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Emil Erk
0er Zug bei* Zeit. Schutzmann: Zum Donnerwetter, warum jondeln Se denn nach links?
Kutscher: Et folgt eben allens dem Zuge der Zeit!
o o o
Die rote Residenze.
Tin Erlebnis nach der Reichstagswahl.
Erzählt von eme alte Zrankforter.
Dcrr Willem hat sich net gefreit,
Als nu die Mahl voriwwcr.
Statt rote schwarz unn blaue Leit,
veß war em Willem liwwer.
Unn weil die Residenz Berlin
Unallrot bis uff e Schwänzi,
Veß gar net in Betracht ze ziehn,
stak crr geschnallt sei Ränzi.
Unn sprach ze so err Exzellenz:
„Ich mecht emol verreise,
Unn inecht err anner Residenz
Emol mei Gunst beweise."
veß heißt: er schwätzt ja preißisch nur,
Zrankifortsch is er net worde —
Morauf nach Ueenigsberg err fuhr,
Ver Residenz im Norde.
„kfie is gewiß nix Roter los,"
Segt zu de Exzellenze
Lkr lustig und fährt gleich ins Schloß
Und gibt viel Rudienze.
„Nu mecht de Reichsdagsmann ich aach
Roch sehn emol zum Spaße."
,,„5Ich, Majestät,"" der Marschall sprach,
„„veß is derr rote kfaase.""
va wollt derr Millem nix mehr seh'
von Ueenigsberg. Uää Munner!
„va könnt ich bleiwe an der Spree,
Kdcheh ihr lferrn, zem vunner!"
Nach Potsdam is derr Zug gerollt,
Nach Potsdam, dem getreie,
voch als er grad aussteige wollt,
va hcert derr willeni schreie:
„„Burra, derr Liebknecht is gewähli!
„Mas? veß blutrote Luder?
So schwer hat Potsdam sich verfehlt?
va fahr ich zu meim Bruder."
Lrr fuhr nach Kiel, da stieß aach schon
Zu ihm een lfiobsbote:
„„Rch, Majestät, fahrn Se dervon,
hier ward gewählt derr Rote!""
Nach Rassel fuhr derr Willem druff
per lfofzug, unn per Ruto
vann uff die wilhelmshöh enuff,
varief's aach schon ganz laut - o! -:
,,„3em erschte Mol is Rassel rot,
wie alle Residcnze.
Lattmann werd mit seim Rufgebot
Net mehr im Reichsdag glänze.""
va is der Willem abgefahrn
Nach Homburg vor der lfehe.
voch ach, was mußt err dort erfahrn,
was kriegt err dort ze sehe!
Dort stand derr schon an jedem Eck
Grell in der Middagssonne
— verr Willem war fast ganz eweck —:
„„Derr Rote hat gewönne!""
„Nach Straßborg! Dort haww ich e palz
Ja aach mit hibsche Sache.
Zwar hat merr'sch net gefalle als;
voch was is jetz zu mache?"
In Straßborg odder hieß es jetz:
,,„vie Stadt gehört de Rote!""
„§ort, fort, und schleunigst hin nach Metz,"
lfat Willem da geböte.
„Zwar is da derr Franzos net weit,
voch liwwer mit so Schote
Zesamme, als in unser Zeit
Zesamme mit de Rote."
Rllää in Metz, wo se in Eil
vie Nacht sinn aagekomme,
va hieß es: „„verr rot Doktor weill
lfat ewe Metz genomme!""
Un widder fuhr derr Willem fort;
von Grenze geht's ze Grenze.
Bald is err da, bald is err dort,
Nie in de Residenze!
vran sinn die Rote schuld. Geschmeiß,
Beim veiwwel sollst de schwitze!
Vu zwingst enn Mann von Reis' ze Reis',
verr doch so gern blieb sitze. R.wagner.
A. Fiebiger
FaschingSabschlutz.
Letzte Sportnachrichten.
— Vie Sozialdemokratie hat auf ihrem Grund und Loden
einen Landungsplatz für die über den Parteien schwebende
Reichsregierung eingerichtet und ihn durch eine riesige rote
NO schon von weitem erkennbar gemacht. Außerdem steht zur
Reparatur ihrer lahmen Flügel eine Schar von geschulten
Technikern stets bereit.
— Vas heurige große Fußballspiel mit den staatsbürger-
lichen Rechten der Beamten gewann der preußische Minister
v. Vallwitz infolge seiner kräftigen Fußtritte ganz überlegen
gegen den mehr philosophisch spielenden k)errn Reichskanzler.
