6527
„Jessas, schnngt's den Herrn Psarra a», kaum rühr'» kann er sich! Herrschaft,
»lus! der heut Mieder lauae deün Fasteii gemese» sein:
novelMne. es
Gar ein schrecklich Ungeheuer
Schnauft und pustet oft daher.
Als wollt' alles es verschlingen:
's ist der Walfisch auf dem Meer!
Greulich sperrt er auf den Rachen,
Doch sein Schlund ist eng und klein,
So daß nur die allerkleinsten
Fischlein gehen dort hinein.
Denk' ich an des Walfischrachens
Märchenhaften Höhlenbau,
Denk' ich an den edlen Ritter
Oldenburg von Januschau.
Drohend kommt er angefahren ' Undkannniemanddochverschlingen
Und sperrt auf das Maul so weit:-Allgemeine Heiterkeit!!
Die Insel Helgoland zerbröckelt langsam. Nach amtlicher Schätzung
wird es verschiedene Millionen kosten, diesen hohlen Zahn der kaiser-
lich deutschen Weltmacht notdürftig zu plombieren.
Dem een'sien Reichskanzler is dem andern sien preußischer Minister-
präsident! * t «
Der Staat verstärkt seine bureaukratischen Nadelstiche von Zeit
zu Zeit durch polizeiliche Säbelhiebe.
Ein Narr fragt mehr, als zehn Weise beantworten können. Aber ein
Narr sagt auch mehr, als zehn Weise ivieder gut machen können.
Man merkt immer wieder, daß dem Thron am nächsten doch alle-
mal noch der Hanswurst hockt. ,
Ihr getreuer Sage, Schreiner.
Die vraunschweiger Metzelei.
Das war ein grausig Gemetzel
Zu Braunschweig im Wahlrechtskrieg,
Die Polizei hat errungen
Gar einen glorreichen Sieg,
Ls haben dort Männer und Zrauen
Aufs Wahlrecht ein Hoch ausgebrachi,
Sie haben dafür mit dem Säbel
Die blut'ge Bekanntschaft gemacht.
Und morgens bei feinem Frühstück,
Da schmunzelt der Bourgeois: „Traun!
Die haben ja die Lanaille
Mai tüchtig zufammengehaun!"
Die Freude wird werden zum Schrecken:
Mit jeglichem Tropfen Blut,
Zn diesem Kampfe vergaffen,
Steigt höher die rote Flut, H, Fl,
Die Sintflut.
Eine moderne Legende.
Und da die Zeit gekommen war.
Da Sünd' und Greuel gen Himmel stanken.
Die Welt der Sitt' und Tugend bar
In Worten, Werken und Gedanken,
Da ritz — trotz seiner Vaterhuld —
Dem lieben Herrgott die Geduld.
Er fluchte der verruchten Welt
Und ließ zunächst sich Petrus kommen.
Der uns den Barometer stellt;
Den hat er ins Gebet genommen:
„Hör', Petrus", sprach der liebe Gott,
„All meine Nachsicht ist bankrott!
„Ich Hab' mit diesem Plebsgezücht
Mich lang genug herumgeschunden;
Geh' du mal tüchtig ins Gericht
Mit de» verdammten Lumpenhunden!"
Petrus sann nach und sprach: „Ei ei,
Wie war' es mit der Polizei?"
Doch unser Herrgott sagte: „Nein!
Bei so herabgekommnen Sitten
zu höflich und zu sein;
Sie ist zu glimpflich 'reingeritten
Ins Publikum. Mach' ein Exempel
Und räume mit dem ganzen Krempel!"
Petrus kraut seinen grauen Bart:
„Ja ja! Es sind halt faule Zeiten!"
Er half sich immer solcherart
Aus peinliche» Verlegenheiten.
Und darauf sprach er, kurzbedacht:
„Uon! lieber Herrgott! Wird gemacht!"
Und Petrus blus die Backen auf
And öffnete des Himmels Schleusen.
Die Sterne hemmten ihren Lauf,
Das Weltall kam aus allen Gleise».
Zum Schluß holt' er aus seinem Ranzen
Zwei großmächt'ge Kometenschwanzen.
