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Der wahre Jakob: illustrierte Zeitschrift für Satire, Humor und Unterhaltung — 27.1910

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https://doi.org/10.11588/diglit.6708#0335
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6802

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General v. Bissings Korpsbefehl.

Zm Dunkeln ward es ausgeheckt.

Das Plänchen, das jetzt aufgedeckt:
Pulver und Blei für Freiheitsgut;
Statt Völkerrecht der Völker Blut —
Volk, schlag an deine Wehr!

Hoch kling' der alte Siüingruf,

Der freie, frohe Helden schuf:

Viel Feind, viel Ehr'!

Dort oben steht die heil'ge Drei:
Geldsack, Justiz und Polizei;

Kanonen und Patronen,

Die schützen ihre Drohnen —

Doch schützt sie sonst nichts mehr??
Wir haben beff're Klingen,

Die sie daniederzwingen.

Viel Feind, viel Ehr'!

Was aus dem dunklen Drohen spricht, —
Ein gut Gewissen ist es nicht:

Es schützt „die Lieb' des freien Manns"
Nicht mehr den „Glanz des Vaterlands" —
Die Bajonette her!

Wir stehen lachend wie ein Mann:

Das rote Banner hoch! Heran!

Viel Feind, viel Ehr'!

Das Recht, das mit dem Volke ficht.

Ist ewig wie der Sterne Licht.

Es schreitet unsren Bahnen
Voran mit weh'nden Fahnen.

Es bricht durch Spieß und Speer,
Hohnlachend ihrem Haffe,

Der Freiheit eine Gaffe —

Viel Feind, viel Ehr'! P.°.

Vax dicke feil.

Line feste Burg nach Werkels Sinn
Ist Rixöorf.

Ls trotzte jedem Gleichheitssturm
Bisher der dicke Wahlrechts-Turm
von Rixdorf.

Ls ward zur zwei die anderthalb
In Rixdorf;

Und eins ist zehn und zehn ist keins —
Das ist das Hexeneinmaleins
Bon Rixdorf.

Und was die Welt spricht, schiert ste nicht
In Rixdorf;

proletenrecht ist ihnen wurst.

Sie lieben nicht den Zreiheitsdurst
In Rixdorf

Man wandelt halt auf Bülows Spur
In Rixdorf:

Das Zell von dem Rhinozeros
Trotzt'jedem logischen Geschoß
In Rixdorf.

Dickhäuter auch — glaubt mir's, ihr Herrn
Bon Rixdorf —

Zall n, wenn die rechte Büchse knallt!

Und das geschieht wohl auch recht bald
In Rixdorf_ p.e.

freundliche Ermahnung.

Mel.: Stell’ auf den Ci$d) die duftenden Reseden.
Reichsfreiherr Max von Yürstenberg auf Schloss fiupeiipoct bei
Kettwig a. Ruhr erhielt, weil er zwei in seinen Waldungen ange-
troffene Arbeiter schwer durch Stockschläge misshandelte,
zwanzig Mark Geldstrafe.

Komm’ einem Sreiberrn niemals ins 0ebege:
Proletenscbweiss riecht so ein Mensch nicht gern!
Und folgst du nicht, kuriert er dich durch Schläge —
So sind die „Herrn"!

Dank’deinem Schöpfer, dass auf staub’gen Strassen
Du schnappen darfst barillenreiche Luft —

Die Waldluft Hat sich niemals anzumassen
Solei) scheeler Schuft!

Und klagst du an den edlen Missetäter,

Der dich geprügelt hat „aus eignem Hecht",
erhält er Strafe — ganze zwanzig Meter!

Du bist gerächt!

Die drücken ihn nicht so, wie dich ein Heller,
Denn schwer begütert ist ein fldelsspross —

Du haust vielleicht in einem feuchten Keller,

6r bat ein Schloss!

SUrwahr, den Armen gibt’s der Herr im Schlafe,
Und Dankgefühl durchwoge deine Brust,

Weil du nicht neben deiner Prügelstrafe
Doch brummen musst!

Agrariers Dauklied.

Nun stimmet ein init Herz und Mund:
Der Herrgott sei gepriesen.

Der seine Äuld und Gnade uns
So herrlich hat erwiesen!

Hab' Dank, du lieber, guter Gott,

Du züchtigest die Masten
Mit Teuerung und Hungersnot
And füllst uns unsre Kasten!

Halleluja, weit öffnen wir
Dir unsres Dankes Schleuse:

Nie standen Rind und Schaf und Schwein
So hoch wie jetzt im Preise!

Der Arbeit schenkst du deine Gunst,

Der wahrhaft nationalen:

Kartoffeln, Weizen, Roggen sind
Leut kaum noch zu bezahlen!

Der Eier- und der Butterpreis
Lat mächtig angezogen.

Bald naht die Stunde, wo die Milch
Mit Gold wird ausgewogen!

Noch grüßt die Liebesgabe uns
Aus fuseldust'ger Welle,

Es stehen fest und unverrückt
Grenzsperre noch und Zölle!

And wenn das Volk vor Hunger brüllt
And störrisch wird der Rote,

So schützt die wackre Schutzmannsfaust
Die Ordnung, die bedrohte.

Drum preiset Gott und nützt die Zeit
And sammelt Zins auf Zinsen —

Denn mit der nächsten Reichstagswahl
Geht alles in die Binsen! Balduin.

Vermischte Anzeigen.

Die Wiedereröfsnung des parlamentarischen
lleberbrettls

„Am Bundesratstisch«

steht bevor. — Ganz neues, sorgfältig ausgebrüte-
tes Programm!

Eine unzerreißbare Wahlparole

für die lieben kleinen Nichtwähler hat erfunden
und wird „zum gegebenen Zeitpunkt" als Massen-
artikel auf den Markt bringen die

Kinderspielzeughandlung

in der Wilhelmstraße.

Der schweigsame
Bethmann.

Bethmann ist vorsiä)l!g: er
will sich offenbar keine Blatt-
läuse in seinen'künftigen Lor-
beer setzen! .

Er kündigt mir an, daß er
zu gegebener Zeit dein Kater
der Negierung die Schelle
schon umhängen werde.

Er sud)t nack) einem Schlag-
wort, das unsre Macht er-
schüttert; und uidjt etwa bloß
unser Zwerchfell.

Da er die Kunst versteht,
an den Dingen vorbeiznreden,
versteht er and) sid)er die Kunst,
im entscheidenden Augenblick
danebenznhaueii!

Sei» „Stein der Weisen"
ist jener Stein, den er bei
Wilhelm II. im Brett hat.

Aus der Mt
der fleifdmot.

Zeichnung von
A. Mrawek.

„Fletsch wollen St- haben? Das fuhren wtr nicht mehr, das betommen
Sie jetzt drüben in der Apotheke."
 
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