine Ahnung, worum
es sich handelt. Kopf ist mir mit belgischen Sachen voll.
Jordan v. Kroch er: Js ja alles Quatsch!
Matthias Erzberger: Zahlen Sie den Punsch?
Heydebrand von der Lasa: Außere mich nur
in geschlossenen konservativen Versammlungen.
vr.H ahn: Die Reformfreunde können uns sonst was!
vr. Spahn: Wir werden das Ding schon fingern.
Wilhelm Bruhn: Wird die Vorlage als Inserat bei
mir veröfientltcht, dann bin ich für eine recht umfang-
reiche Reform!
«.Oldenburg: Mopsen Sie mir nich mit dem kod-
drigen Dreck!
Piefke: Die Wahl in Eisenach woll'n se wieder
kassieren, weil die Behörde öffentlich for uns ajttiert hat.
Lehmann: Nanu! Woso denn?
Piefke: Ra, mit die Mansselder Maschtnenjewehre.
Lehmann: Also eenen Leitnant UN zehn Mann
braucht Oldenburg, um 'n Reichstag zu schließen. Ge-
niest dazu am Ende nich 'n Leitnant alleene?
Piefke: Ree, Lehmann, der Leitnant braucht die
zehn Mann, damit se ihn erst mal klar machen, wat
det eijentltch for '» Ding is, der Reichstag!
Das große Ereignis.
Eine fieberhafte Erregung herrschte seit einigen Tagen
in den Redaktionen der gutgesinnten BerltnerZeitungen,
und alle Hebel wurden in Bewegung gesetzt, um als
erster, allen Konkurrenten voraus, der gespannt lau-
schenden Welt das epochemachende Ereignis verkünden
zu können. Aber, wie es schon so oft geschehen ist: die
sozialdemokratische Presse blieb Siegerin. Durch intime
Beziehungen zu einer höfische» Klosettretnigungsfrau
gelang es dem Korrespondenten des „Wahren Jacob",
bereits morgens die brünstig ersehnte Nachricht zu er-
halten, die Masse, Scherl und Ullstein erst in ihren
Abendausgaben bringen konnten: „Die Potsdamer
Gardeleutnants Wedigo v. Wedel und Gisbert zu Jnn-
und Knyphausen sind für die bevorstehenden Festlich-
keiten am Berliner Hofe zu Vortänzern ernannt w orden!"
In früher Morgenstunde bereits pochte unser Korre-
spondent an die Türen der beiden jungen Krieger, die
durch allerhöchstes Vertrauen auserwählt worden find,
ein fo verantwortungsvolles Amt in diesem Winter zu
bekleiden. Aber die Türen blieben geschlossen. Die
Herren waren von den leiblichen und seelischen Vor-
bereitungen für ihre aufreibende Tätigkeit derartig in
Anspruch genommen, daß sie auch nicht eine Minute
anderen Interessen widmen konnten. Als unser Bericht-
erstatter tiefbetrübt den Heimweg antrat, begegnete er
den atemlos herbeteilenden Sendboten von Masse, Scherl
und Ullstein, die ebenfalls abgewiesen wurden.
Seufzend mußte fich die bürgerliche Presse damit be-
gnügen, aus dem Gothaer Adelsalmanach das Alter,
das Geschlecht, den Geburtsort und die Herkunft der
beiden Männer zu ermitteln, auf denen heute die Augen
aller gutgesinnten Bürger ruhen. Uns konnten diese
doch nur dürftigen äußeren Taten natürlich nicht be-
friedigen. Gewohnt, nach dem Kern der Dinge zu for-
schen, suchten wir tiefer in die Seelen der beiden zu
blicken, und wir erfuhren aus der Rangliste der preußi-
schen Armee, daß Gisbert überzeugter Anhänger des
Gardedukorps ist, während Wedigo sich zum ersten
Garderegtment zu Fuß bekennt.
Die bürgerliche Presse brachte dann die Bildnisse der
interessanten Männer. Aber der Anblick der Photo-
graphien konnte bet uns nur ein Lächeln des Mitleids
Hervorrufen. Zeigten die Bilder doch lediglich Kops und
Brust, also zwei Körperteile, die angesichts der beson-
deren Wirksamkeit der jungen Helden ohne jede tiefere
Bedeutung erschienen. Um so mehr freuen wir uns,
unfern Lesern heute die ersten wirklich lebensvollen und
charakteristischen Porträts der neuen preußischen Wür-
denträger bieten zu können:
Gisbert zu Inn- und Wedigo v. Wedel.
Knyphausen.
