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Emil Erk.
v. Below-Pleitenburg
an v. Arnim-Schnodderheim.
Mein Allerwertester! Scheußliches Malheur
gehabt. Ärgere mich neulich über polnisches
Arbeiterweib, lasse Canaille kleine väterliche
Züchtigung angedeihen — wissen schon! —, muß
wohl Fußtritt etwas zu impulsiv ausgefallen
sein, dummes Luder läßt sich aufhetzen, simu-
liert Bauchfellentzündung und krepiert nach
acht Tagen. Amtsrichter kommt auf Hof, unter-
sucht Chose, gibt sich alle Mühe, taktvollen Aus-
weg zu finden. Verdammte Pflicht und Schuldig-
keit: Kerl wird alljährlich zu Treibjagd auf
Pleitenburg eingeladen, weiß, was mir zu
danken hat. Auch Kreisarzt, der Leute auf
Gut behandelt — an Familie lasse Massen-
mörder nicht 'ran — hat Disziplin im Leibe
und konstatiert Gehirnschlag als Todesursache.
Hilst aber alles nichts, muß wegen Lappalie
vor Schöffengericht. Können sich vorstellen!
Lumpenpack verurteilt einen v. Below-Pleiten-
burg wegen Körperverletzung zu fünf Mark
Geldstrafe! Habe Summe durch Rendanten an-
weisen lassen, aber sofort Order gegeben, daß
in elendem Krämernest nichts mehr für Guts-
hof gekauft wird. Hoffe, daß auch Sie sich
Boykott — oder wie nennt man? — anschließen
werden. Gottverfluchte Zustände! Edelmann
von schoflen städtischen Hundeseelen um fünf
Mark gekränkt, weil koddrigem polnischem Pro-
letemveib Rest gegeben hat! Schickte sofort ge-
harnischten Protestartikel an „Kreuzzeitung"
und „Deutsche Tageszeitung", wiesen aber ab,
weil meinten, daß über bedauerliche Chose
besser nicht gesprochen ivird. Frage: leben wir
noch in preußischer Monarchie oder bereits in
rotem Zukunftstaat? Habe — was sonst nicht
leicht tue — über Fall energisch nachgedacht
und bin zu Entscheidung gekommen: Wieder-
einführung alter patriarchalischer Gerichtsbar-
keit für Land unumgänglich! Städtisches Ge-
sindel, das in Schöffen- und Geschworenenge-
richten sitzt, keine blasse Ahnung von ländliche»
Verhältnissen. Preußischer Edelmann kann heute
nicht mal mehr altes geheiligtes Züchtigungs-
recht ausüben, ohne Bestrafung zu fürchten.
Geht so nicht weiter. Prügelstrafe muß wieder
gesetzlich in Hände von Gutsherren gelegt wer-
den und, wenn nötig, auch Todesstrafe. Hoffe,
daß nächster deutscher Juristentag erlösendes
Wort spricht. Hat sich dieses Jahr zu Zu-
friedenheit aller besseren Kreise aufgeführt. Bin
sonst kein Freund von studierter Bagage, habe
mich aber doch gefreut über warmes Eintreten
für Erhaltung von Todesstrafe. Vor fünfzig
Jahren wurde Antrag abgelehnt, weil Bande
noch zu humanitätsduselig. Jetzt strammere
Haltung. Wenn so fortfahren, erwarte, daß über
weitere fünfzig Jahre Folter und heilige Feme
und über hundert Jahre Fauftrecht von dent-
schem Juristentag befürwortet wird. Brauchten
dann gottlob überhaupt keine Gerichte mehr,
Staat würde Heidengeld sparen und Landedel-
leute mit Knüppel in Faust Recht und Ord-
nung schaffe». Schöne Träume, mein Aller-
wertester! Vielleicht erleben Enkel es noch.
Kaisermanöver leider unbefriedigend ausge-
fallen. Vaterland hätte im Ernstfall fatale
Prügel besehen. Einziger Trost, daß Parade»
tadellos gewesen und Betrieb in kaiserlichem
Hauptquartier brillant funktioniert. Manöver-
zelt Sr. Majestät, Kücheneinrichtung, Apparat
zur Herstellung von destilliertem Trinkivasser,
alles tiptop. Habe inich gefreut, daß gute Presse
Lesern lehrreiche Abbildungen von allerhöchster
Feldzngausstattung gegeben, Rotes Nörgler-
pack soll da nial Nase hineinstecken und wird
dann hoffentlich sich schämen, noch weiter von
Kriegsgreueln zu faseln!
Inzwischen Gott befohlen! Ihr Below.