— Italienische Leichtathletik: Ver Rrmeegepäckmarsch
„Rund um Tripolis!" soll wegen des großen Beifalls, den
er bei den Türken findet, zu einem Sechshunderttagerennen
ausgestaltet werden. — Italienische Schwerathletik: Ver
Finanzminister wird fleißig trainiert und hofft, in einigen
Monaten den ganzen Staatsschatz einarmig hochstemmen zu
können. __
Das Neueste vom Skat.
Beihmann Hollweg wird zum älteste» Wenzel der
Neichspoliük ernannt. Es wird streng verboten, ihn
hinten zu kneifen, um mit ihm mogeln zu können.
Der Schnapsblock läßt die Hoffnung auf den
nationalliberalen „dritten Mann" noch nicht fahren
und spielt inzwischen Schafskops zu Zweien!
Das Zentrum hat die stille, aber heilige Absicht, so
krampshaft wie uröglich zu „mauern"; denn das Riescn-
loch Köln in seinem Turm schreit »ach Backsteinen.
Der wilde Kiebitz Graf Posadowskh wird die Ent-
scheidung jedesmal dadurch Herbeifiihren, daß er sich
mit seiner ganzen Persönlichkeit in den Skat legt!
Die Drohnen.
Konservative Abgeordnete und Zeitungen fordern neue
Ausnahmegesetze.
Sie säen nicht, sie ernten nicht
Zn ihrer blaublütigen Sippe —
And Mutter Germania ernährt sie doch
An ihrer Futterkrippe.
Das schimmlige Raubritkertuin
Steckt ihnen noch immer im Blute,
And ihrer Weisheit letzter Schluß
Ist jederzeit die Knute.
Das Volk ist ihnen immer noch
Das Reittier, das sie Hetzen,
In dessen Flanken sie vergnügt
Die rostigen Spore» setzen.
Siebrockten noch immer die Suppe ein
And geben sie andren — zu essen.
Sie haben nichts hinzugelernt
And haben doch alles vergessen.
Sonst wüßten sie, was jedes Kind
Längst weiß auf deutscher Erden:
Man räuchert die lästigen Drohnen
aus.
Wenn sie zu üppig werden! P.E.
Emil Erk
0er Zug bei* Zeit. Schutzmann: Zum Donnerwetter, warum jondeln Se denn nach links?
Kutscher: Et folgt eben allens dem Zuge der Zeit!
o o o
Die rote Residenze.
Tin Erlebnis nach der Reichstagswahl.
Erzählt von eme alte Zrankforter.
Dcrr Willem hat sich net gefreit,
Als nu die Mahl voriwwcr.
Statt rote schwarz unn blaue Leit,
veß war em Willem liwwer.
Unn weil die Residenz Berlin
Unallrot bis uff e Schwänzi,
Veß gar net in Betracht ze ziehn,
stak crr geschnallt sei Ränzi.
Unn sprach ze so err Exzellenz:
„Ich mecht emol verreise,
Unn inecht err anner Residenz
Emol mei Gunst beweise."
veß heißt: er schwätzt ja preißisch nur,
Zrankifortsch is er net worde —
Morauf nach Ueenigsberg err fuhr,
Ver Residenz im Norde.
„kfie is gewiß nix Roter los,"
Segt zu de Exzellenze
Lkr lustig und fährt gleich ins Schloß
Und gibt viel Rudienze.
„Nu mecht de Reichsdagsmann ich aach
Roch sehn emol zum Spaße."
,,„5Ich, Majestät,"" der Marschall sprach,
„„veß is derr rote kfaase.""
va wollt derr Millem nix mehr seh'
von Ueenigsberg. Uää Munner!
„va könnt ich bleiwe an der Spree,
Kdcheh ihr lferrn, zem vunner!"
Nach Potsdam is derr Zug gerollt,
Nach Potsdam, dem getreie,
voch als er grad aussteige wollt,
va hcert derr willeni schreie:
„„Burra, derr Liebknecht is gewähli!
„Mas? veß blutrote Luder?
So schwer hat Potsdam sich verfehlt?
va fahr ich zu meim Bruder."
Lrr fuhr nach Kiel, da stieß aach schon
Zu ihm een lfiobsbote:
„„Rch, Majestät, fahrn Se dervon,
hier ward gewählt derr Rote!""