W Oldenburg=)anufd)au. m
Das war der Junker Oldenburg,
Der frumbe Janufcbauer,
Der rannt’ mit feinem Scbädel durd)
Die allerdickfte Mauer;
Der batte stets die Sporen an
flls alter Ranall’rifte
Und krähte als der laut’fte Hahn
Huf dem feudalen Miste.
„DerdeutfcheKeichstag"-rief erkühn-
„Der ist uns nöllig piepe!
Bei uns gilt nur die Disziplin
Nach preußischem Prinzipe!
Mit flintenfchutz und Säbelhieb
Regieren wir auf erden,
Der ganze Parlamentsbetrieb
Rann uns gestohlen werden!
„Derfucht das Padt mal widerstand
Und will uns nicht parieren.
So fchickt man einen Ceutenant
Mit zehen Grenadieren;
Die ziehen ihre Plempen 'raus.
Und ohne viel zu fragen
wird man dies ganze hohe Haus
einfach zum Teufel Jagen!“
flls solches der feudale Hahn
Zu äußern fich erfrechte,
Durchbraufte ein friumphorkan
Des Hanfes edle Rechte;
Sie Jauchzte hoch und horrido
Und raste wie befoffen.
Die ftretb und Plethi brüllten fo,
Daß ihre Mäuler troffen.
Doch als die Sache man bei Licht
Betrachtete genauer.
Da fab man klar, was angericht't
Der edle Janufcbauer;
Da wünschte man inbrünstigste!):
fleh, hättest du geschwiegen!
Und ftretb und Plethi mühten sich,
Ihn feste ’rauszulügen.
Doch wehe, weh’, es war zu spät!
O unheilvolle Stunde!
Des Janufchauers Wort, es geht
!m Dolk von Mund zu Munde;
Dem Junkerpack zu Schand' und Schmach
wird es bestehen bleiben.
Das uns enthüllt mit einem Schlag
Der Dolksverräter Treiben.
£s liegt das freche Junkermort
Dem Michel schwer im Magen,
flls Mahn- und Weckruf reiht es fort
Die Zaudernden und Zagen,
Der Samen, den es ausgeftreut,
Der bleibt von guter Dauer —
Drum ruf’ich frohen Herzens heut:
Hab’ Dank, mein Janufchauer! Tobias.
Kometen am lUinisterbimmel.
Sie geben strahlend auf, indes die Welt
Jünk und erfreut das neue Schauspiel sichtet
Und Operngucker vor die Jtugen hält
Und Cintenfass und Gänsefeder richtet.
Gin neuer Man», hurra!... Und was wird nun?
Wird er mit Geist, wird er mit Kraft regieren?
Mas wird er sagen, und was wird er tun?
UJird er den Karren aus dem Sumpfe führen?
Wir stecken drin im Dreck, wie längst publik,
Und finster ist es wie im Ochsenmagen
ln dem Gekröse deutscher Politik.
Wird Gr zu uns das neue Licht nun tragen?
Wir hoffen ja und harren ja so gern
Und essen friedlich Sauerkraut und Klösse.
Uon welcher Art ist denn der neue Stern:
Ist er von erster, zweiter — sechster Grösse?
Was, ein Komet gar? ... Welches Jeuerrad!
0, seht ihn, Leute: schlank wie eine Lilie
Strebt auf der Schwei!— Der Kern ist etwas matt,
Indessen: dieses liegt in der Jamilie.
Der Kern ist matt, ist philosophisch grau,
Und scheint, dem Spektrum nach, umhüllt von Gasen.
Mit einem Worte: dieses Licht ist flau,
Doch imponiert’s durch einen Schweif von Phrasen.
Durra, hurra! Nun spreize dich, Komet!
Dann?! Gr gleitet in die Liefe, gleitet?
Gr kam doch erst! Und gebt schon wieder, gebt?...
Doch — die Jamilie ist ja weit verbreitet.
Drum, Deutschland über alles, zage nicht!
Gin Wort von oben — und du sichst mit frommen
Guckäuglein wieder ebensolches Licht
Wie das versebwundne aus dem Duster» kommen.
€p.
Eine Wahlrechtsenquete.
Um auch den Gegnern der preußischen Wahlreforni
Gelegenheit zu einer Äußerung zu geben, richteten wir
an verschiedene Herren der Rechten die Bitte, uns nach
dein fünften Glase Champagner ihre Meinung kurz aus-
etnanderzusetzen. Aus den hochinteressanten Antworten,
die wir auf diese Umfrage erhielten, geben wir die
folgenden wieder:
Herzog zu Arenberg: Habe keine Ahnung, worum
es sich handelt. Kopf ist mir mit belgischen Sachen voll.