Die Wirkung war schier fürchterlich!
Die Ströme traten aus den Betten,
Es öffnete die Erde sich.
Das Meer erbrauste.... Nichts zu retten!
Und wo die Sintflut hingetroffen
Ist Menschenkind und Vieh ersoffen.
Nur ich bin übrig hier geblieben
Und Hab' es als Chronist beschrieben.
ML; Alfr. Scholh.
Lieber Jacob!
Schlagriehrend habe ick mir doch neilich
ärjern missen, wie ick mit Fritze, wat mein
Jingster is, in unser» benachbarten Kientopp
an'n Jörlitzer Bahnhof jejangen bin. Ick denke,
ick will den: Bengel mal wat Belehrendes zu-
kommen lassen un opfere freidijen Herzens de
notwendijen Mckel, weil mir bet Projramm
for diesen Zweck besonders jeeijnet erschien.
Als Jlanznummern waren nämlich anjekindijt:
Reiste Uffnahmen des deutschen Reichskanzlers
Theobald v, Bethmann Hollweg! Et jing ooch
allens janz jut, un Fritze eißerte wiederholt
seine uneinjeschränkte Befriedijung. Da uff
eenmal, zum Schluß, wo bet Haupttableau
kommen sollte, erscheint uff de Biehne nischt
weiter als wie 'ne zveiße Leinwand mit nich
det jeringste druff. Dazu spielt de Musicke
„Deitschland, Deitschland ieber allens". Fünf
Minuten kiekten wir det Ding an, denn jing
et „Rrrrrr" un et kam 'n zweetes Laken von
dieselbe Kuleer, wo ooch nischt zu sehen war,
un dazu de Melodie „Ick bin 'n Preiße, kennste
meine Färbe." Damit war de Vorstellung aus!
Mir flatterten de Beene vor Wut. Ich machte
'n Höllenspektakel un verlangte dem verant-
wortlichen Direktor perseenlich zu interviewen.
Der Mann erschien denn ooch janz verjniejt,
UN uff meine impulsive Erklärung, det ick trotz
seine schwindelhafte Ankindijung weder Beth-
mann noch Hollweg nich in't jeringste zu sehen
bekommen hätte un mein Jeld zurickverlangte,
jab er mir de eidesstattliche Versicherung, de
beeden letzten Bilder, die wir jesehen hätten,
wären jarantierte Orijinaluffnahmen nach de
Natur un stellten dem neien Reichskanzler
mitten in seine amtliche Wirksamkeit vor dem
deitschen Reichstag und vor det preißesche Ab-
jeorntenhaus dar. De erste Szene sei während
de Etatsberatungen, de zweete während 'ne
wichtije Jnterpellazjon uffjenommen ivordeu.
„Et war doch aber nie wat zu sehen", ent-
jejnete ick un jriff zu meinen Rejenschirm.
Wodruff der Kientöppermeester mit ruhijen
Lächeln erwiderte: „Der Reichskanzler is ja
ooch tatsächlich nie in't Parlament zu sehen
jewesen; die Szenen sind absolut naturjetrei!"
Ick mußte dem Mann leider recht jeden u»
verzichtete uff weitere Maßrejelung. Aber je-
ärjert habe ick mir doch niederträchtig, be-
sonders da Fritze zu heulen anfing un uff
meine Erklärung von de tieferen polliteschen
Zusammenhänge unseres Rinfalls sich in be
leidijende Eißerungen ieber de Persönlichkeit
des heechsten deitschen Reichsbeamten erjing,
die ick als Polliteker ihm nich jerade ver-
arjen konnte, als väterlicher Erzieher aber von
wejen ihre allzu klobije Riedigkeit mit '»
Katzenkopp bejlaubijen mußte. Ick vermute,
det der Bengel in dem Besuch der Kientöppe
’n Haar jefunden hat, Un 'n Verehrer von
Theobald'n wird er »u woll ooch sein Lebtag
nich werden!
Womit ick verbleibe mit ville Jrieße Dein
jetreier Jotthilf Rauke,
an'n Jörlitzer Bahnhof, jleich links.
b A>n 22. Februar erscheint im gleichen Pfennig.