Nach Rassel fuhr derr Willem druff
per lfofzug, unn per Ruto
vann uff die wilhelmshöh enuff,
varief's aach schon ganz laut - o! -:
,,„3em erschte Mol is Rassel rot,
wie alle Residcnze.
Lattmann werd mit seim Rufgebot
Net mehr im Reichsdag glänze.""
va is der Willem abgefahrn
Nach Homburg vor der lfehe.
voch ach, was mußt err dort erfahrn,
was kriegt err dort ze sehe!
Dort stand derr schon an jedem Eck
Grell in der Middagssonne
— verr Willem war fast ganz eweck —:
„„Derr Rote hat gewönne!""
„Nach Straßborg! Dort haww ich e palz
Ja aach mit hibsche Sache.
Zwar hat merr'sch net gefalle als;
voch was is jetz zu mache?"
In Straßborg odder hieß es jetz:
,,„vie Stadt gehört de Rote!""
„§ort, fort, und schleunigst hin nach Metz,"
lfat Willem da geböte.
„Zwar is da derr Franzos net weit,
voch liwwer mit so Schote
Zesamme, als in unser Zeit
Zesamme mit de Rote."
Rllää in Metz, wo se in Eil
vie Nacht sinn aagekomme,
va hieß es: „„verr rot Doktor weill
lfat ewe Metz genomme!""
Un widder fuhr derr Willem fort;
von Grenze geht's ze Grenze.
Bald is err da, bald is err dort,
Nie in de Residenze!
vran sinn die Rote schuld. Geschmeiß,
Beim veiwwel sollst de schwitze!
Vu zwingst enn Mann von Reis' ze Reis',
verr doch so gern blieb sitze. R.wagner.
A. Fiebiger
FaschingSabschlutz.
Letzte Sportnachrichten.
— Vie Sozialdemokratie hat auf ihrem Grund und Loden
einen Landungsplatz für die über den Parteien schwebende
Reichsregierung eingerichtet und ihn durch eine riesige rote
NO schon von weitem erkennbar gemacht. Außerdem steht zur
Reparatur ihrer lahmen Flügel eine Schar von geschulten
Technikern stets bereit.
— Vas heurige große Fußballspiel mit den staatsbürger-
lichen Rechten der Beamten gewann der preußische Minister
v. Vallwitz infolge seiner kräftigen Fußtritte ganz überlegen
gegen den mehr philosophisch spielenden k)errn Reichskanzler.
— Italienische Leichtathletik: Ver Rrmeegepäckmarsch
„Rund um Tripolis!" soll wegen des großen Beifalls, den
er bei den Türken findet, zu einem Sechshunderttagerennen
ausgestaltet werden. — Italienische Schwerathletik: Ver
Finanzminister wird fleißig trainiert und hofft, in einigen
Monaten den ganzen Staatsschatz einarmig hochstemmen zu
können. __
Das Neueste vom Skat.
Beihmann Hollweg wird zum älteste» Wenzel der
Neichspoliük ernannt. Es wird streng verboten, ihn
hinten zu kneifen, um mit ihm mogeln zu können.
Der Schnapsblock läßt die Hoffnung auf den
nationalliberalen „dritten Mann" noch nicht fahren
und spielt inzwischen Schafskops zu Zweien!
Das Zentrum hat die stille, aber heilige Absicht, so
krampshaft wie uröglich zu „mauern"; denn das Riescn-
loch Köln in seinem Turm schreit »ach Backsteinen.
Der wilde Kiebitz Graf Posadowskh wird die Ent-
scheidung jedesmal dadurch Herbeifiihren, daß er sich
mit seiner ganzen Persönlichkeit in den Skat legt!
Die Drohnen.
Konservative Abgeordnete und Zeitungen fordern neue
Ausnahmegesetze.
Sie säen nicht, sie ernten nicht
Zn ihrer blaublütigen Sippe —
And Mutter Germania ernährt sie doch
An ihrer Futterkrippe.
Das schimmlige Raubritkertuin
Steckt ihnen noch immer im Blute,
And ihrer Weisheit letzter Schluß
Ist jederzeit die Knute.
Das Volk ist ihnen immer noch
Das Reittier, das sie Hetzen,
In dessen Flanken sie vergnügt
Die rostigen Spore» setzen.
Siebrockten noch immer die Suppe ein
And geben sie andren — zu essen.
Sie haben nichts hinzugelernt
And haben doch alles vergessen.
Sonst wüßten sie, was jedes Kind
Längst weiß auf deutscher Erden:
Man räuchert die lästigen Drohnen
aus.
Wenn sie zu üppig werden! P.E.