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Der wahre Jakob: illustrierte Zeitschrift für Satire, Humor und Unterhaltung — 28.1911

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https://doi.org/10.11588/diglit.6709#0062
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I

-—. 6960 ' ---

fi. Herdlle

JunKer und Bauer.

Der Bauer fährt im Frührotschein
Mit Pflug und Lgge querfeldein,

Indessen rieht der Zunkersmann
Au Haufe feine Stiefel an.

Der Bauer geht im Sonnenglast
Von Furch' zu Furche ohne Raft,

Indessen, wenn sonst nichts passiert,

Der Iunker übers Feld kutschiert.

Und wenn die Sonn' am höchsten steht,

Der Bauer seine Saat gesät,

Dann hat„Herrvon" und „HerrDurchlaucht"
Schon sieben Knechte angesaucht.

Der Bauer schafft bloß mit der Hand,

Der Junker rettet's Vaterland,

Indem er stets zur rechten Zeit
Am rechten Drt — gehörig schreit.

ßritz Länger.

Wahre Geschichtchen.

Von Nsäious.

Ein junges Mädchen, das ich schon von
früher her kannte, kam in meine Sprechstunde.
Im Laufe der Unterhaltung fragte ich es:
„He, haben's jetzt schon geheiratet?" „Nein,
noch nicht", erhielt ich zur Antivort, „es wird
aber nimmer lang dauern, 's Kind ist schon da."

Ich fuhr Heuer von Kufstein nach München.
In Kiefersfelden stiegen zwei junge Mädchen
ins Coupee, die sich sehr lebhaft von dem
diensttuenden Eisenbahnadjunkten verabschie-
deten. Als der Zug schon im Abfahren war,
hörte ich diesen Herrn noch rufen: „Also ich
telephoniere nach Oberaudorf, das; das Gepäck
bestimmt an den Zug kommt." Als der Zug
nun in die Nähe von Oberaudorf kam, lehnte
sich das eine Fräulein zum offenen Fenster
hinaus, um zu sehen, ob die Koffer auch ivirk-
lich da sind. Plötzlich hielt aber der Zug vor
-der Einfahrt mit einem jähen Ruck und das
Fräulein flog auf die Bank zurück: erschrocken
rief es auf: „So schnell bin ich aber noch nie
niedergekommen." Vergnügtes Lachen der Mit-
fahrenden belehrte die Unglückliche über den
lustigen Doppelsinn ihrer Worte; sie ivollte
sich verbessern und meinte glühend rot im
ganzen Gesicht —: „Das kommt aber auch
von den verfluchten Stößen." Die Heiterkeit,
die jetzt einsetzte, wollte bis München nicht
verstummen.

Herr 3E war Hausarzt bei der Familie §)•
Er und die gnädige Frau verstanden sich be-
sonders gut und wenn Herr I verreist war,
besuchte Or. £ gerne die gnädige Frau. Kürz-
lich kam mm Herr U nach einer längeren Ge-
schäftsreise nachts wieder nach Hanse; er ging
vom Schlafzimmer aus ins anstoßende Kinder-
ziminer, um dort seinen siebenjährigen Sohn
zu begrüßen. „Ach, Du bist's", sagte der Knabe
ganz verwundert, „ich Hab' gemeint, l)r. L sei
bei der Mama." *

In den Siebziger Jahren, kurz nach der Ein-
ziehung des Kirchenstaates, wurde in allen
katholischen Kirchen mit Eifer für die Samm-
lung des „Peterspfennigs" gepredigt. In einem
bayerischen Pfarrdorf schilderte ei» Pfarrer
die Notlage des Papstes besonders grell, um
ja die Bauern zu Geldspenden zu ermutigen.
Als er abends auch beim Biertisch noch ein-
mal ans den „Peterspfennig" zurückkam, meinte
einer der Bauern: „Wissen's, Herr Pfarrer,
Geld Hain' ma selber net viel, ivenn's aber
dem heiligen Vater gar so schlecht geht, so
schreib'» 's ihm, er soll 'raus kommen, dann
nehmen wir ihn in d'Umfuhr."*

