Ein Naturwunder.
W. Krain
Rieh. Rost
Tie Neichsverbandshenne hatte mit großem Eifer
gebrütet-
aber am 12. Januar erlebte sie die merkwürdigsten
Überraschungen.
Italienisches Soldatenlied.
2n Afrika zu fingen.
Oie Kugel pfeift, die Flinte knallt,
Oer Degen blitzt in fester Hand,
N)ir gehen auf den Palmenwald-
Leb' wohl, mein Schatz, am Nrnostrand!
Im Bambusrohr es stille schleicht,
Vas kennen wir vom letztenmal,
Weiß niemand, wen es heut erreicht-
Leb' wohl im Florentinertal!
Oer Wüstensand trinkt gerne Blut,
Weich an den Körper schmiegt er sich,
Und wer drin schläft, der schläft sehr gut-
Leb' wohl, mein Schatz, und denk' an mich!
Fritz Sänger.
Schmarre läge.
Jammer herrscht in filchers Hallen:
Manches Manko ward gebucht;
Und nun ilt auch Köln gefallen —
6i verflucht!
Und als Mater dolorola
Lieht die Kirche, lchinerzgequäit.
Köln, das heii'ge, Hai — trotz Pofa —
Rot gewählt!
Durch des Oeukeis Bitru Tücke
wankt im freiheltswirbeilturrn
fluch der altbewährte, dicke
Zentrumsturm.
Nichts glückt mehr aul diefer erden,
wenn man nicht katholisch war',
könnt man jetzt es wirklich werden.
Meiner ehr'!
heil'ger Vater, heii'ger Vater,
Oeine Enzykliken, ach.
Bannen nicht den Riefenkater.
Schmerz, Iah nach!
Wahres Geschichtchen.
In einem sächsischen Orte hatte die national-
liberale Partei ein riesiges Wahlplakat an die An-
schlagsäule hesten lassen. Darunter lugte aber noch
ein Zipfel des vorher an dieser Stelle angellebten
Varietö-Prograinms hervor, lind der verlländnis-
volle Leser las nun folgenden Spruch: „Wählt den
Nationalliberalen, den Freund des Volkes! Täglich
lvechselndes Programm! Urkomisch! Zum Totlachen!
Kinder zahlen die Hälfte."
Theobald am Stichwahltag
in Berlin I.
Als Theobald v. Bethmann Hollweg an der Spitze
einer Schar von Ministern im Wahllokal erschien,
um staatsbnrgerpflichtgemäsi seinen Abgeordnelei,
z» küren, zog sich das Gesicht des Wahlvorstehers
sehr in die Länge. Denn dieser war als guter Preuße,
der im Schatten des königlichen Schlosses wohnt,
für das „kleinere Nebel", nämlich für den Fort-
schritller Kaempf und gegen den Umstürzler Düwell.
lind ein paar Stimmen würden de» Ausschlag geben,
das wußte man. Also flüsterte er dem Protokoll-
führer leise zii: „Nun liegen wir aber ganz drin.
Da kommt ja gleich ein halbes Dutzend Verärger-
ter auf einmal!" Er hatte aus Theobalds Gesichts-
ausdruck auf das Innere geschlossen und glaubte,
dieser würde »ach bekannter Art dem Domestiken-
ärger durch einen roten Zettel Ausdruck geben.
Aber Theobald wählte gar nicht Düwell, sondern
Kaempf. Bei seiner Wellfremdheit und unter der
Nachwirkung der konservativen Agitation war er
allerdings erst unschlüssig gewesen; denn danach sollte
es ja ganz gleich sein, ob man einen Sozialdemo-
kraten wähle oder einen Fortschrittler; das wäre
immer ein Verbrechen gegen das Vaterland und
Felonie wider den allerhöchsten Herrn. In seinen
Gewissensnöten erinnerte sich Theobald jedoch, daß
seine Großmutter in schwierigen Fällen das Orakel
der Bibel gefragt hatte, indem sie das Buch auf
Geratewohl ausschlug und den Spruch, aus den ihr
Auge zuerst fiel, als Wink von oben bekrachlete,
nötigenfalls ihn sich zurechllegte, daß er als Lösung
erschien. Diesem Beispiel folgte Theobald, aber als
nwderner Mensch nahm er statt der Bibel einen
Band Goethe. Und siehe da: sein Auge siel aus
die Verse:
Denn ich bin ein Mensch gewesen.
