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Der wahre Jakob: illustrierte Zeitschrift für Satire, Humor und Unterhaltung — 28.1911

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https://doi.org/10.11588/diglit.6709#0236
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Kampflied des Hansabundes.

Spießer heraus!

Lasset es schallen von Haus zu Haus!

Handelsjtaud und Industrie,

Wappnet euch mit Energie,

Blickt dem Tod ins Rüge und
Tretet in den Hansabund!

Spießer heraus!

Spießer heraus!

Lasset es schallen von Haus zu Haus!
Doch im Feuer des Gefechts
wahrt den Anschluß stets nach rechts
Und bezeigt zu jeder Zeit
Ehrfurcht vor der Obrigkeit!

Spießer heraus!

Spießer heraus!

Lasset es schallen von Haus zu Haus!
Geht in festgeschloss'nem Korps
Gegen die Negierung vor,

Zückt das Schwert zu wucht'gem Streich,
Daß sie kriegt Respekt vor euch!
Spießer heraus!

Spießer heraus!

Lasset es schallen von Haus zu Haus!

Ruf zum Kampf! Doch nehmt dabei
Rücksicht auf die Polizei,

Ruf die Kirche, die Rrmee
Und das große port'monnaie!

Spießer heraus! Tobias.

Spießer heraus!

Lasset es schallen von Haus zu Haus!
Rüstet euer Söldnerheer
Wider den Rgrarier,

Der auf jede Rrt euch kränkt
Und vom Futtertroge drängt!
Spießer heraus!

Heinrich Map.

In Dresden starb am 25. Juni 1911 der Bildhauer Hein-
rich May, der seiner Kunst wie dem Sozialismus in gleicher
weise ergeben war. Am 25. April 1849 in Nürnberg geboren,
hat er dort unter der Leitung des Faustillustrators August
v. Kreling studiert. Später in Leipzig kam er in freundschaft-
liche Beziehungen zu Bebel, Liebknecht, Freitag, Rlotteler
und anderen und trat hierdurch auch dem parteileben näher,
dem er auch nach seiner Übersiedelung nach Dresden noch
feine Dienste widmete. Er schuf das Grabdenkmal für Wil-
helm Liebnecht, das seinerzeit im wahren Jacob nach einer
eigenen Zeichnung seines Schöpfers (in Nr. 409 vom 25. März
1902) abgebildet worden ist, wie auch die Grabdenkmäler
für Schönlank und wittich. Die deutschen Arbeiter werden
ihm ein ehrendes Andenken bewahren.

An Geheimrat Nießer!

Zum Krach im Hansabund.

„Herr Gehcimrat. Sie haben was schönes berbrochcn!
Sie haben nämlich vernünftig gesprochen.

Die Absicht war gut. n»d der Eindruck war groß;
Doch um Sic herum ist der Teufel jetzt los!

„Herr Gehcimrat. Sie konnten flch's aber auch denken!
Hat die „Schwerindustrie" etwa Geld zu verschenken?
Der Bund wird gefüttert zum Kampf gegen links.
Und Sie kommen her und verkorkse» das Dings ...?

„Herr Gehcimrat. Sie hatten zwar selber Courage.
Vergaßen aber die Angst der Bagage.

Dort Pfeift man nämlich auf Ehre und Ruhm:

Um die Kriegskasse zittert das Heldentum!"

Der mißtrauische Militarismus.

MusketierMiiller VII war ein „tadelloser" Soldat:
voll Diensteifer und ohne überflüssig viel Intelligenz.

Eines Tages aber gab er trotzdem seinen Vor-
gesetzte» begründeten Anlaß zn dem Verdacht, ob
diese nützliche geistige Gottesgabe nicht doch vielleicht
Maske und Verstellung sei und ob nicht am Ende
gar ein Sozialdemokrat dahinter stecke.

Und das kam so: Müller VII war als Rekrut zum
erstenmal im Wachdienst und stand als Posten an
der rücklvärtigen Kaserneuhofmauer, uni aufzupasscu,
daß dort nach Zapfenstreich kein Musketier hiuüber-
klettere, um etwa zu poussieren und nachher wieder
ans deuiselbcn Wege heimlich zurückznkehren.

