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Der wahre Jakob: illustrierte Zeitschrift für Satire, Humor und Unterhaltung — 29.1912

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https://doi.org/10.11588/diglit.8272#0027
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. 7355



Die Kriegsgefahr.

3n allen bessern Kreisen
Herrscht längst kein Zweifel mehr.

Daß uns ein flotter Weltkrieg
Lehr näh und heilsam war'.

Aus tausend schlimmen Nöten
Glbt's diesen Ausweg bloß.

Drum fragt man rings voll Ungeduld:
wann geht es endlich los?

Ls schürt das heil'ge Feuer,

Das ihm im Busen loht,

Zum Heil der Dividenden
Der Panzerpatriot;

Auch vom Lffektenmarkte
Tönt lautes Kampsgeschrei,
wild spekuliert auf Massenmord
Die Zobber-Kriegspartei.

Zn Feindes Blute watet
Mit Kleisterlopf und Scher'

Und mordbegicr'ger Zeder
Der völk'sche Nedakteur;

Schon schlug der grimme Harden
Das Weltall rings zu Mus —

Die Nase steckt im Niechssakon,

Zm Filzschuh steckt der Fuß.

Mal bischen Blut vergießen
Erscheint höchst amüsant,

Und fördert die Karriere
Dem jüngsten Leutenant;

Mit krast'gem Heldenmaule
Wird kühn beim Kübel Sekt
Der Franzmann und der Lnglishman
Tödlich dahingestreckt.

Kurzum, in bessern Kreisen
Herrscht Kampfbegier und Schneid,

Und Knote, Schmock und Leutnant
Sind durchaus kriegsbereit:

Laut rauscht's im Blättcrwalde:
AUdeutschland ist erwacht!

Und stürmisch tönt's vom Fels zum Meer:
wann wird mobil gemacht?

Und doch — es wird nichts werden!

Denn leider Gottes zeigt
Der gute deutsche Michel

Sich gründlich abgeneigt-

Luch aus dem Dreck zu hellen
Mit seinem Gut und Blut,

Fehlt's diesem gottverdammten Schuft
Am nöt'gen Heldenmut. oaidmtn

Weitere Vorschläge zur Äebrmg
der weiblichen Sittenstrenge.

Die preußische Regierung hat ganz recht. Ihr
jüngster und so viel angefochtencr Erlaß, nach dem
die Leichen aller weiblichen Personen, die nicht be-
stattet, sondern verbrannt werden sollen, vorher poli-
zeilich auf ihre jungfräuliche Unberührtheit zu unter-
suchen sind, ist durchaus in der Ordnung, und Ord-
iiung geht über Humanität.

llebcrhaupt „Humanität"? — Blödsinn!

Die unverheirateten weiblichen Personen weiden
immer lasterhafter. In der guten alten Zeit kannten
sie so etwas überhaupt nicht. Wenigstens nicht vor
der Ehe. Aber heutzutage, wo die Sozialdemokraten

ver Junker. Emu Erk

„Ehe janz Afrika nich kolonisiert is, eher kommt Ost-
preußen nich 'ran!"

die freie Liebe predigen — da ist's freilich kein Wun-
der! Und an die Hölle mit ihren exemplarischen Strafen
für derlei Sünden glauben sie auch nicht mehr.

Wo soll denn da noch Sinn für Zucht und Ehr-
barkeit Herkommen? Zumal die verbotene Frucht doch
so süß ist! Da muß endlich etwas geschehen. Die
Furcht hütet den Wald. Den Obstgarten erst recht.

Also cs ist ganz in der Ordnung, daß jede un-
verheiratete, weibliche Leiche, die sich nicht begraben
lassen will, auf ihre Juugfräulichkeit hin untersucht
»nd zu Protokoll gebracht wird. Nachher mag sie
sich in drei Teufels Namen verbrennen lassen. Ja,
ich bin sogar dafür, daß, wenn nicht alles in Ord-
nung befunden wird, sie sich sogar verbrennen lasse»
muß. Ein ehrbares Begräbnis gebührt nur ehr-
baren Frauen. Wer sich schon zu Lebzeiten von
sündigem Feuer versengen ließ, den mag auch nach
seinem Tode die Flamme ganz verzehren. Womit
ihr sündiget, damit sollt ihr bestraft werden.

llebcrhaupt bedarf der Erlaß noch mancher Er-
gänzung. Er ist ein erster Genieblitz; aber noch kein
vollendetes Werk.

Zur gründlichen sittlichen Läuterung des weib-
lichen Geschlechts ist anzuordnen, daß jene obrigkeit-
liche llntersuchung ans jede unbemannt verstorbene
Weibsperson auszudehnen sei. Je nach Befund wird
dann die Art der Bestattung oder Vernichtung an
geordnet.

Jawohl, die Oeffentlichkcit soll alles wisse»!
Schlimm genug, daß es zu Lebzeiten verheimlicht
werden konnte, Stur durch Abschreckung sind die
Menschen, namentlich die weiblichen, in solcherlei
Dingen zu erziehen.

Es gibt nämlich noch andere sündhafte Heimlich-
keiten. Solche, die ganz in der Einsamkeit oder unter
dem Deckmantel sogcnannlcr Freundschaft geschehen.
Vor dem Herrn Gcrichtsarzt aber bleibt nichts ver-
borgen. Die Leichen dieser Sünderinnen sollten au
einen öffentlichen Galgen gehenkt werden, damit sie
der öffentliche» Mißachtung durch alle wirklich ehr-
bare» Elemente der Bevölkerung ansgeliefert sind.

Man rede kein Wort dagegen! Das hohe Ideal
gänzlicher Uebcrwindung unzeitgemäßer Fleischeslust
verlangt strenge Maßnahmen. Die Lebenden haben
eine hohe erzieherische Aufgabe an den Toten zir
vollziehen. Dies umsomehr, als diese Aufgabe auch
durch inanchcn hochinteressanten Befund verschönt
werden wird. Für welches schwierige, aber verdienst-
volle Amt sich glaubt empfehlen zu diirsen

Jeremias Burcaukratius Schnuppercr.

Doppelsinnig.

Liberaler: Nun — wie denken Sic über der,
Wahlkampf?

Konservativer: O — wir werden uns schon
durchhauen!

Arbeiter: Viel Vergnügen! Stur immer feste!

Neuester Börsenfluch.

„Sammclkandidat sollst- werden und ausgestellt
sollst- werden in Sachsen!"
 
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