Und das heißt ein Kaempfer sein.
Darauf ging er hin und wählte Kaempf. Pie.
Vorgespräch.
„Um Gottes willen, Graf, ist es wahr, daß alle
Nackttänze verboten werden? Was wird denn nun
aus dem nächsten — Hofball?!"
Wie Gotthilf Leberecht Angstmeier sich wappnete,
um der drohenden Revolution zu begegnen und sich
schützend vor Thron und Altar zu stellen.
Zum Arbeitszwangsgeseh.
„Nur keine Angst, Graf! Leute, die über sünfzig-
tausend Mark Schulden haben, kann mau nicht mehr
ins Arbeitshaus schicken."
Lahns Ende.
Ach, du armer, armer Hahn,
Nimmer regst du mehr die Flügel,
Denn am Wahltag kriegtest du
Llnbarmherzig derbe Prügel.
Weil du warst ein Wüterich
Lind ein rechter schlimmer Christo,
Liegst du armer Diederich
Nun wie tot auf deinem Miste.
Böse hast du eins gekriegt
Auf den schrecklich großen Schnabel,
Denn das kleinste Kaffernnest
Wird jetzt schon zum Sündenbabel.
Alle Federn ausgerupft
.Haben sie dir armer Gockel,
And von Tränen feuchtet sich
Manch agrarisches Monokel. Kk.
Juristische Sprechstunde.
Schweinehund, Gstelbien. Sie haben Ihren sozialdemo-
kratischen Gegner mit allerhand zoologischen Titulaturen be-
legt und sollen deshalb bestraft werden? Ja, da ist nichts zu
machen, vergessen Sie aber nicht, daß Sie als „Grduungs"-
Kandidat bei der Strafe 50 Prozent Rabatt fordern können.
Gaby Oeslys. Ihr Verehrer Manuel hat Ihnen die The
versprochen und will nun nicht anbeißen? wie konnten Sie
sich auch mit einem Mann von so unsicherem Beruf einlassen?
Starker Tabak, Berlin Nw. Gb Sie sich zur wehre
setzen dürfen, wenn Sie ein Schutzmann „vertobakt"? Ruf
keinen Fall! Seien Sie froh, daß Sie daraufhin nicht zur
Tabaksteuer herangezogen werden.
Gemütsmensch. Ihre — schon aufgegebene — Schwieger-
mutter ist trotz der Hinzuziehung dreier Rrzte wieder gesund
geworden? va hilft nichts, als daß Sie den Staatsanwalt
gegen die Krzte mobil machen: es scheint ein krasser dolus
eventualis hinsichtlich der Beihilfe zur Hinterziehung der Erb-
schaftssteuer vorzuliegen.
Hofetikette, Serbien. Gb Sie Ihren geliebten Herrscher
verprügeln dürfen? Gewiß, vorausgesetzt, daß der Knüppel
mit den Farben des Herrscherhauses angestrichen ist!
Mistgabel, puttkamerun. Sie haben Ihren Gegner mit
diesem landwirtschaftlichen Instrument bearbeitet, so daß es
sich verbogen hat? Natürlich können Sie ihn darauf wegen
Schadenersatz verklagen! Falls Sie sich dabei zu sehr auf-
geregt und Ihrer kostbaren Gesundheit geschadet haben, kön-
nen Sie ihn auch wegen vorsätzlicher Körperverletzung und
Anstiftung zur Gewalttat herankriegen.
Ientrümler. Nein, wegen der Hosen, die Ihnen der Sozi
beim Strammziehen zerrissen hat, können Sie keinen Schaden-
ersatz verlangen.
Putativ-Notwehr. Gb dieser Milderungsgrund bei Ihnen
vorliegt, können wir nicht sagen, bevor wir nicht über Ihren
Lteuerzettel, Ihr Gfsizicrspatent oder Ihre Mitgliedschaft zu
den Bonner Borussen orientiert sind!
Exmittiert, Hessen, wenn Sie und Ihre Freunde exmit-
tiert worden sind, wird die Schuld wohl daran liegen, daß
Sie zu viel Radau gemacht haben und nichts zahlen wollten!
va hat der Wirt vollkommen das Recht dazu.