Herr Z, ein großer Hypochonder, litt an
der fixen Idee, er habe „einen Wurm" im
Mage»; er konsultierte daherdes öfteren meinen
Chef, der ihm aber nach genauester Unter-
suchung immer wieder versicherte, die „Ge-
schichte mit den> Wurm" sei Einbildung. Doch
Herr Z wollte sich nicht überzeugen lassen.
Da gedachte der bedeutende Spezialist Herrn Z
endlich einmal gründlich zu kurieren. Er ver-
sthaffte sich einen Regenwurm von respektabler
Größe und beauftragte die Krankenschwester,
diesen Wurm abends, wenn Herrn Z der
Magen ausgespült wurde, in die betreffende
Schale zu dirigieren. Die Prozedur ging vor
sich; siegessicher ergriff der Arzt die Schale
und rief erstaunt aus: „He, Herr Z, Sie haben
doch recht gehabt, da haben wir ja jetzt end-
lich den Wurm; sind's froh, daß Sie das Ekel
endlich los haben!" Aber mit vergrämtem
Gesicht erwiderte Herr Z: „Sehn's, Herr
Doktor, weil Sie mir's nicht geglaubt haben:
Das ist eben nur einer; ich muß mindestens
ein Dutzend solcher Viecher im Magen haben."

* In bayerischen Gemeinden, die kein Armenhaus
haben, werden die Dorfarmen „in die Umfuhr.genom-
inen", das hettzt, sie werden abwechselnd von den reichen
Bauern in Kost und Wohnung genommen.

Aus hohen Kreisen.

Das Neueste im gesellschaftlichen Leben
unserer „Erstklassigen" sind agrarische Visiten-
karten, auf denen nicht bloß der Name, son-
dern auch der Großgrundbesitz des betreffenden
„Edelsten und Besten" in Hektaren prangt.

Zum Beispiel: „Adolar v. Rüpelhausen, Lt.
d.R. im Husärenregiment König Peter, Fidei-
koininißherr auf Dickenhintern (2705 ha)."

Oder: „Ludmilla Freiin von Katzenschreck, geb.
v. Großloch, veriv. v. Zippsky, verw. Gräfin
Krummstiebel, veriv. Butzelbacher (4209 hu)."

Gewöhnliche Plebejer verstehen diese vor-
nehm wirkende Feinheit nicht so ohne iveiteres.
Ja, sie kommen vielleicht gar auf die verrückte
Idee, daß sowohl Herr Adolar v. Rüpelhausen
ivie auch dis mehrfach verwitweteFrauBaronin
Katzeuschreck mit ihrer renommistischen Hektar-
angabe den Umfang ihres wichtigsten Körper-
teils meinen, der dann freilich, ivie das so in
der Natur der Dinge liegt, bei beiden sehr
verschieden gestaltet sein dürfte.

Gedanken eines Richters.

Die Justiz ist so notwendig ivie eine Heb-
amme. ,

Im Paradiese fiel der erste Mundraub vor.
Adam und Eva müssen Ausländer geivesen
sein, daß sie daraufhin des Landes verwiesen
werden konnten. <

Die Wissenschaft plagt sich mit der Frage,
wie der Urmensch ausgesehen haben mag. —
Warum forscht sie nicht ganz einfach nach dem

Steckbrief Kains? .

Moses war ein frommer Mann. Als er aber
die erste Auflage der Tafeln des Gesetzes zer-
trümmerte, machte er sich der Vernichtung

einer öffentlichen Urkunde schuldig.

Mit dem Pfunde der heiligen zehn Gebote
haben wir als treue Knechte gewuchert: heute
repräsentiert es bereits ein Kapital von meh-
reren tausend Paragraphen!

Unser Schutzpatron ist der heilige Petrus.
Wie er, so lernen auch wir erst das Fischen
mit dein Reichsstrafgesetzbuch und versuchen
dann, Menschen zu fangen.

Gerissene Hechte ködert man an der Angel
des Kreuzverhörs. T.
 
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