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Der wahre Jakob: illustrierte Zeitschrift für Satire, Humor und Unterhaltung — 30.1913

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https://doi.org/10.11588/diglit.7671#0028
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7784

Das Festmahl der Industrieherreil.

Abg. Beniner: Meine Herren, Deutschland verdankt seine Größe dem Prinzip:
Biel Arbeit und wenig Verdienst! Das muß wieder mehr zur Geltung kommen ...
Die Zuhörer: Oho! Unerhört! Das fehlte uns gerade noch!

Abg. Beumcr: . . . bei den Arbeitern natürlich, meine Herren, die immer
kürzere Arbeitszeit und immer höhere Löhne verlangen!

Die Zuhörer: Ach so! Sehr richtig! Bravo! Prosit! Prosit!

Kreth.

Wat haste denn bloß, Fritze?
Wat is mit dir jeschehu?

So miesepetrig Hab ick
Noch niemals dir jesehn!

Mat soll die düstre Träne,

Die dir in’t Ooge steht?
Beschmuddelt hak dir, sagste.
Der jrobe Fusel-Kreth?

Mit dem ihm eignen Mute
Aus sicherem Versteck
Des preiß'schen Iunkerhauscs
Schmiß er nach dir mit Dreck?
Ick bitte dir, mein Junge,
Mach dir nich lächerlich:

Denn bis zu deine Löhe
Reicht seine Schleuder nich.

Er schimpft uff die Berliner,
Weil man in diese Stadt
Vor ihm un seinesgleichen
Iar keene Ehrfurcht hat.

Weil man bei uns die Junker,
Die er de Stiebeln schmiert.
Man bloß sor Nasenpopel
An Stiesel ästimiert.

Drum jönn ihm det Verjniejen
An kiimmre dir nich drum,
Wat sonne Nummer quasselt,
Det is sor dir zu — klug.

Mit seine klob'je Zunge,

Iibt er sich rechte Müh,

Kann er vitteicht dir sonstwas.
Jedoch beleid'gen nie!

-0 o o —-

An stand ooch deine Wieje
Nich uff ostpreiß'schem Mist,

An wenn du ooch kecn Bauer
An Linterwäldler bist —

So trockne deine Ncese
An treeste dir, mein Kind:

Wir können doch nich alle

Aus Stallupönen sind! Lehmann.

v. Below-Pleitenburg

an v. Arnim'-Schnodderheim.

Mein Allerwertester! Soeben unruhigeZeiten
durchgeinacht. Sah hier im Osten verdammt
kriegerisch aus, Dragonerleu nants in Stadt
schliffen schon Säbel und freuten sich kindisch
auf Mobilmachung. Hatte auch als guter Fa-
milienvater auf alle Fälle gewissenhafte Vor-
kehrungen getroffen. Verantwortung, die auf
christlichem Hausherrn gegenüber Habe, Vieh
und Gesinde ruht, keine Kleinigkeit. Ausstehende
Gelder eingezogen und sämtliche verfügbaren
Kapitalien freigemacht und in Gottes Namen
auf Londoner Bank geschickt. Dentsches Vater-
land ja an sich sehr achtenswert, aber Deubel
kann wissen, wie Feldzug ausläuft, und sicher
ist sicher. Sprechen übrigens, bitte, nicht dar-
über.

Weinkeller zugemauert und festgestellt, wie
viele von meinen Kerls militärpflichtig. Leider
fast alle, so daß an Fortsetzung von landwirt-
schaftlichem Betrieb nicht zu denken ist. Auf
Nachbargütern übrigens dieselben Verhältnisse.
Einziger Trost: Steigerung von Getreide- und
Viehpreisen bei ausbrechendem Kriege bis zu

grandioser Höhe bestinunt zu erwarten, Brot-
getreide überhaupt nicht mehr zu bezahlen und
jeder Kuhschwanz mit Gold anfgewoge». Also
Beschluß: Bilde zumachen! Auf Pleitenburg
sitzen zu bleiben, keine Veranlassung; im Gegen-
teil ungemülliche Situation, wenn Russen Be-
such abstatten sollten. Fürchte mich persönlich
selbstredend nicht im geringsteil, aber iiuiner-
st in für Frau und Töchter heikle Chose — ver-
stehen schon. Kosaken sollen wenig wählerisch
sein und, wenn nötigen Fusel im Leibe, selbst
älteste Jahrgänge von holder Weiblichkeit nicht
verachten.

Bestellte daher für die ganze Familie
gut gelegene Zimmer in Palasthotel in Monte
Carlo, das ja neutral ist und in jetziger Jahres-
zeit besonders angeuehi». Pleitenburg in Ob-
hut von Jnspektorfamilie gelassen, die strenge
Weisung bekam, Unter allen Umständen heilige
Pflicht zu tun, auf Posten auszuharren und
für gnädige Herrschaft, wenn nötig, Gut und
Leben einzusetzcu. Justweiber und Scharwerks-
mädchen müssen zur Besorgung von Vieh und
Federvieh natürlich ebenfalls auf Gut bleiben,
mögen sich mit Herren Kosaken nach Kräften
amüsieren. Konnte mich ruhig auf alle ver-
lassen, denn Galt sei Dank herrscht noch patri-
archalischer Geist bei uns im Osten!

Inzwischen flutete politische Gewitterstim-
mung ab und merkte allmählich, daß ganzer
Kriegsrummel wohl nur Börsenmanöver ge-
ivesen. Aber da Wohnung in Monte nun mal
bestellt, werde nächste Woche hingehen, das
heißt natürlich solo, was wesentlich amüsanter
— verstehen schon!

Inzwischen Gott befohlen! Ihr Below.
 
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