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Der wahre Jakob: illustrierte Zeitschrift für Satire, Humor und Unterhaltung — 30.1913

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https://doi.org/10.11588/diglit.7671#0040
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7796

Protektion.

Rieh. Rost

„O Geliebte, ei» katholischer Christ genießt gar viele Vorteile, wenn er
Iren zinil Zentrum hält. Wenn er aber ganz gewiß in den Himmel konnnen
will, muß er auch noch die neue Bayrische Staatszeituug abonnieren!"

ÄU5Mörenüe Organe.

Emil Erk

„Wat gucken Se mir denn immer uff de Pfote»? Bei die,loyale Hand-
habung des Vereinsjesetzes' sind se so jroß jcwordcn!"

Lin ^ürst gesucht?

Freude herrscht in den Palästen,

Und es üben Rönigsgesten
Jene armen Fürstenknaben,

Die noch deine Stellung haben.

5I»f dem KrbeitsmarKt der Throne
Scheint die Konjunktur nicht ahne:

Sn Albanien, will es scheinen,

Sucht man nämlich wirklich einen.

Tine funkelnagelneue
Nlajestät, halb Gott, halb Leue
ITtit erhabenen Gebärden
Soll hier angestammt nun werden.

Uch, wie schreiben sie nun fleißig!

Schon sind es an Stücker dreißig,

Die in freundlichen Dfferten
Sich dazu bereit erklärten.

Dieses auch — wer kann's bestreiten? —
Ist ein Zeichen unsrer Zeiten:

Wenn sich zahlreich hohe Pelden
U)ie die Bürgermeister melden.

Meistens freilich — wie abscheulich! —

Ist die Sache gegenteilig;

Denn cs sind im großen ganzen
Etwas selten die Vakanzen.

Mancher geht, der ganz konträre
Lieber noch geblieben wäre.

Sintemal mehr Throne krachen,

fi!s sie heuer neue machen. pan.

Polizeivorschriften für Verbrecher.

Nachdem es dem Berliner Polizeipräsidenten Trau-
golt v. Iagow gelungen ist, den Auto- und Fuß-
gängerverkehr nnf den Straßen der deutschen Reichs-
Hauptstadt, das Vcrcinswcscu der Feuerwehrleute
sowie das Ausklopfen der Betten, das Maulkorb-
tragetl der Hunde und die Hutfrage der Dainen in
und außerhalb des ‘ Theaters zu allgemeiner Bc-

->0 o o-

sricdigung und Fröhlichkeit amtlich zu regelt,, hat
er seine Aufmerksamkeit nunmehr einem Gebiet zu-
gewendet, das der Tätigkeit der Berliner Polizei
bisher relativ fern gelegen hat: nämlich der Ver-
brecherwelt.

Wie wir aus zuverlässiger Quelle erfahren, wer-
den gegenwärtig auf dem Berliner Polizeipräsidium
umfangreiche Satzungen ansgearbeitet, die dazu
dienen solleti, das bisher jeder Ordnung und Diszi-
plin entbehrende Treiben der Raubmörder, Ein-
brecher, Taschendiebe, Leichenfledderer, Klingelfahrer
und Riugnepper in feste, obrigkeitlich geregelte
Bahnen zu lenken. Wir freuen uns, daß wir in der
Lage sind, wenigstens ein paar grundlegende Para-
graphen des neuen Rcglementeutivnrfes bereits heute
unseren Lesern mitteileu zu können.

A. Von den zeitlichen Beschränk»,igc»
der verbrecherischen Tätigkeit.

ß i. Die Mitglieder der Berliner Verbrecherwelt
werden hiermit angewiesen, ihre berufliche Tätig-
keit möglichst ans die Nachtstunden zu beschränken,
da die Polizei während des Tages mit der Ab-
sperrung von Straßen und Plätzen für Paraden,
Einzüge, Rekrutcnvereidigungcn usiv. sowie mit der
Ueberwachung von Streikposten und Wahlrechts-
demonstrationszügeu so viel zu tun hat, daß sic den
Verbrechern nicht diejenige Aufmerksamkeit widmen
kann, welche diese als vollberechtigte Bürger be-
anspruchen dürfen.