„Jessas, schnngt's den Herrn Psarra a», kaum rühr'» kann er sich! Herrschaft,
»lus! der heut Mieder lauae deün Fasteii gemese» sein:
novelMne. es
Gar ein schrecklich Ungeheuer
Schnauft und pustet oft daher.
Als wollt' alles es verschlingen:
's ist der Walfisch auf dem Meer!
Greulich sperrt er auf den Rachen,
Doch sein Schlund ist eng und klein,
So daß nur die allerkleinsten
Fischlein gehen dort hinein.
Denk' ich an des Walfischrachens
Märchenhaften Höhlenbau,
Denk' ich an den edlen Ritter
Oldenburg von Januschau.
Drohend kommt er angefahren ' Undkannniemanddochverschlingen
Und sperrt auf das Maul so weit:-Allgemeine Heiterkeit!!
Die Insel Helgoland zerbröckelt langsam. Nach amtlicher Schätzung
wird es verschiedene Millionen kosten, diesen hohlen Zahn der kaiser-
lich deutschen Weltmacht notdürftig zu plombieren.
Dem een'sien Reichskanzler is dem andern sien preußischer Minister-
präsident! * t «
Der Staat verstärkt seine bureaukratischen Nadelstiche von Zeit
zu Zeit durch polizeiliche Säbelhiebe.
Ein Narr fragt mehr, als zehn Weise beantworten können. Aber ein
Narr sagt auch mehr, als zehn Weise ivieder gut machen können.
Man merkt immer wieder, daß dem Thron am nächsten doch alle-
mal noch der Hanswurst hockt. ,
Ihr getreuer Sage, Schreiner.
Die vraunschweiger Metzelei.
Das war ein grausig Gemetzel
Zu Braunschweig im Wahlrechtskrieg,
Die Polizei hat errungen
Gar einen glorreichen Sieg,
Ls haben dort Männer und Zrauen
Aufs Wahlrecht ein Hoch ausgebrachi,
Sie haben dafür mit dem Säbel
Die blut'ge Bekanntschaft gemacht.
Und morgens bei feinem Frühstück,
Da schmunzelt der Bourgeois: „Traun!
Die haben ja die Lanaille
Mai tüchtig zufammengehaun!"
Die Freude wird werden zum Schrecken:
Mit jeglichem Tropfen Blut,
Zn diesem Kampfe vergaffen,
Steigt höher die rote Flut, H, Fl,
Die Sintflut.
Eine moderne Legende.
Und da die Zeit gekommen war.
Da Sünd' und Greuel gen Himmel stanken.
Die Welt der Sitt' und Tugend bar
In Worten, Werken und Gedanken,
Da ritz — trotz seiner Vaterhuld —
Dem lieben Herrgott die Geduld.
Er fluchte der verruchten Welt
Und ließ zunächst sich Petrus kommen.
Der uns den Barometer stellt;
Den hat er ins Gebet genommen:
„Hör', Petrus", sprach der liebe Gott,
„All meine Nachsicht ist bankrott!
„Ich Hab' mit diesem Plebsgezücht
Mich lang genug herumgeschunden;
Geh' du mal tüchtig ins Gericht
Mit de» verdammten Lumpenhunden!"
Petrus sann nach und sprach: „Ei ei,
Wie war' es mit der Polizei?"
Doch unser Herrgott sagte: „Nein!
Bei so herabgekommnen Sitten
zu höflich und zu sein;
Sie ist zu glimpflich 'reingeritten
Ins Publikum. Mach' ein Exempel
Und räume mit dem ganzen Krempel!"
Petrus kraut seinen grauen Bart:
„Ja ja! Es sind halt faule Zeiten!"
Er half sich immer solcherart
Aus peinliche» Verlegenheiten.
Und darauf sprach er, kurzbedacht:
„Uon! lieber Herrgott! Wird gemacht!"
Und Petrus blus die Backen auf
And öffnete des Himmels Schleusen.
Die Sterne hemmten ihren Lauf,
Das Weltall kam aus allen Gleise».
Zum Schluß holt' er aus seinem Ranzen
Zwei großmächt'ge Kometenschwanzen.