Müller VII versah diese wichtige militärische Ob-
liegenheit mit wahrem Feuereifer; denn wenn er sich
dabei bewährte, hatte er als Lohn auch die Ehre zu
erwarten, nächstens mal eine ganze Stacht hindurch
auf dem Hofe des Bezirksgefangnisses Posten stehen
zu dürfen — >vas sozusagen der „Clou" des ganzen
Wachdienstes in jener kleinen Garnison Ivar!

In stolze Träume versunken und die Sterne des
Himmels für lauter blitzende Gefreitenknöpfe an-
sehend, bog MusketierMüllerVII langsam wandelnd
um die Ecke des Geräteschuppens Nr. 3 und prallte
im selben Moment fast mit dem ihm entgegenkom-
menden Offizier vom Ortsdicnst, einem höchst miß-
vergnügten Oberleutnant, zusammen.

So ein jäher Wechsel zwischen Poesie und Praxis
pflegt verwirrend zu wirken. Musketier Müller VII
präsentierte zlvar mechanisch; doch als ihn der miß-
vergnügte Oberleutnant dann sofort nach seiner
Posteninstruktion fragte, streikte leider sein Gedächt-
nis, das am Morgen noch die fünf verschiedenen
Posteninstruktionen auswendig gekonnt hatte.

Ein schnarrendes „Na, wird's bald?" des miß-
vergniigten Oberleutnants fuhr mit suggestiver Kraft
in diese Konfusion hinein und löste aus dem Knäuel
zwei verlorene Fäden auf eininal heraus, die teils
zur Instruktion der Kasernenwache, teils auch zur
Instruktion der Bezirksgefängniswache gehörten.

Musketier MüllerVII ergriff sie alle beide mit Hast,
machte einen Knoten daraus und plapperte stramm:
„Der Posten au der Kasernenhofmauer ... hat das
Ausbrechen der Gefangenen zu verhindern!"

Der niißvcrgnügte Oberleutnant pfiff bloß durch
die Zähne und fragte MüllerVII. wie er heiße.

Dann entfernte er sich mit den Worten: „Das
Weitere wird sich finden!" Und es fand sich auch.

MüllerVII erhielt vom Regiinent aus zwei Wochen
strengen Arrest, weil er seine Posteninstruktion nur
dem ungefähren Sinn nach und nicht wortgetreu her-
gesagt habe. Sein Hauptmann, der ihm dies eröff-
nete, guckte ihn dabei an wie ein frisch entdecktes
Wundertier. Der Herr Oberst aber nahm die Offiziere
zusammen und verkündete, daß bei der 5. Kompagnie
ein Fall von „antimilitaristischcrPropaganda"enldeckt
worden sei, und er bitte, höllisch aufzupasscu! T.

latho.

Nun Huben die würfligen ßofpaftoren
Das Urteil gesprochen in deinem Zmitt:

Sie fanden, flah du den Glauben verloren
Und — wie einft Luther — ein Hetzer bift.
was tatest du auch in ihrem Betriebe,
wo man das ßnie vor dem Buchstaben beugt?
Du wolltest den Geilt und wolltest die Liebe,
Ergo: Irrlehren halt du erzeugt!

Denn mit der Ciebe und mit dem Geilt
Läht lich die Kirche nur mühsam verwalten;
Das geht Diel bester, roenn’s einfach heiht:
Beten, zahlen, das Maul gehalten!

Dein, nimm es uns, lieber latho, nicht übel,
wir fprechen das hohe Kollegium frei:

Denn ihre Bibel und deine Bibel —

Das ist wahrhaftig zweierlei!

Die finfternis wollen in unfern jahrhundert,
Trugen die Logik, als fie dich verflucht,
warum denn sprichst du betrübt und verwundert:
„Ich Hab' den lebendigen chrittus gefucht!?"
Begreifst du denn nicht die eifernden Naben
Und orthodoxe kirchenmorai?

Sie wollen den toten Lhristus haben

wie die Hohepriester von dazumal. von.

Der ftppermonardtuft. Emu Erk

„lim Gottes willen, Sie haben ja Majestät nicht ge-
grüßt!"

„Ich grüße prinzipiell keinen, der mit Sozialdemo-
kraten verkehrt."
 
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