Emil Erk.
v. Below-Pleitenburg
an v. Arnim-Schnodderheim.
Mein Allerwertester! Scheußliches Malheur
gehabt. Ärgere mich neulich über polnisches
Arbeiterweib, lasse Canaille kleine väterliche
Züchtigung angedeihen — wissen schon! —, muß
wohl Fußtritt etwas zu impulsiv ausgefallen
sein, dummes Luder läßt sich aufhetzen, simu-
liert Bauchfellentzündung und krepiert nach
acht Tagen. Amtsrichter kommt auf Hof, unter-
sucht Chose, gibt sich alle Mühe, taktvollen Aus-
weg zu finden. Verdammte Pflicht und Schuldig-
keit: Kerl wird alljährlich zu Treibjagd auf
Pleitenburg eingeladen, weiß, was mir zu
danken hat. Auch Kreisarzt, der Leute auf
Gut behandelt — an Familie lasse Massen-
mörder nicht 'ran — hat Disziplin im Leibe
und konstatiert Gehirnschlag als Todesursache.
Hilst aber alles nichts, muß wegen Lappalie
vor Schöffengericht. Können sich vorstellen!
Lumpenpack verurteilt einen v. Below-Pleiten-
burg wegen Körperverletzung zu fünf Mark
Geldstrafe! Habe Summe durch Rendanten an-
weisen lassen, aber sofort Order gegeben, daß
in elendem Krämernest nichts mehr für Guts-
hof gekauft wird. Hoffe, daß auch Sie sich
Boykott — oder wie nennt man? — anschließen
werden. Gottverfluchte Zustände! Edelmann
von schoflen städtischen Hundeseelen um fünf
Mark gekränkt, weil koddrigem polnischem Pro-
letemveib Rest gegeben hat! Schickte sofort ge-
harnischten Protestartikel an „Kreuzzeitung"
und „Deutsche Tageszeitung", wiesen aber ab,
weil meinten, daß über bedauerliche Chose
besser nicht gesprochen ivird. Frage: leben wir
noch in preußischer Monarchie oder bereits in
rotem Zukunftstaat? Habe — was sonst nicht
leicht tue — über Fall energisch nachgedacht
und bin zu Entscheidung gekommen: Wieder-
einführung alter patriarchalischer Gerichtsbar-
keit für Land unumgänglich! Städtisches Ge-
sindel, das in Schöffen- und Geschworenenge-
richten sitzt, keine blasse Ahnung von ländliche»
Verhältnissen. Preußischer Edelmann kann heute
nicht mal mehr altes geheiligtes Züchtigungs-
recht ausüben, ohne Bestrafung zu fürchten.
Geht so nicht weiter. Prügelstrafe muß wieder
gesetzlich in Hände von Gutsherren gelegt wer-
den und, wenn nötig, auch Todesstrafe. Hoffe,
daß nächster deutscher Juristentag erlösendes
Wort spricht. Hat sich dieses Jahr zu Zu-
friedenheit aller besseren Kreise aufgeführt. Bin
sonst kein Freund von studierter Bagage, habe
mich aber doch gefreut über warmes Eintreten
für Erhaltung von Todesstrafe. Vor fünfzig
Jahren wurde Antrag abgelehnt, weil Bande
noch zu humanitätsduselig. Jetzt strammere
Haltung. Wenn so fortfahren, erwarte, daß über
weitere fünfzig Jahre Folter und heilige Feme
und über hundert Jahre Fauftrecht von dent-
schem Juristentag befürwortet wird. Brauchten
dann gottlob überhaupt keine Gerichte mehr,
Staat würde Heidengeld sparen und Landedel-
leute mit Knüppel in Faust Recht und Ord-
nung schaffe». Schöne Träume, mein Aller-
wertester! Vielleicht erleben Enkel es noch.
Kaisermanöver leider unbefriedigend ausge-
fallen. Vaterland hätte im Ernstfall fatale
Prügel besehen. Einziger Trost, daß Parade»
tadellos gewesen und Betrieb in kaiserlichem
Hauptquartier brillant funktioniert. Manöver-
zelt Sr. Majestät, Kücheneinrichtung, Apparat
zur Herstellung von destilliertem Trinkivasser,
alles tiptop. Habe inich gefreut, daß gute Presse
Lesern lehrreiche Abbildungen von allerhöchster
Feldzngausstattung gegeben, Rotes Nörgler-
pack soll da nial Nase hineinstecken und wird
dann hoffentlich sich schämen, noch weiter von
Kriegsgreueln zu faseln!
Inzwischen Gott befohlen! Ihr Below.