W. Krain
Rieh. Rost
Tie Neichsverbandshenne hatte mit großem Eifer
gebrütet-
aber am 12. Januar erlebte sie die merkwürdigsten
Überraschungen.
Italienisches Soldatenlied.
2n Afrika zu fingen.
Oie Kugel pfeift, die Flinte knallt,
Oer Degen blitzt in fester Hand,
N)ir gehen auf den Palmenwald-
Leb' wohl, mein Schatz, am Nrnostrand!
Im Bambusrohr es stille schleicht,
Vas kennen wir vom letztenmal,
Weiß niemand, wen es heut erreicht-
Leb' wohl im Florentinertal!
Oer Wüstensand trinkt gerne Blut,
Weich an den Körper schmiegt er sich,
Und wer drin schläft, der schläft sehr gut-
Leb' wohl, mein Schatz, und denk' an mich!
Fritz Sänger.
Schmarre läge.
Jammer herrscht in filchers Hallen:
Manches Manko ward gebucht;
Und nun ilt auch Köln gefallen —
6i verflucht!
Und als Mater dolorola
Lieht die Kirche, lchinerzgequäit.
Köln, das heii'ge, Hai — trotz Pofa —
Rot gewählt!
Durch des Oeukeis Bitru Tücke
wankt im freiheltswirbeilturrn
fluch der altbewährte, dicke
Zentrumsturm.
Nichts glückt mehr aul diefer erden,
wenn man nicht katholisch war',
könnt man jetzt es wirklich werden.
Meiner ehr'!
heil'ger Vater, heii'ger Vater,
Oeine Enzykliken, ach.
Bannen nicht den Riefenkater.
Schmerz, Iah nach!
Wahres Geschichtchen.
In einem sächsischen Orte hatte die national-
liberale Partei ein riesiges Wahlplakat an die An-
schlagsäule hesten lassen. Darunter lugte aber noch
ein Zipfel des vorher an dieser Stelle angellebten
Varietö-Prograinms hervor, lind der verlländnis-
volle Leser las nun folgenden Spruch: „Wählt den
Nationalliberalen, den Freund des Volkes! Täglich
lvechselndes Programm! Urkomisch! Zum Totlachen!
Kinder zahlen die Hälfte."
Theobald am Stichwahltag
in Berlin I.
Als Theobald v. Bethmann Hollweg an der Spitze
einer Schar von Ministern im Wahllokal erschien,
um staatsbnrgerpflichtgemäsi seinen Abgeordnelei,
z» küren, zog sich das Gesicht des Wahlvorstehers
sehr in die Länge. Denn dieser war als guter Preuße,
der im Schatten des königlichen Schlosses wohnt,
für das „kleinere Nebel", nämlich für den Fort-
schritller Kaempf und gegen den Umstürzler Düwell.
lind ein paar Stimmen würden de» Ausschlag geben,
das wußte man. Also flüsterte er dem Protokoll-
führer leise zii: „Nun liegen wir aber ganz drin.
Da kommt ja gleich ein halbes Dutzend Verärger-
ter auf einmal!" Er hatte aus Theobalds Gesichts-
ausdruck auf das Innere geschlossen und glaubte,
dieser würde »ach bekannter Art dem Domestiken-
ärger durch einen roten Zettel Ausdruck geben.
Aber Theobald wählte gar nicht Düwell, sondern
Kaempf. Bei seiner Wellfremdheit und unter der
Nachwirkung der konservativen Agitation war er
allerdings erst unschlüssig gewesen; denn danach sollte
es ja ganz gleich sein, ob man einen Sozialdemo-
kraten wähle oder einen Fortschrittler; das wäre
immer ein Verbrechen gegen das Vaterland und
Felonie wider den allerhöchsten Herrn. In seinen
Gewissensnöten erinnerte sich Theobald jedoch, daß
seine Großmutter in schwierigen Fällen das Orakel
der Bibel gefragt hatte, indem sie das Buch auf
Geratewohl ausschlug und den Spruch, aus den ihr
Auge zuerst fiel, als Wink von oben bekrachlete,
nötigenfalls ihn sich zurechllegte, daß er als Lösung
erschien. Diesem Beispiel folgte Theobald, aber als
nwderner Mensch nahm er statt der Bibel einen
Band Goethe. Und siehe da: sein Auge siel aus
die Verse:
Denn ich bin ein Mensch gewesen.