Die Wirkung war schier fürchterlich!
Die Ströme traten aus den Betten,
Es öffnete die Erde sich.
Das Meer erbrauste.... Nichts zu retten!
Und wo die Sintflut hingetroffen
Ist Menschenkind und Vieh ersoffen.
Nur ich bin übrig hier geblieben
Und Hab' es als Chronist beschrieben.
ML; Alfr. Scholh.
Lieber Jacob!
Schlagriehrend habe ick mir doch neilich
ärjern missen, wie ick mit Fritze, wat mein
Jingster is, in unser» benachbarten Kientopp
an'n Jörlitzer Bahnhof jejangen bin. Ick denke,
ick will den: Bengel mal wat Belehrendes zu-
kommen lassen un opfere freidijen Herzens de
notwendijen Mckel, weil mir bet Projramm
for diesen Zweck besonders jeeijnet erschien.
Als Jlanznummern waren nämlich anjekindijt:
Reiste Uffnahmen des deutschen Reichskanzlers
Theobald v, Bethmann Hollweg! Et jing ooch
allens janz jut, un Fritze eißerte wiederholt
seine uneinjeschränkte Befriedijung. Da uff
eenmal, zum Schluß, wo bet Haupttableau
kommen sollte, erscheint uff de Biehne nischt
weiter als wie 'ne zveiße Leinwand mit nich
det jeringste druff. Dazu spielt de Musicke
„Deitschland, Deitschland ieber allens". Fünf
Minuten kiekten wir det Ding an, denn jing
et „Rrrrrr" un et kam 'n zweetes Laken von
dieselbe Kuleer, wo ooch nischt zu sehen war,
un dazu de Melodie „Ick bin 'n Preiße, kennste
meine Färbe." Damit war de Vorstellung aus!
Mir flatterten de Beene vor Wut. Ich machte
'n Höllenspektakel un verlangte dem verant-
wortlichen Direktor perseenlich zu interviewen.
Der Mann erschien denn ooch janz verjniejt,
UN uff meine impulsive Erklärung, det ick trotz
seine schwindelhafte Ankindijung weder Beth-
mann noch Hollweg nich in't jeringste zu sehen
bekommen hätte un mein Jeld zurickverlangte,
jab er mir de eidesstattliche Versicherung, de
beeden letzten Bilder, die wir jesehen hätten,
wären jarantierte Orijinaluffnahmen nach de
Natur un stellten dem neien Reichskanzler
mitten in seine amtliche Wirksamkeit vor dem
deitschen Reichstag und vor det preißesche Ab-
jeorntenhaus dar. De erste Szene sei während
de Etatsberatungen, de zweete während 'ne
wichtije Jnterpellazjon uffjenommen ivordeu.
„Et war doch aber nie wat zu sehen", ent-
jejnete ick un jriff zu meinen Rejenschirm.
Wodruff der Kientöppermeester mit ruhijen
Lächeln erwiderte: „Der Reichskanzler is ja
ooch tatsächlich nie in't Parlament zu sehen
jewesen; die Szenen sind absolut naturjetrei!"
Ick mußte dem Mann leider recht jeden u»
verzichtete uff weitere Maßrejelung. Aber je-
ärjert habe ick mir doch niederträchtig, be-
sonders da Fritze zu heulen anfing un uff
meine Erklärung von de tieferen polliteschen
Zusammenhänge unseres Rinfalls sich in be
leidijende Eißerungen ieber de Persönlichkeit
des heechsten deitschen Reichsbeamten erjing,
die ick als Polliteker ihm nich jerade ver-
arjen konnte, als väterlicher Erzieher aber von
wejen ihre allzu klobije Riedigkeit mit '»
Katzenkopp bejlaubijen mußte. Ick vermute,
det der Bengel in dem Besuch der Kientöppe
’n Haar jefunden hat, Un 'n Verehrer von
Theobald'n wird er »u woll ooch sein Lebtag
nich werden!
Womit ick verbleibe mit ville Jrieße Dein
jetreier Jotthilf Rauke,
an'n Jörlitzer Bahnhof, jleich links.
b A>n 22. Februar erscheint im gleichen Pfennig.