Jordan v. Kroch er: Js ja alles Quatsch!
Matthias Erzberger: Zahlen Sie den Punsch?
Heydebrand von der Lasa: Außere mich nur
in geschlossenen konservativen Versammlungen.
vr.H ahn: Die Reformfreunde können uns sonst was!
vr. Spahn: Wir werden das Ding schon fingern.
Wilhelm Bruhn: Wird die Vorlage als Inserat bei
mir veröfientltcht, dann bin ich für eine recht umfang-
reiche Reform!
«.Oldenburg: Mopsen Sie mir nich mit dem kod-
drigen Dreck!
Piefke: Die Wahl in Eisenach woll'n se wieder
kassieren, weil die Behörde öffentlich for uns ajttiert hat.
Lehmann: Nanu! Woso denn?
Piefke: Ra, mit die Mansselder Maschtnenjewehre.
Lehmann: Also eenen Leitnant UN zehn Mann
braucht Oldenburg, um 'n Reichstag zu schließen. Ge-
niest dazu am Ende nich 'n Leitnant alleene?
Piefke: Ree, Lehmann, der Leitnant braucht die
zehn Mann, damit se ihn erst mal klar machen, wat
det eijentltch for '» Ding is, der Reichstag!
Das große Ereignis.
Eine fieberhafte Erregung herrschte seit einigen Tagen
in den Redaktionen der gutgesinnten BerltnerZeitungen,
und alle Hebel wurden in Bewegung gesetzt, um als
erster, allen Konkurrenten voraus, der gespannt lau-
schenden Welt das epochemachende Ereignis verkünden
zu können. Aber, wie es schon so oft geschehen ist: die
sozialdemokratische Presse blieb Siegerin. Durch intime
Beziehungen zu einer höfische» Klosettretnigungsfrau
gelang es dem Korrespondenten des „Wahren Jacob",
bereits morgens die brünstig ersehnte Nachricht zu er-
halten, die Masse, Scherl und Ullstein erst in ihren
Abendausgaben bringen konnten: „Die Potsdamer
Gardeleutnants Wedigo v. Wedel und Gisbert zu Jnn-
und Knyphausen sind für die bevorstehenden Festlich-
keiten am Berliner Hofe zu Vortänzern ernannt w orden!"
In früher Morgenstunde bereits pochte unser Korre-
spondent an die Türen der beiden jungen Krieger, die
durch allerhöchstes Vertrauen auserwählt worden find,
ein fo verantwortungsvolles Amt in diesem Winter zu
bekleiden. Aber die Türen blieben geschlossen. Die
Herren waren von den leiblichen und seelischen Vor-
bereitungen für ihre aufreibende Tätigkeit derartig in
Anspruch genommen, daß sie auch nicht eine Minute
anderen Interessen widmen konnten. Als unser Bericht-
erstatter tiefbetrübt den Heimweg antrat, begegnete er
den atemlos herbeteilenden Sendboten von Masse, Scherl
und Ullstein, die ebenfalls abgewiesen wurden.
Seufzend mußte fich die bürgerliche Presse damit be-
gnügen, aus dem Gothaer Adelsalmanach das Alter,
das Geschlecht, den Geburtsort und die Herkunft der
beiden Männer zu ermitteln, auf denen heute die Augen
aller gutgesinnten Bürger ruhen. Uns konnten diese
doch nur dürftigen äußeren Taten natürlich nicht be-
friedigen. Gewohnt, nach dem Kern der Dinge zu for-
schen, suchten wir tiefer in die Seelen der beiden zu
blicken, und wir erfuhren aus der Rangliste der preußi-
schen Armee, daß Gisbert überzeugter Anhänger des
Gardedukorps ist, während Wedigo sich zum ersten
Garderegtment zu Fuß bekennt.
Die bürgerliche Presse brachte dann die Bildnisse der
interessanten Männer. Aber der Anblick der Photo-
graphien konnte bet uns nur ein Lächeln des Mitleids
Hervorrufen. Zeigten die Bilder doch lediglich Kops und
Brust, also zwei Körperteile, die angesichts der beson-
deren Wirksamkeit der jungen Helden ohne jede tiefere
Bedeutung erschienen. Um so mehr freuen wir uns,
unfern Lesern heute die ersten wirklich lebensvollen und
charakteristischen Porträts der neuen preußischen Wür-
denträger bieten zu können:
Gisbert zu Inn- und Wedigo v. Wedel.
Knyphausen.