§ 2. Die Herren Verbrecher werden ersticht, au
Sedanseiern, Kaisersgeburtstagen, Prinzenhochzcitcu
und -taufen sowie an anderen hohen patriotischen
Festtagen ihre Tätigkeit gänzlich ruhe» zu lassen,
um die Sicherheitsbcamten in der Ausübung ihrer
Festfreude nicht zu beeinträchtigen. Eine Ausnahme
kann auf Antrag nur mit den dem Taschendicb-
stahl obliegenden Spezialisten gemacht werden, welche
erfahrungsgemäß gerade an diesen Tagen innerhalb
der die Straßen durchflutenden, frcildig erregten
Menge ihre einträgltchste Beschäftigung zu finden
pflegen.

ir. Von de» örtlichen Beschränkungen.

§ 3. Es empfiehlt sich, Einbrüche oder Raubinorde
nicht unmittelbar in beziehungsweise vor den polizei-
lichen Ainlsbureaus auszuführen, weil dadurch die
schlechtgesinnte Presse leicht zu bösartigen Kritiken

und die sogenannten Witzblätter zu beleidigende»
Scherzen über die Tätigkeit unserer ohnehin schwer
belasteten Sicherhcitsorganevcranlaßtwerde» könnten.

C. Vom persönlichen Verkehr zwischen Polizei
und Verbreche:».

§ 4. Sollten sich bei einem zufälligen Zusammen-
trcffen zwischctl ausübenden Verbrechen! und Polizei-
organen ernstere Meiinnigsdiffcrciizen ergeben, die
den beiderseitigen Gebrauch von Waffen unvermeid-
lich erscheinen lassen, so treten alsbald die für den
ritterlichen Zweikampf im allgemeine» geltenden Sat-
zungen in Kraft. Es wird zunächst ein „Unparteiischer"
gewählt, der die Art der Waffen zu bestimmen hat.
Beim Kampfe mit der blanken Waffe bedient der
Schutzmann sich seines Dicnstsäbels, der Gegner des
Brecheisens. Wird der Austrag mit der Schußwaffe
bevorzugt, so nehmen die Herren Paukanten zehn
Schritte Distanz voneinander und dein Beamten steht
der erste Schuß zu. Der Zweikampf hat stets bis
zur Kampfunsähigkeit eines der beiden Duellanten
zu dauern. Eine Versöhnung braucht zum Schluß
nicht stattzufindctl.

o. Vom Handwerkszeug.

^ § 5. Dietriche, Blendlaternen, Schlagringe und
Revolver dürfen von den Verbrechern hinfort nur
in bestimmt vorgeschriebcncn, polizeilich genehmigten
Formen, Mustern und Systetnen benutzt werden. Die
betreffenden Modelle liegen im Lichthof des Präsidial-
gebäudes zur Kenntnisnahme aller Interessenten aus.
Auch sind daselbst die Adressen derjenigen Waren-
häuser und Verkaufsstellen zu erfahren, die mit dem
Vertrieb des vorschriftsmäßigen Handwerkszeugs be-
traut worden sind.

kl. Von den Verhaftungen.

Z 6. lim die nach Bekanntwerden eines größeren
Kriminalfalles leider häufig vorkonimenden Berhas-
tnngcn von gänzlich Unbeteiligten tunlichst zu ver-
hüten, werden die Mitglieder der reichshanptstädtischcn
Verbrecherivelt ersucht, bevor sie an die Ausführung
eines Verbrechens gehen, auf deni zuständigen Polizei-
burean eine Legitimationskarte zu lösen. Die Schutz-
leute und Kriminalkommissare haben die strenge Wei-
sung erhalten, in Zukunft nur solche Personen zu
verhaften, die sich im Besitz einer derartigen Er
kennungskarte befinden. Justinian.
 
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