Und das heißt ein Kaempfer sein.
Darauf ging er hin und wählte Kaempf. Pie.
Vorgespräch.
„Um Gottes willen, Graf, ist es wahr, daß alle
Nackttänze verboten werden? Was wird denn nun
aus dem nächsten — Hofball?!"
Wie Gotthilf Leberecht Angstmeier sich wappnete,
um der drohenden Revolution zu begegnen und sich
schützend vor Thron und Altar zu stellen.
Zum Arbeitszwangsgeseh.
„Nur keine Angst, Graf! Leute, die über sünfzig-
tausend Mark Schulden haben, kann mau nicht mehr
ins Arbeitshaus schicken."
Lahns Ende.
Ach, du armer, armer Hahn,
Nimmer regst du mehr die Flügel,
Denn am Wahltag kriegtest du
Llnbarmherzig derbe Prügel.
Weil du warst ein Wüterich
Lind ein rechter schlimmer Christo,
Liegst du armer Diederich
Nun wie tot auf deinem Miste.
Böse hast du eins gekriegt
Auf den schrecklich großen Schnabel,
Denn das kleinste Kaffernnest
Wird jetzt schon zum Sündenbabel.
Alle Federn ausgerupft
.Haben sie dir armer Gockel,
And von Tränen feuchtet sich
Manch agrarisches Monokel. Kk.
Juristische Sprechstunde.
Schweinehund, Gstelbien. Sie haben Ihren sozialdemo-
kratischen Gegner mit allerhand zoologischen Titulaturen be-
legt und sollen deshalb bestraft werden? Ja, da ist nichts zu
machen, vergessen Sie aber nicht, daß Sie als „Grduungs"-
Kandidat bei der Strafe 50 Prozent Rabatt fordern können.
Gaby Oeslys. Ihr Verehrer Manuel hat Ihnen die The
versprochen und will nun nicht anbeißen? wie konnten Sie
sich auch mit einem Mann von so unsicherem Beruf einlassen?
Starker Tabak, Berlin Nw. Gb Sie sich zur wehre
setzen dürfen, wenn Sie ein Schutzmann „vertobakt"? Ruf
keinen Fall! Seien Sie froh, daß Sie daraufhin nicht zur
Tabaksteuer herangezogen werden.
Gemütsmensch. Ihre — schon aufgegebene — Schwieger-
mutter ist trotz der Hinzuziehung dreier Rrzte wieder gesund
geworden? va hilft nichts, als daß Sie den Staatsanwalt
gegen die Krzte mobil machen: es scheint ein krasser dolus
eventualis hinsichtlich der Beihilfe zur Hinterziehung der Erb-
schaftssteuer vorzuliegen.
Hofetikette, Serbien. Gb Sie Ihren geliebten Herrscher
verprügeln dürfen? Gewiß, vorausgesetzt, daß der Knüppel
mit den Farben des Herrscherhauses angestrichen ist!
Mistgabel, puttkamerun. Sie haben Ihren Gegner mit
diesem landwirtschaftlichen Instrument bearbeitet, so daß es
sich verbogen hat? Natürlich können Sie ihn darauf wegen
Schadenersatz verklagen! Falls Sie sich dabei zu sehr auf-
geregt und Ihrer kostbaren Gesundheit geschadet haben, kön-
nen Sie ihn auch wegen vorsätzlicher Körperverletzung und
Anstiftung zur Gewalttat herankriegen.
Ientrümler. Nein, wegen der Hosen, die Ihnen der Sozi
beim Strammziehen zerrissen hat, können Sie keinen Schaden-
ersatz verlangen.
Putativ-Notwehr. Gb dieser Milderungsgrund bei Ihnen
vorliegt, können wir nicht sagen, bevor wir nicht über Ihren
Lteuerzettel, Ihr Gfsizicrspatent oder Ihre Mitgliedschaft zu
den Bonner Borussen orientiert sind!
Exmittiert, Hessen, wenn Sie und Ihre Freunde exmit-
tiert worden sind, wird die Schuld wohl daran liegen, daß
Sie zu viel Radau gemacht haben und nichts zahlen wollten!
va hat der Wirt vollkommen das Recht dazu.